Vier Monate in Klinik

Erster Toter nach 28 Jahren: Berliner Schüler (10) stirbt an Diphtherie

Im Oktober 2024 brachen neue Fälle der heimtückischen Krankheit aus, die in Deutschland schon fast verschwunden ist. Der Junge aus Spandau war einer der Betroffenen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Diphtherie-Erreger: So sehen sie unter dem Mikroskop aus.
Diphtherie-Erreger: So sehen sie unter dem Mikroskop aus.YAY Images/imago

Die Diphtherie, eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten überhaupt: Sie war in Deutschland so gut wie verschwunden. Jetzt gibt es nach 28 Jahren wieder einen Diphtherie-Toten – ein zehnjähriger Junge aus Berlin.

Zwei bis fünf Tage nach der Ansteckung beginnen die Entzündungssymptome: Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Heiserkeit, Schwellung der Halslymphknoten und hohes Fieber. Irgendwann kann man nicht mehr atmen, weil der Hals zuschwillt – das Todesurteil für Menschen, die an Diphtherie erkrankt sind. 1997 gab es den bisher letzten Toten in Deutschland, der an den Folgen dieser Krankheit verstorben war.

Im Oktober 2024 gab es nach langer Zeit in Deutschland wieder neue Fälle der meldepflichtigen Infektionskrankheit. Auch ein Schüler aus dem Berliner Bezirk Spandau war darunter, meldete damals das Robert-Koch-Institut (RKI). Vier Monate kämpften in einer Klinik die Ärzte um das Leben des Jungen – vergeblich.

Der „Tagesspiegel“ berichtet, dass der Zehnjährige verstorben ist. Die traurige Nachricht teilte die Waldorfschule Havelhöhe, in der der Junge Schüler war, am Dienstagabend in einem Brief an die Eltern mit. „Mit tiefem Bedauern und großer Traurigkeit möchten wir Ihnen mitteilen, dass unser Schüler M. nach schwerer Krankheit verstorben ist“, heißt es darin.

„M. war ein Teil unserer Schulgemeinschaft, der uns mit seiner Fröhlichkeit und Herzlichkeit bereichert hat. Sein Weg zuletzt war geprägt von Stärke und Tapferkeit, und er hinterlässt in unserer Gemeinschaft eine Lücke, die uns alle berührt“, schreibt der Schulleiter in einem Brief an alle Eltern. „Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei seiner Familie, seinen Freunden und seiner Klassengemeinschaft.“ Eine Trauerfeier soll es geben.

Diphtherie-Impfungen können schützen – aber nicht zu 100 Prozent, wie Experten sagen.
Diphtherie-Impfungen können schützen – aber nicht zu 100 Prozent, wie Experten sagen.MiS/imago

Laut dem Medienbericht gehörte der verstorbene Junge zu den neuen Diphtherie-Fällen, von denen das RKI im Oktober 2024 berichtet hatte. Insgesamt soll es 37 Erkrankte im vergangenem Jahr in Deutschland gegeben haben.

Mediziner erklären, dass in fünf bis zehn Prozent der Diphtheriefälle diese Krankheit tödlich verläuft. Vor allem Kinder sind gefährdet. Daher werden seit den 60er Jahren die Kinder gegen den Erreger geimpft. In der DDR gab es sogar eine Impfpflicht.

Diphtherie-Toter in Berlin: Kind war offenbar nicht geimpft

Durch die Impfungen ist die Krankheit immer weiter zurückgegangen. Der Piks gehört heute zu der Stabdard-Sechsfach-Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio, Hib und Hepatitis B für Babys in Deutschland. Laut RKI sind mindestens 92 Prozent der Kinder zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung gegen Diphtherie geimpft

Die Impfung schützt zuverlässig gegen die Symptome der Diphtherie, nicht aber vor der Infektion mit dem Erreger. Daher ist eine Ansteckung mit dem Erreger trotz Impfung möglich, der etwa durch Niesen oder Husten übertragen werden kann. Aber: Durch die Impfung bricht die Krankheit nicht aus, auch wenn man den Erreger in sich trägt und ihn auch weiter übertragen kann.

Der zehnjährige Junge aus Spandau war offenbar nicht geimpft, schreibt der „Tagesspiegel“. Er musste in einer Klinik, in der er seit Oktober behandelt wurde.

Eine Möglichkeit ist es, Diphtherie-Erkrankte mit Hilfe eines Gegengiftes zu behandeln. Auch  Antibiotika werden verabreicht, die die Diphtheriebakterien abtöten sollen.

Diphtherie-Kranke werden in Kliniken isoliert behandelt. Im schlimmsten Fall müssen die sie  künstlich beatmet werden – so wie das bei dem Berliner Schüler auch der Fall gewesen sein soll.

Trotz der hohen Impfrate bei Kindern in Deutschland gibt es auch Eltern, die sich davor scheuen, ihre Töchter oder Söhne gegen Diphtherie impfen zu lassen. Laut dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte würden impfkritische Mütter und Väter glauben, dass eine durchgemachte Infektion das Immunsystem ihres Kindes stärke.

Damit sind etwa die sogenannten Impfpartys bei Masern gemeint. Der Verband appelliert allgemein an Eltern, „dass manche Infektionskrankheiten, wenn man sie bekommt, doch sehr schwer verlaufen können“. ■