Drei Quadratmeter Privatsphäre

„Safe Places“: Diese Wohnboxen stehen jetzt für Obdachlose in Neukölln

Es sind die ersten sechs „Safe Places“ in Berlin-Neukölln: Die Drei-Quadratmeter-Häuschen sollen ein erster Schritt zur Überwindung von Obdachlosigkeit sein.

Author - Sharone Treskow
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Kleine, weiße Häuschen – so sehen die neuen Wohnboxen für Menschen ohne Obdach in Neukölln aus.
Kleine, weiße Häuschen – so sehen die neuen Wohnboxen für Menschen ohne Obdach in Neukölln aus.Gerd Engelsmann

Es ist ein wichtiges Projekt, das ein großes Problem in Berlin angeht: Obdachlosigkeit. Im Bezirk Neukölln wurden jetzt sechs Häuschen aufgestellt, die Wohnungslosen zur Verfügung stehen. Sie bieten Privatsphäre, Sicherheit und ein Stück Normalität für die Menschen, die in Berlin auf der Straße leben. 

Drei Quadratmeter für Obdachlose

Das Bezirksamt Neukölln berichtet: In der Hertzbergstraße eröffnen zum Jahresbeginn 2024 die ersten „Safe Places“ in Neukölln. Mit bis zu sechs Wohnboxen wolle der Bezirk damit eine Lücke zwischen „der ordnungsrechtlichen Unterbringung von Obdachlosigkeit betroffener Menschen“ und „dem freiwilligen Verbleib auf der Straße“ schließen. 

Das Projekt und die Häuschen wurden am Montag durch den Neuköllner Bezirksstadtrat für Soziales Hannes Rehfeldt sowie beteiligte Einrichtungen vorgestellt. Die Wohnboxen sind drei Quadratmeter groß, lassen sich abschließen und dienen somit als temporäres Zuhause mit einem Mindestmaß an Privatsphäre. Sie sollen die Menschen vor Witterungseinflüssen, Gewalt und Diebstahl schützen.

Der Blick in eine Wohnbox zeigt eine Schlafbank inklusive Schlafsack und Decke. Der kleine Raum verfügt über ein richtiges Fenster und eine verschließbare Tür. Dazu gibt es die nötigsten Hygieneartikel wie Toilettenpapier, Handtuch und Zahnbürste. Auch Geschirr und ein Erste-Hilfe-Kasten steht bereit. Außerdem befindet sich auf dem Areal eine mobile Toilette und es besteht die Möglichkeit, Müll zu entsorgen. 

Eine Schlafmatte, Toilettenutensilien und mehr warten im Inneren auf die Obdachlosen. Die Hütten sind drei Quadratmeter groß.
Eine Schlafmatte, Toilettenutensilien und mehr warten im Inneren auf die Obdachlosen. Die Hütten sind drei Quadratmeter groß.Gerd Engelsmann

Obdachlose sollen hier eine Chance bekommen

Die Wohnboxen wurden durch die Union Sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH im Rahmen der inklusiven Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen hergestellt. Zum Projekt gehört auch eine regelmäßige Betreuung durch aufsuchende Sozialarbeit, die von My Way Soziale Dienste gGmbH im Auftrag des Bezirksamtes Neukölln sichergestellt wird.

Hauptziel dieses freiwilligen und niedrigschwelligen Angebots ist es, von Obdachlosigkeit betroffene Menschen gesundheitlich, psychosozial und emotional zu stabilisieren, um die Möglichkeit einer Integration in die Regelsysteme der sozialen Sicherung zu schaffen.

„Mit den ‚Safe Places‘ erhalten betroffene Menschen einen Rückzugsraum, Privatsphäre und einen festen Platz zum Schlafen. Und noch mehr: sie erhalten eine Chance“, erklärt Hannes Rehfeldt, der Bezirkstadtrat für Soziales und Gesundheit. „Safe Places sind ausdrücklich kein Ersatz für echten Wohnraum oder – in Berlin seit geraumer Zeit knappe – Notunterkünfte. Aber sie können ein Weg dahin sein. Für manche Menschen können sie genau das Richtige sein, um wieder in die Mitte unserer Gesellschaft zurückkehren zu können.“

Zu den Safe Places gibt es eine Betreuung, um die Menschen in Kontakt mit Ämtern, medizinischen Diensten usw. zu bringen, wenn sie es wünschen.
Zu den Safe Places gibt es eine Betreuung, um die Menschen in Kontakt mit Ämtern, medizinischen Diensten usw. zu bringen, wenn sie es wünschen.Gerd Engelsmann

Wohnboxen sollen die Menschen von der Straße holen

Marco Schulze, der Geschäftsführer der My Way Soziale Dienste gGmbH, erklärt: „Die ‚Safe Places‘ stellen ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen ohne festen Wohnsitz dar. Sie fungieren als erster Schritt zur Überwindung von Obdachlosigkeit.“ My Way Soziale Dienste nutze die „Safe Places“, um ihre Erfahrung und Expertise in der Eingliederungs- und Wohnungslosenhilfe auch für Menschen zugänglich zu machen, die bisher von bestehenden Hilfsangeboten nicht erreicht wurden.

„Durch die niedrigschwellige Betreuung in Verbindung mit unserer sozialpädagogischen Expertise streben wir danach, Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, darin zu stärken, ihr Recht auf Unterstützung in Anspruch zu nehmen“. Das vorrangige Ziel des Projektes sei die Begleitung der Menschen in das bestehende Wohnungsnothilfesystem. 

Sollte das Modellprojekt erfolgreich sein, wolle man es gemeinsam mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg ausweiten. ■