Niemand will sie haben

Gehört die verlassene Goebbels-Villa bei Berlin bald Nazis?

Was soll aus dem verfallenen Areal mit einer alten NS-Villa werden? Berlins Finanzsenator will das Gelände in Wandlitz notfalls verschenken - die Kommune widerspricht.

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Ganz schön schön, aber dieser Landsitz findet seit Jahrzehnten keinen Abnehmer.
Ganz schön schön, aber dieser Landsitz findet seit Jahrzehnten keinen Abnehmer.Patrick Pleul/dpa

Das Areal Bogensee mit der ehemaligen Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels will irgendwie so niemand anfassen. Erst am Donnerstag sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU), dass das Gelände notfalls verschenkt werden soll. Oliver Borchert (Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz), Bürgermeister von Wandlitz, nannte das unangebracht und schädlich. Rechte Ideologen könnten versuchen, an das Gelände zu kommen.

Borchert: Äußerung des Finanzsenators „äußerst unglücklich“

„Ich habe für solche Aussagen kein Verständnis“, sagte Borchert im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur. Die Äußerungen würden der historischen Bedeutung nicht gerecht und seien schädlich für die Liegenschaft. Vor Jahren habe unter anderem bereits das „Königreich Deutschland“ versucht, dort Fuß zu fassen. Der Verfassungsschutz rechnet die Gruppierung dem „Reichsbürger“-Milieu zu.

„Was ich nicht gerne sehen würde, dass das Land Berlin das Areal an irgendeinen Privaten verschenkt, der dann ideologische Ziele mit der Liegenschaft verfolgt. Vor diesem Hintergrund ist die Äußerung von Evers äußert unglücklich“, kritisierte Borchert. Auf dem rund 17 Hektar großen Areal in einem Wald nordöstlich von Berlin hatte sich Goebbels ein Landhaus bauen lassen. Zu DDR-Zeiten gab es dort eine Jugendhochschule der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Seit dem Jahr 2000 ist das Areal ungenutzt und verfällt.

Nach Aussagen des Finanzsenators seien bisher weder die Kommune Wandlitz, noch das Land Brandenburg, noch der Bund an diesem großzügigen Geschenk interessiert gewesen. Sollten alle Bemühungen in die Leere führen, „dann hat das Land Berlin keine andere Möglichkeit, als so den Abriss zu vollziehen, wie er jetzt vorbereitet und von uns adressiert ist“, so Evers.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wandlitz-Villa als Hochschule der FDJ benutzt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wandlitz-Villa als Hochschule der FDJ benutzt.United Archives/imago

Antrag auf Fördergeld ist gestellt

Der Landkreis Barnim und die Gemeinde wollen einen Abriss verhindern und künftige Nutzungsmöglichkeiten ausloten. „Eine Vernichtung solcher geschichtlichen Zeugnisse steht unserer Gesellschaft nicht gut zu Buche“, betonte Borchert. Die Gemeinde Wandlitz, auf deren Gebiet das Gelände am Bogensee liegt, hat jetzt nach eigenen Angaben einen Antrag auf Fördergeld aus dem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ gestellt. Dabei geht es in diesem Jahr um Vorhaben, die vor allem die Demokratiebildung fördern sollen. Dafür sei das Gelände genau der richtige Ort, sagte der Bürgermeister. Er nannte nach einer bislang vorsichtigen Schätzung eine Summe von 500.000 bis 600.000 Euro an benötigten Fördermitteln.

Die Gemeinde will nun ein Konzept für eine Weiternutzung entwickeln. Dabei nennt Bürgermeister Borchert unter anderem ein „Zentrum für Resilienzforschung für die Demokratie“ sowie einen Hochschul-Campus, eine Reha-Klinik, eine Hotelnutzung oder eine Bundesbehörde als einige Überlegungen.

In welche Richtung eine Entwicklung des Geländes in einigen Jahren gehen kann, ist noch unklar. „Es gibt ganz viele Fragen zu klären. Wir stehen am Anfang des Prozesses“, sagte Borchert. Mitte Mai stehe ein Beratungstermin mit der zuständigen Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM) an. Geplant ist zunächst auch eine Zwischennutzung. So war dafür eine Übungsstätte für die Bundespolizei im Gespräch, die Landkreis und Gemeinde aber ablehnen. Das Gelände am Bogensee sei doch keine „Fighting City“ mit Gebäuden für den Häuserkampf, sagte Bürgermeister Borchert. ■