Bald in der Bundesregierung?

Katharina Thalbach warnt: Der Berliner Kultursenator ist unfähig!

„Amateur im Blindflug“ oder kommender Kulturstaatsminister? Joe Chialo (CDU) steht vor dem Karrieresprung. Doch dann „wird Deutschland provinziell“, sagt die Ost-Berliner Schauspielerin.

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Katharina Thalbach wettert über den Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU): „Mich ärgert diese enorme Unfähigkeit.“
Katharina Thalbach wettert über den Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU): „Mich ärgert diese enorme Unfähigkeit.“Rolf Vennenbernd/dpa

Er wird wieder mal heiß gehandelt – als kommender Kulturstaatsminister in einer CDU-geführten Bundesregierung: der Berliner Kultursenator Joe Chialo. Schon in vor der letzten Bundestagswahl galt er im Schattenkabinett des CDU-Kandidaten Armin Laschet als Mann für die Kultur gesetzt, auch Friedrich Merz denkt über eine Berufung nach. Doch Schauspiellegende Katharina Thalbach warnt jetzt vor Chialo als Kulturstaatsminister: „Dann wird alles noch schlimmer. Und nicht nur Berlin. Dann wird Deutschland provinziell!

In Berlin hat sich Joe Chialo als Kultursenator kaum Freunde in der Kulturszene gemacht. Weil er sich nicht ausreichend gegen den Sparhammer des Senats wehrte, als die Etats von Theatern und anderen Kultureinrichtungen um viele Millionen zusammengestrichen wurden.

Schlagzeile über Joe Chialo: „Amateur im Blindflug“

Im letzten Jahr bekam Chialo, der als Karrierepolitiker gesehen wird, aus den Feuilleton-Redaktionen nur noch vernichtende Schlagzeilen: „Amateur im Blindflug“ (FAZ), „Ganz cool nach oben stolpern“ (Süddeutsche), „Strauchelt Merz’ Mann für die Kultur?“ (Der Freitag) oder „Zu spät aufgewacht: Nach dem Sparschock steht Joe Chialo massiv unter Druck“ (Berliner Zeitung).

Auch für Katharina Thalbach ist Joe Chialo nicht als Kulturstaatssekretär tragbar. Ihre Ablehnung begründet die 70-Jährige mit den Kürzungen im Berliner Kulturetat: „Der BER hat eine Zeit lang jeden Tag eine Million gekostet. Jeden Tag. Das haben wir Steuerzahler bezahlt. Jetzt haben wir offensichtlich ein riesiges Haushaltsloch – und kürzen ausgerechnet den Kulturetat, den kleinsten Posten im ganzen Haushalt“, so die Schauspielerin im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung.

„Mich ärgert diese enorme Unfähigkeit. Wir haben einen Kultursenator, der sagt: Das ist leider über meinen Kopf hinweg entschieden worden. Und er hat nicht mal protestiert“, erklärt die Thalbach im Interview. „Stattdessen sagt er: Zieht euch warm an – wir müssen jetzt mal Kunst nach kapitalistischen Maßstäben machen. Bettelt doch irgendwelche Hotels als Sponsoren an, aber nicht mehr den Staat.“ Das erinnert an die TV-Serie „Der Palast“, die gerade im ZDF lief. Das sah man, wie nach der Wende der Friedrichstadt-Palast beinahe in den Abgrund gewirtschaftet wurde, weil der damalige Kultursenator die falschen Entscheidungen traf.

Am 8. Dezember: Kultursenator Joe Chialo spricht mit Künstlern, die vor der Schaubühne gegen den Kürzungen im Kultur-Etat auf die Straße gingen.
Am 8. Dezember: Kultursenator Joe Chialo spricht mit Künstlern, die vor der Schaubühne gegen den Kürzungen im Kultur-Etat auf die Straße gingen.Emmanuele Contini

Welche politische Antwort sie sich auf den Kostendruck wünsche, formuliert Katharina Thalbach in der Neuen Osnabrücker Zeitung so: „Richard von Weizsäckers. Der hat schon vor über dreißig Jahren gesagt: Im Zusammenhang mit Kultur kann man nicht von Subventionen sprechen. Weil das eine Selbstverständlichkeit für unsere Gesellschaft ist, dass Kultur finanziert wird.“

Dass die Schauspielerin und Regisseurin selbst gerade mit großem Erfolg den „Mord im Orient-Express“ an einem Privattheater (Komödie am Kurfüstendamm) spielt, ist für Thalbach kein Gegenargument: „Es müssen auch Dinge gefördert werden, zu denen nicht die Massen strömen. Wir brauchen auch den unbekannten Autor, der, was weiß ich, einen schrägen Monolog über Ameisen schreibt.“ ■