Bei Tesla in Grünheide hat knapp ein Viertel der Mitarbeiter eine Petition gegen zu hohe Arbeitsbelastung unterzeichnet. Sie fordern längere Pausen und bessere Besetzung und einen Stopp der schikanösen Behandlung durch die Leitung. Mehr als 3000 Männer und Frauen wagen sich damit aus der Deckung, um in Elon Musks Fabrik für bessere Bedingungen zu kämpfen. Das alles fast auf den Tag genau drei Jahre nach der Eröffnung der E-Autoschmiede im brandenburgischen Grünheide.
11.000 Mitarbeiter sind in Grünheide bei Tesla beschäftigt. 3086 unterzeichneten die Petition, die die Gewerkschaft IG Metall der Werksleitung übergab.

„Über 3.000 Unterschriften sind ein starkes Zeichen“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze. „Bei Tesla gehört viel Mut dazu, sich zu seinen Interessen als Beschäftigter zu bekennen.“ Arbeitsüberlastung sei von Beginn an ein Thema im Werk. Die Geschäftsführung müsse die chronische Unterbesetzung in Schichten beenden und Beschäftigte mit Respekt behandeln, statt sie zu schikanieren, sagte Schulze. Über 3.000 Unterschriften sind ein starkes Zeichen“, sagte IG Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze. „Trotz allen Drucks von oben lassen sich die Tesla-Kolleginnen und -Kollegen nicht einschüchtern. Die Geschäftsführung muss handeln.“
Tesla: Keine Zeit zum Trinken oder auf die Toilette zu gehen
Konkret befürchten die Mitarbeiter bei Tesla weiter zunehmenden Druck, wenn die neue Modellreihe Y voll hochgefahren wird. „Überlastung ist fast von Beginn an Thema hier im Werk. Spätestens wenn die Produktion des neuen Model Y voll hochgefahren ist, werden Kolleginnen und Kollegen wieder zwei oder drei Jobs übernehmen müssen, weil Personal fehlt. Dann bleibt am Band oft nicht einmal mehr Zeit zum Trinken oder zum Gang auf die Toilette. Das hält keiner bis zur Rente durch. Wir brauchen jetzt Entlastung! Wir brauchen das, was in der Automobilindustrie in Deutschland absolut normal ist: bezahlte Kurzpausen zur Erholung! Über 3.000 von uns stehen hinter dieser Forderung. Wir werden nicht lockerlassen.“, so die Petition.
Tesla veröffentlichte zur Betriebsversammlung am Donnerstag eine eigene jährliche Befragung, an der dem Unternehmen zufolge rund 7.500 Mitarbeitende teilnahmen. Fast 80 Prozent seien demnach mit ihrer Arbeit zufrieden. Nur fünf Prozent hätten sich negativ geäußert. Die Beschäftigten könnten jederzeit Verbesserungsvorschläge machen, von denen viele auch schon umgesetzt worden seien – etwa ein Fitnessstudio im Werk. In anderen Automobilwerken sind allerdings auch bezahlte Kurzpausen üblich.

Die IG Metall-Mitglieder haben mit ihrer Betriebsratsliste „IG Metall – Tesla Workers GFBB“ im Herbst vergangenen Jahres ebenfalls eine Umfrage zur Belastung durchgeführt, an der sich nach IG Metall-Angaben über 1200 Beschäftigte beteiligten. Die wichtigsten Ergebnisse: 83 Prozent der Tesla-Mitarbeiter fühlen sich oft oder sehr oft überlastet. Nur jeder Zehnte glaubt, die aktuelle Arbeitssituation bis zur Rente aushalten zu können. 91 Prozent der Befragten leiden unter körperlichen Beschwerden wie Kopf-, Nacken-, Gelenk- oder Rückenschmerzen. 90 Prozent der Befragten fordern eine zusätzliche bezahlte Pause. Vier von fünf wünschen sich ein längeres Wochenende, um sich besser erholen zu können.
Bericht: Lohn kranker Mitarbeiter einbehalten
Ab April – mit dem Produktionsanlauf von Model Y – sollten 300 Leiharbeitnehmer feste, unbefristete Verträge erhalten, teilte Tesla mit. Laut IG Metall reicht das nicht aus, um den Produktionshochlauf zu stemmen.
Zuvor hatte es einen Bericht des Handelsblatts gegeben, wonach Tesla angesichts des hohen Krankenstands in Grünheide krankgemeldeten Mitarbeitern gedroht hatte, Gehälter zurückzuhalten. Außerdem drängte der US-Konzern seine Angestellten demnach dazu, Diagnosen offenzulegen und behandelnde Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Die IG Metall warf Tesla daraufhin Einschüchterung vor. Der Autohersteller wies die Vorwürfe zurück.
Derweil sinken die Neuzulassungen von Teslas nicht nur in Deutschland. Der Werksleiter in Grünheide, André Thierig, ist trotzdem zuversichtlich. „Wir haben die Produktion in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert und beliefern inzwischen 37 Märkte in- und außerhalb Europas direkt aus der Gigafactory“, sagte er der dpa. „Zukünftig werden noch weitere Märkte hinzukommen.“
Das Werk in Grünheide sei die modernste Autofabrik Europas, dort seien mehr als 11.000 Arbeitsplätze geschaffen worden. Am Samstag (22. März) vor drei Jahren wurde die Gigafactory Berlin-Brandenburg offiziell eröffnet.
Weniger Neuzulassungen in Deutschland
In Deutschland sank der Absatz im Februar nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts erneut, obwohl insgesamt mehr Elektroautos auf die Straßen kamen. Thierig verweist darauf, dass das Model Y – das in Grünheide seit Februar in neuer Version gefertigt wird – 2023 und 2024 das meistverkaufte Auto der Welt gewesen sei. Eine Lücke in den Zulassungen während einer Produktumstellung sei natürlich.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet nicht mit einer schnellen Trendwende: „Die Modelle versprühen wenig innovativ Neues und sind zu teuer“, sagte er der dpa. Dazu kommt: Die Kritik an Tesla-Chef Elon Musk steigt. Er ist Berater von US-Präsident Donald Trump. Im Bundestagswahlkampf warb er für die AfD. ■