Mit einem umgebauten Rettungswagen wollen die Johanniter in Märkisch-Oderland Bedürftige und Obdachlose versorgen. Doch der Foodtruck ist umstritten, die Resonanz bislang nicht groß. Die Helfenden sehen sich jetzt gezwungen, die Gründe dafür zu nennen.
In ihren signalrot leuchtenden Overalls sind Thomas Kopp und Yvonne Volkmer eigentlich nicht zu übersehen. Auch der umgebaute frühere Rettungswagen, mit dem die beiden ehrenamtlichen Mitarbeiter der Johanniter-Unfall-Hilfe seit zwei Monaten im Landkreis Märkisch-Oderland unterwegs sind, fällt auf. Gerade hat der Wagen mit der Aufschrift „Obdachlosenhilfe und Sanitätsdienst“ an den Längsseiten sowie dem flächendeckenden QR-Code am Heck vor der Kleiderkammer in Neuhardenberg Station gemacht. Doch Rettungssanitäter Kopp und Sanitätshelferin Volkmer warten dort vergeblich auf „Kundschaft“. Auch an den anderen drei Stationen in Manschnow, Worin und Lebus, die sie wochentags täglich anfahren, bleiben sie an diesen Tag unter sich.
Dabei ist der Auftrag der beiden hilfsbereiten Johanniter durchaus gut gemeint. „Erst seit 2023 engagieren wir uns im Landkreis Märkisch-Oderland, zunächst mit mehreren Katastrophenschutzeinheiten. Dabei fiel uns auf, dass es in der ländlich geprägten Region keine Verpflegungsangebote für hilfsbedürftige Menschen, Wohnungs- und Obdachlose vor allem in den Abendstunden gibt“, erzählt Franziska Eichstädt, Sprecherin des Regionalverbandes Oderland-Spree.
In Anlehnung an die Johanniter-Kältehilfe, die es in anderen Bundesländern gibt, ist die Idee eines Erste-Hilfe-Foodtrucks entstanden, der kostenlos Snacks, Obst, Süßigkeiten, Wasser und Tee für Bedürftige an Bord hat. Außerdem gibt es Hilfe bei kleineren medizinischen Notfällen, warme Decken sowie eine psychosoziale Betreuung für teils einsame Menschen, die einfach mal ihr Herz ausschütten möchten.
Bedarf für den Rettungswagen ist da, aber die Hemmschwelle ist groß
Kopp und Volkmer sind das mehr oder weniger vergebliche Warten inzwischen gewohnt. „Die Resonanz auf unser Angebot ist sehr verhalten, wahrscheinlich sind wir noch zu unbekannt“, sagt der hauptberufliche Fertigungsdezernent der Müncheberger Firma Umwelt-Geräte-Technik Kopp. Das neue Johanniter-Hilfsangebot müsse sich in der dünn besiedelten Region erst herumsprechen, gibt sich die aus Hoppegarten stammende medizinische Fachangestellte Volkmer optimistisch.
Die Brandenburger CDU-Landtagsabgeordnete Kristy Augustin, ehrenamtlich im Vorstand des Johanniter-Regionalverbandes, sieht ein anderes Problem. „Wer tatsächlich betroffen ist, den kostet es schon Überwindung, sich Hilfe zu suchen. Schließlich kennt in so kleinen Orten jeder jeden.“

Dennoch ist sie überzeugt davon, dass es in Märkisch-Oderland Bedarf für den Erste-Hilfe-Foodtruck gibt, gerade auch in Neuhardenberg mit rund 300 Flüchtlingen und einer hohen Arbeitslosigkeit der Bevölkerung. „Bei Gesprächen in meinem Bürgerbüro merke ich, dass es so einige Menschen gibt, die aufgrund ihrer schlechten sozialen Lage komplett am Limit sind.“ Sie sei gerade mit den durchaus interessierten Bürgermeistern in Seelow und Letschin im Gespräch über weitere Stationen für die rollende Johanniter-Hilfe.
„Jetzt sind wir noch in der Testphase. Da müssen wir schauen, wie wir uns noch bekannter machen, ob die Zeiten in den späten Nachmittags- oder frühen Abendstunden richtig gewählt sind oder was wir noch zusätzlich auf dem Truck anbieten können“, fasst Augustin zusammen. Auch Steffen Lübbe (CDU), Amtsdirektor in Neuhardenberg für die Gemeinde Seelow-Land, ist überzeugt davon, dass vor allem die angebotene soziale Betreuung angenommen werden wird, weil es da Bedarf gibt. „Die Johanniter-Mitarbeiter sind ja so eine Art Streetworker, die auch genau zuhören können. Das können wir als Verwaltung gar nicht leisten.“ Das Projekt brauche einfach noch Zeit, um zu wachsen, so Lübbe.
Kritiker fordern statt Hilfe für Bedürftige einen rollenden Dorfladen für alle
Das sieht Thomas Berendt, Ortsvorsteher im etwa zehn Kilometer von Neuhardenberg entfernten Dorf Trebnitz, völlig anders. „Für dieses Angebot gibt es in unserer Region überhaupt keinen Bedarf. Obdachlose haben wir nur ganz vereinzelt und auch sonst kaum Bedürftige, die so etwas brauchen.“ Natürlich benötigten sozial schwache Einwohner Unterstützung, aber da gebe es andere Angebote.
„Zudem kannst Du ja niemanden zwingen, Hilfe anzunehmen.“ Berendt hat auch Kollegen aus den sieben weiteren Ortsteilen von Müncheberg zum Projekt befragt, die seine Einschätzung teilen würden. „Wäre das Ganze ein rollender Dorfladen, also eine zusätzliche Einkaufsmöglichkeit, wäre die Resonanz groß. So aber ist das doch nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Johanniter“, schätzt er ein.
Gleichwohl möchten die Johanniter weitermachen, die mobile, ortsunabhängige Basisversorgung flächendeckend im Landkreis ausbauen, wie Eichstädt bekräftigt. „Uns ist es wichtig, ein ganzjähriges Angebot zu etablieren.“ Fünf ehrenamtliche Mitarbeiter, die jeweils zu zweit auf dem Truck unterwegs sind, sichern das Projekt ab, in das 50.000 Euro aus Spenden investiert wurden.
Mit der rollenden Hilfe will die Organisation in Märkisch-Oderland bekannter werden, beispielsweise, um mit ihrer Sanitätseinheit für Veranstaltungen engagiert zu werden: Wer den QR-Code auf der Truck-Rückseite scannt, gelangt auf die Webseite des Johanniter-Regionalverbandes mit seinen 270 haupt- und 250 ehrenamtlichen Mitarbeitern. ■