„Wie dumm sind die Menschen?“, fragt Peter Keiler, der hier mit seinem Labrador Ella Gassi geht. Er steht fassungslos am Nordhang des Drachenfliegerberges im Grunewald und schüttelt den Kopf: „Das ist doch pure Idiotie!“ Er schaut auf den totalen Kahlschlag. Alle Bäume vor ihm sind gefällt, in kleine Teile zersägt, transportfähig aufgereiht. Nicht das Werk von Förster oder Waldarbeitern. Nein, hier hat ein irrer Holzdieb zugeschlagen oder (besser gesagt) die Kettensäge angesetzt. Jetzt sucht die Polizei den Mann, der für das Baum-Massaker verantwortlich ist.
Der Nordhang des Drachenfliegerberges, den viele auch als Kleinen Teufelsberg oder Drachenberg kennen, ist auf 50 Meter Breite komplett abgeholzt. 2500 Quadratmeter Kahlschlag, nicht ein Baum steht mehr. Zersägt liegen die Reste von Weiden und Linden, von Ahorn und Eichen am Boden. Rund 50 Bäume wurden illegal gefällt. „Die meisten Bäume waren ca. 20 Jahre alt und 10 bis 15 Meter hoch“, sagt Peter Harbauer von den Berliner Forsten. „Einige waren zur Befestigung des Hanges gepflanzt. Viele andere haben sich natürlich ausgesamt.“
Rings um den Drachenfliegerberg wurden jetzt Warnschilder vom Forstamt Grunewald befestigt: „Helft mit: Illegale Baumfällungen stoppen“. Denn schon im Sommer 2024 wurden hier illegal Bäume geschlagen. Damals entdeckten Azubis des Forstamts den Täter zufällig – doch der konnte unerkannt fliehen, nachdem er rund 30 Bäume gefällt hatte. Anzeige wurde erstattet – wegen Sachbeschädigung und Umweltzerstörung. Doch der Täter wurde nicht gefunden.
Im Grunewald: Einmal ist der Täter schon geflohen
Fünf Monate blieb es ruhig, doch im Januar hat der Holzdieb wieder zugeschlagen. An der gleichen Stelle wie im August. Der Mann geht anscheinend völlig unbeeindruckt und skrupellos vor. Um den ganzen Hang abzuholzen, wird er mehrere Tage gebraucht haben. Dabei hat er sich nicht mal von Spaziergängern abschrecken lassen, die ihn wohl für einen ganz normalen Waldarbeiter hielten.
Deshalb teilt das Forstamt jetzt mit: „Offizielle Arbeiten kann man immer an der auffälligen und offiziellen Arbeitskleidung in Warnfarben und an den Logos der Berliner Forsten erkennen.“ Bei akutem Baumfrevel (unerlaubte absichtliche Beschädigung bzw. Fällung von Bäumen) solle man doch bitte die Polizei alarmieren.
Wird der Täter geschnappt, drohen ihm wegen Sachbeschädigung mehrere Tausend Euro Strafe. Und „die Mitnahme des Holzes erfüllt den Tatbestand des Diebstahls“, erklärt Peter Harbauer von den Berliner Forsten.

Viel schlimmer als der Diebstahl ist für ihn aber die massive Störung des Ökosystems. „Durch den Kahlschlag fehlt die schützende Wirkung der Baumkronen auf den Waldboden“, erklärt der Experte. „Das führt einerseits zur Austrocknung, andererseits zur Vergrasung und zur Ausbreitung der Brombeere.“ Das wiederum erschwere eine natürliche Ansamung von Waldbäumen, da die Samen den Waldboden nicht erreichen.
Es dauert 15 bis 20 Jahre, bis der alte Zustand wieder hergestellt ist
Man darf eines auch nicht vergessen: Der 99 Meter hohe Drachenfliegerberg besteht aus Trümmern des Zweiten Weltkrieges. An den Wegen sieht man immer wieder alte Steine, die den Boden durchstoßen. „Eine wichtige Funktion der Bäume an dieser Stelle war die Sicherung des Hanges vor Bodenerosion durch ihre Wurzeln“, sagt Harbauer. Es wird aber mindestens 15 bis 20 Jahre dauern, bis der alte Zustand wieder hergestellt ist.

Spaziergänger Peter Keiler, der mal Landschaftsarchitektur studiert hat, vermutet, dass der Holzdieb sich auskennt: „Das sind alles saubere Schnitte“, sagt er, nachdem er sich den Kahlschlag angeschaut hat. Und er fragt sich, was der Mann mit dem Holz überhaupt vor hat. „Die Bäume waren noch jung, das Holz hat überhaupt keinen hohen Energiewert. Ich bin fassungslos, wenn ich das hier sehe!“ ■