Kaum vorstellbar: Die Berliner Filiale der Pariser Kette Galeries Lafayette macht nach fast 30 Jahren dicht! Das Kaufhaus ist eine bekannte Anlaufstelle für Markenklamotten und Feinkost-Gastronomie – und gehört fest ins Bild der Friedrichstraße. Doch damit ist nun Schluss: Ende 2024 läuft der Mietvertrag mit dem Quartier 207 aus, der Betreiber Galeries Lafayette zieht sich ganz aus Berlin zurück. Es ist das Ende einer Ära in der City Ost. Wie ist die Gefühlslage der Kunden und Berliner dazu? Der KURIER hat vor Ort nachgefragt.
Kiku wird „das Farbtüpfelchen“ auf der Friedrichstraße vermissen

Kiku Matsuyama-Pfetzer (57) aus Lankwitz ist keine allzu regelmäßige Kundin der Galeries-Lafayette-Filiale in Berlin: „Nein, eigentlich nicht, ich war nur zufällig hier. Aufgrund dessen, dass die ja schließen, dachte ich: Ich gucke mal, ob schon was herabgesetzt ist.“ Doch schlechte Nachrichten für alle Schnäppchenjäger: Sale gebe es noch keinen. Auch sonst ist Kiku mit Preisen und Auswahl im Kaufhaus nur mäßig zufrieden: „Man muss schon gucken. Aber ich habe gesucht und gefunden“, verrät die 57-Jährige. Ein Kaschmirpullover und eine Strickjacke sind es bei ihr geworden.
„Ich gucke hier immer mal wieder, aber es sind ja doch sehr ausgefallene Sachen. Das ist wirklich eher für junge, schöne, schlanke Mädchen – die können hier alles tragen. Ich würde hier schon manche Sachen kaufen, aber das passt nicht zu jedem“, stellt Kiku fest. Sie ist vor allem ein Fan der Feinkost-Abteilung: „Das finde ich schon schade, wenn das wegkommt.“ Insgesamt zeigt die Berlinerin sich betroffen über die Schließung: „Ich finde es überhaupt schade, dass das Kaufhaus wegfällt. Auch wenn ich wenig kaufe, gehört das irgendwie auch wie auf dem Ku'damm das KaDeWe – das Lafayette gehört in die Friedrichstraße, das ist so ein kleines Farbtüpfelchen hier.“
Kiku hat eine leise Vermutung, warum das Lafayette hier dichtmacht: Es ist wohl einfach zu schlecht gelaufen – auch wegen der jüngsten Veränderungen in der Friedrichstraße! „Ich weiß jetzt auch nicht, ob das damit zusammenhängt, dass die Straße zugemacht wurde eine Zeit lang. Das wurde ja zu einer Fußgängerzone gemacht, ich fand das persönlich sehr trist, sehr schäbig“, beteuert Kiku. „Der Gedanke war gut, die Umsetzung fand ich überhaupt nicht gut – das passte nicht zu einer Stadt wie Berlin! Ich kann mir vorstellen, dass die Leute sich sehr geärgert haben hier und dass die Geschäfte viele Verluste erlitten haben.“
Für Ronny ist die Berliner Filiale der Galeries Lafayette „eine Institution“

Ronny Brechte (46) ist mit seinen Söhnen Romeo und Noah aus Dresden zu Besuch – die drei hatten Lust auf eine Runde Shopping: „Die Mama hat einen Termin um die Ecke, aber wir wollten hier schauen. Weil wir, wenn wir in Berlin sind, auch öfters ins Lafayette gehen.“ Den Dresdner trifft man im Pariser Luxuskaufhaus in Berlin immer auf der Suche nach Klamotten. Dieses Mal ist er aber nicht fündig geworden.
Zur Schließung des schicken Einkaufstempels hat der 46-Jährige eine klare Meinung: „Ich finde das nicht schön! Ich bin da eher traurig drüber.“ Weiter betont Ronny: „Ich finde das komisch, die Vorstellung, dass es das Kaufhaus hier nicht mehr geben wird. Galeries Lafayette ist einfach so eine Institution und wenn die weg ist, ist das einfach schlecht.“ Auch der Dresdner glaubt, dass die kurzzeitig eingeführte Fußgängerzone in der Friedrichstraße hier eine Rolle gespielt hat: „Das liegt wahrscheinlich an der ganzen Thematik, die hier vorher war: mit parken – nicht parken. Autos – keine Autos. Ich denke, das ist das Problem.“ Die Pandemie habe dem Kaufhaus dann „bestimmt den Rest gegeben“.
Mit dem Plan, die Zentral- und Landesbibliothek von Berlin nach der Galeries Lafayette in das Quartier 207 einziehen zu lassen, würde aus der Friedrichstraße ein Stückchen mehr Kulturzentrum als Shopping-Meile werden. Passt das? „Ich glaube nicht. Friedrichstraße war schon immer Einkaufen“, findet Ronny.

Zur Erklärung: Vor ein paar Wochen wurde bekannt, dass Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) das Quartier 207 ernsthaft als neuen Standort für die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) in Erwägung zieht – sogar favorisiert. Mit dem Auszug der Galeries Lafayette wirkt dieser Plan auch immer wahrscheinlicher. Stolze 589 Millionen Euro würde der Umzug der rund 3,5 Millionen Bücher, Zeitschriften und Co. wahrscheinlich kosten. Aber er ist notwendig: Die alten Standorte am Blücherplatz und in der Breiten Straße sind inzwischen zu klein und dringend sanierungsbedürftig.
Thomas wird „das Stück Frankreich in Deutschland“ fehlen
Zur Schließung des Kaufhauses Galeries Lafayette kann Thomas aus Steglitz nur sagen: „Schade! Ich finde, das war immer ein Stück Frankreich in Deutschland.“ Der Berliner kauft „von Anfang an“ in der Galerie Lafayette ein – also seit 1996, als das Kaufhaus in das vom französischen Architekten Jean Nouvel entworfene Gebäude gezogen ist. Man finde Thomas hier sowohl beim Klamotten-Shopping als auch in der Feinkost-Abteilung: „Ich liebe die Gastronomie unten. Mich macht am meisten das französische Flair in der unteren Etage an.“
Warum wir dieses französische Flair bald missen müssen? Thomas schließt sich der offenbar beliebten Theorie an: „Ich glaube, dass das Theater mit der Frage ‚Ist das hier eine Einkaufsmeile oder Fußgängerzone hier?‘ auch nicht wirklich geholfen hat.“ Zum Plan, die ZLB ins Quartier 207 zu holen, sagt Thomas: „Ich habe mich gewundert, das passt nicht zur Friedrichstraße. Die nehme ich eher so als höherwertige Einkaufs- und Flaniermeile war.“
Doch er muss ergänzen: „Aber auf der anderen Seite: Damit man überhaupt eine Verwendung für das Gebäude hat, und um die Bibliothek unter die Menschen zu bringen, ist es kein schlechter Gedanke. Ob das dann dazu führt, dass die Friedrichstraße insgesamt ihren Charakter verändert, muss man mal abwarten.“ Abschließend zieht der Steglitzer lachend ein Fazit: „Der ursprüngliche Plan, dass das hier mal die City Ost wird ... das ist, glaube ich, gescheitert.“
Antonia ist sicher: „Die Friedrichstraße wird die Galeries Lafayette auch vermissen“

Antonia Yurinets (58) kommt aus Werneuchen in Brandenburg. „Ich wohne nur 20 Kilometer von Berlin entfernt, wenn ich shoppen will, fahre ich in die Stadt rein – meistens in die Friedrichstraße. Mir gefallen die Geschäfte hier. Bei uns im Dorf gibt es nicht so schöne Läden.“ Die 58-Jährige hat in dem Kaufhaus stets eine gute Zeit: „In der Galeries Lafayette gibt es schöne Markenwaren und das Untergeschoss gefällt mir sehr. Man kann schöne Sachen kaufen, ich bin gerne hier. Ich trinke immer einen Kaffee unten, mir gefällt das französische Café. Unten kaufe ich mir auch immer ein Baguette und Croissants.“
In den oberen Stockwerken war Antonia auch dieses Mal erfolgreich: „Ich habe mir einen Shopper gekauft“, ganz stolz präsentiert sie eine schicke schwarze Handtasche der Marke Coach. Zum Aus der Galeries Lafayette beteuert sie: „Das ist natürlich schade!“ Antonia werde das Kaufhaus „auf jeden Fall“ vermissen. „Dann muss ich wohl ins KaDeWe fahren …“ Antonia zeigt sich fest überzeugt: „Die Friedrichstraße wird das Kaufhaus auch vermissen. Viele Touristen kommen bestimmt gerne wegen der Galeries Lafayette hierher.“ Antonia empfiehlt das Kaufhaus auch wärmstens ihren Freunden und der Familie. „Wenn meine Tochter mich besuchen kommt, fahren wir immer hierher.“
Rainer ist beim Thema Galeries Lafayette „emotionslos“

Rainer Schwieger (55) ist aus Rostock zu Besuch in Berlin – und schaut dabei auch im Kaufhaus Galeries Lafayette vorbei: „Wir sind mal durchgegangen, in der leisen Hoffnung, dass wir schon ein paar heruntergesetzte Schnäppchen machen, aber wir haben nichts gefunden“, erklärt der Schnäppchenjäger, der mit seiner Teenie-Tochter unterwegs ist.
Seine Meinung zur Schließung des Hauses?„Stört mich eigentlich nicht. Das ist der normale gesellschaftliche Wandel. So weit ich informiert bin, läuft der Mietvertrag aus. Der Eigentümer der Immobilie wird sich ja was dabei gedacht haben“, betont der 55-Jährige nonchalant. „Mir ist es egal, es gibt ringsherum genug Möglichkeiten noch einzukaufen, da bin ich emotionslos.“
Kerstin ist ein großer Fan von Kaufhäusern wie diesem

Kerstin Schulze (55) aus Goslar schiebt gerade einen Kinderwagen aus dem Kaufhaus, als der KURIER nachfragt: Ist die Schließung der Galeries Lafayette ein Verlust für die Stadt? „Wenn ich mir die Kinderabteilung angucke, ehrlich gesagt nicht.“ Kerstin ist enttäuscht von der Auswahl: „Es war sehr wenig da! Ich war auf der Suche nach einer Kindermütze und es gab so gut wie keine. Auch sonst war kein Highlight dabei, ich wollte meinem Enkel als Oma spontan was Schönes kaufen, aber uns hat nichts gefallen.“
Kerstin war zum letzten Mal „vor zehn oder zwanzig Jahren“ in der Galeries Lafayette und wollte „ganz gezielt“ mal wieder hin. Dass das bald nicht mehr möglich sein wird, stimmt die 55-Jährige traurig: „Ich finde es schade. Ich bin eigentlich ein Fan von Kaufhäusern, auch Galeria und KaDeWe und so was. Ich finde es immer schöner, vor Ort zu kaufen, die Sachen anprobieren zu können und nicht im Internet zu bestellen.“ Dass der Trend inzwischen in die andere Richtung geht und Häuser wie die Galeries Lafayette in die Knie zwingt, hält Kerstin für sehr bedauerlich.
Das Kaufhaus stellt trotz Schließung noch ein!

Vor Ort macht der KURIER eine spannende Entdeckung: Obwohl vor rund einer Woche das Aus der Berliner Filiale verkündet wurde –und 190 Mitarbeiter 2024 ihre Jobs verlieren werden –, wird hier noch immer eingestellt! Am Haupteingang zur Galeries Lafayette wird mit einem Schild geworben: „Join the team“, auf Deutsch also: „Komm ins Team!“
Folgt man dem QR-Code, tauchen tatsächlich aktive Stellenanzeigen auf: Gesucht werden ein Praktikant im Bereich Einkauf, Fachverkäufer in der Abteilung Feinkost & Lebensmittel, Erstverkäufer im Bereich Mode, Haustechniker und mehr. Offenbar steckt man den Kopf hier also noch nicht ganz in den Sand.
Udo findet das Lafayette schöner als das KaDeWe

Udo (61) ist aus Mönchengladbach zu Besuch, kennt Berlin und die Galeries Lafayette aber ganz gut. Dass das Kaufhaus seine Tore 2024 für immer schließen wird, hat er gerade erst erfahren: „Ich war gestern Abend mit ein paar Kollegen unterwegs und die haben erzählt, dass das KaDeWe sehr schön ist. Dann meinte ich, ich finde das Lafayette schöner – und dann hieß es: ‚Hast du nicht mehr lange was davon, die schließen nächstes Jahr.‘“ Das hört der 61-Jährige nicht gerne ...