Oft hat man das Gefühl, es ist einfacher, im Lotto zu gewinnen, als einen Termin in einem Bürgeramt zu ergattern. Jetzt wird die Bürgeramts-Lotterie noch fieser: Wegen der Vorbereitung auf die vorgezogenen Bundestagswahlen fallen berlinweit mindestens 30.000 Termine weg. Am krassesten trifft es Reinickendorf und Neukölln.
Wir versuchen am Mittwoch um 9.45 Uhr, auf der Online-Plattform von service.berlin.de einen Termin für einen neuen Pass zu buchen. Im Januar: kein freier Termin. Im Februar: kein freier Termin. Wer jetzt dringend einen Pass braucht, weil er demnächst verreisen will, hat ein Problem. Erst am 26. März ploppen die ersten Termine auf. Immerhin 69, verteilt auf das halbe Stadtgebiet. Von Pankow über Neu-Hohenschönhausen bis nach Steglitz. Aber acht Wochen Wartezeit sind viel zu viel.
In Berlin: Sechs Bürgerämter sind dicht
Das sowieso schon vorhandene Problem mit den Bürgerämtern wird durch die vorgezogene Bundestagswahl noch einmal verschärft. Denn Dutzende Mitarbeiter werden für die Vorbereitungen der Wahl abgezogen. Schon Ende Dezember wurde angekündigt, dass fünf von 43 Bürgerämtern bis zum Wahltermin am 23. Februar schließen müssen: Das gilt für die Standorte in der Frankfurter Allee (Friedrichshain), die Außenstelle Halemweg (Charlottenburg-Wilmersdorf), das Bürgeramt Helle Mitte (Marzahn-Hellersdorf), das Bürgeramt Wasserstadt (Spandau) und das Bürgeramt Reinickendorf-Ost, das sogar schon am 16. Dezember die Pforten schloss. In Marzahn-Hellersdorf kam jetzt sogar noch ein sechstes Bürgeramt dazu, das in der Riesaer Straße. Weitere könnten folgen.
Sie Senatskanzlei kündigte im Dezember an, dass kein bereits gebuchter Termin wegfallen würde, Termine nur an andere Standorte verlegt werden würden. Das ist wohl auch so. Aber dafür wurden 30.000 Termine für die nächsten Wochen weniger zur Verfügung gestellt, wie der Tagesspiegel berichtet. Folge: Es dauert noch länger, einen neuen Pass, Personalausweis oder internationalen Führerschein zu beantragen.
Bürgerämter: Auch nach der Wahl fallen Termine weg
Gleich 12.000 Termine fallen in Reinickendorf weg. „Es wurden beziehungsweise werden ab Anfang Februar insgesamt 16 der Mitarbeitenden der Reinickendorfer Bürgerämter im Wahlamt eingesetzt. Entsprechend weniger Termine können in der Zeit angeboten werden“, erklärt Hauke Haverkamp, stellvertretender Kreiswahlleiter in Reinickendorf, im Tagesspiegel. In Neukölln fielen knapp 10.000 mögliche Termine weg, 7,5 Prozent der Mitarbeiter in den vier Neuköllner Bürgerämtern sind ans Wahlamt ausgeliehen.
In Friedrichshain-Kreuz lösten sich 5000 Termine in Luft auf, in Spandau 2000. In Treptow-Köpenick entfallen allein wegen der Abordnung einer einzigen Dienstkraft über drei Monate rund 900 Termine, wie der Tagesspiegel berichtet. Übrigens: Einzig Steglitz-Zehlendorf hat die Wahl bürgerfreundlicher organisiert und keinen einzigen Mitarbeiter aus den Bürgerämtern für die Wahlvorbereitung versetzt.
Und: Auch nach der Wahl werden wohl viele Termine wegfallen. Weil die abgestellten Mitarbeiter viele Überstunden ansammelt und diese erst bei Rückkehr in die Bürgerämter wieder abbauen können. ■