Uber, Bolt und Freenow

Nutzen Berliner Mietwagenfirmen die Plattformen für Sozialkassenbetrug?

Im Gegensatz zu Taxiunternehmen müssen diese Firmen 19 Prozent Umsatzsteuer anstelle von sieben Prozent abführen. Das lädt zu kriminellen Handlungen ein.

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Die Plattformen Bolt, Uber und Freenow sollen in Berlin leider nicht nur mit seriösen Partnern zusammenarbeiten.
Die Plattformen Bolt, Uber und Freenow sollen in Berlin leider nicht nur mit seriösen Partnern zusammenarbeiten.Stefan Zeitz/imago

Bolt, Uber und Freenow vermitteln in Berlin Autofahrten zu Schleuderpreisen. Was schlimm ist: Längst nicht jede Mietwagenfirma, die diese Plattformen nutzt, ist seriös. Es gibt Kontrolllücken, und die werden systematisch ausgenutzt.

Nach Recherchen des Tagesspiegels werden Mietwagenfirmen, die mit Unternehmen wie Bolt zusammenarbeiten, des Sozialbetrugs im großen Stil beschuldigt. Leszek Nadolski, erster Vorsitzender der Berliner Taxiinnung, behauptet in dem Blatt: Als Fahrer bei diesen Firmen müssen man sich kriminalisieren, ob man wolle oder nicht. Im Gegensatz zu Taxiunternehmen müssen diese Firmen 19 Prozent Umsatzsteuer anstelle von sieben Prozent abführen.

Die digitalen Plattformen erhalten etwa 25 Prozent des Umsatzes, weitere fünf Prozent gehen an den Generalunternehmer. Hinzu kommen Kosten für Benzin, Versicherung und Abnutzung der Autos, und das alles bei niedrigen Kosten pro Fahrt. Für Nadolski und andere Branchenexperten ist klar: Solche Mietwagenunternehmen können nicht legal kostendeckend betrieben werden.

Sozialkassenbetrug bei Bolt, Uber und Freenow?

Die Betrugsmasche funktioniert laut Tagesspiegel folgendermaßen: Digitale Mobilitätsplattformen vermitteln ihre Aufträge nicht direkt an einzelne Fahrer, sondern an Subunternehmer, sogenannte Mietwagenfirmen. Die Fahrer sind bei diesen angestellt. Laut Tagesspiegel-Recherchen sollen die Fahrer als Minijobber beschäftigt gemeldet werden, obwohl sie tatsächlich in Vollzeit arbeiten. Geringfügigkeit wird dem Finanzamt gemeldet, während beim Jobcenter aufgestockt wird. Ein Taxifahrer kommentiert: „Den Rest des Geldes kriegst du bar auf die Kralle vom Mietwagenunternehmen.“

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Das Motto lautet offenbar: Leistungen beziehen mit wenig offizieller Anmeldung. Ein Fahrer, dessen Name nicht genannt werden soll, sagt: „Dieser Betrug ist so offensichtlich, jeder von uns weiß das, aber niemanden interessiert es. Das ist kein Kavaliersdelikt, das ist Organisierte Kriminalität mitten in der deutschen Hauptstadt.“ Ein weiterer Fahrer gibt an, dass Versuche aufzuklären mit Bedrohungen beantwortet werden.

Nadolski hingegen spricht offen darüber. Bereits seit zwei Jahren versucht er mit seinem Verein, das Thema auf die politische Agenda zu bringen. Er nennt es „höchst organisierte Schwarzarbeit“. Die zuständigen Behörden hätten ihm jedoch zu verstehen gegeben, dass so etwas in Deutschland gar nicht möglich sei.

Hauptzollamt kämpft gegen Sozialkassenbetrug

Das Hauptzollamt in Berlin hat die Verantwortung für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigungen. Auf Tagesspiegel-Anfrage gibt das Amt an, dass die Transportbranche im Allgemeinen als „schwarzarbeitlastig“ betrachtet wird. Konkrete Details zu den Vorwürfen können nicht genannt werden, aber die Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist auf der Straße aktiv. Dazu gehören stichprobenartige Kontrollen von Taxifahrern sowie Fahrern von digitalen Dienstleistungsfirmen. Die gesammelten Daten werden mit den Angaben der Arbeitgeber abgeglichen. Im Falle von Verdachtsmomenten werden diese auch beim Jobcenter oder der Rentenversicherung überprüft.

Allerdings konnte das Hauptzollamt keine klare Antwort darauf geben, wie kontrolliert werden soll, ob Bargeld ausgezahlt wird und somit am Fiskus und den Ämtern vorbeigeht. Ein Taxifahrer, der bereits seit 25 Jahren im Geschäft ist, schmunzelt über die Aussagen des Zolls. Er wurde in all den Jahren nur ein einziges Mal kontrolliert. Leszek Nadolski, Vorsitzender der Berliner Taxiinnung, lacht ebenfalls, wenn das Hauptzollamt erwähnt wird. Er betont, dass nur drei Beamte für die gesamte Stadt Berlin zuständig seien, und er glaubt nicht daran, dass dieses Problem jemals vollständig unter Kontrolle gebracht werden kann. ■