Erst der Doktortitel weg, dann der Job: Am 30. April trat die Juristin Manja Schreiner als Berliner Verkehrssenatorin zurück, nachdem ihr die Universität in Rostock den Doktortitel entzogen hatte. Grund: Plagiate, also nicht gekennzeichnete Zitate aus anderen Arbeiten. Kein Einzelfall. Die Antwort auf eine kleine Anfrage an das Berliner Abgeordnetenhaus deckt jetzt auf, wie oft Berliner Universitäten Doktortitel in den vergangenen zehn Jahren wieder entzogen haben – auch abseits der prominenten Fälle.
Die Fälle von überführten Politikern machten in den vergangenen Jahren Schlagzeilen, angefangen bei Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) über Silvana Koch-Mehrin (FDP) bis hin zu Franziska Giffey (SPD). Letztere bildete die Ausnahme. Denn ihrer politischen Karriere schadete die Aberkennung des Titels Dr. rer. pol. kaum. Giffey trat zwar als Bundesministerin für Familie zurück, blieb 2021 aber Spitzenkandidatin der SPD bei der Abgeordnetenhauswahl und wurde später zur Regierenden Bürgermeisterin in Berlin gewählt.
Die meisten Doktortitel wurden an der Charité entzogen
Franziska Giffey hatte 2010 an der Freien Universität promoviert. Am 10. Juni 2021 entzog ihr die FU Berlin den Doktorgrad wieder, da er durch „Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung“ erworben worden wäre. Einer der Fälle, die jetzt anonymisiert in der Antwort auf die kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten Martin Trefzer auftauchen.

Für die Antwort wurden die Freie Universität (FU), die Humboldt-Universität (HU), die Technische Universität (TU), die Charité und die Universität der Künste (UdK) abgefragt. Nur eine Hochschule musste keine Verstöße melden: „An der UdK wurde im betreffenden Zeitraum kein Doktorgrad entzogen“, teilt Dr. Henry Marx von der Senatsverwaltung für Wissenschaft mit. Was auffällt: An keiner der Universitäten wurde vor 2014 ein Entzugsverfahren eingeleitet.
Platz eins der Negativliste: An der Charité wurden seit 2015 14 Doktorgrade wieder entzogen. In sechs Fällen sind noch Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anhängig, in denen erstinstanzlich zugunsten der Charité entschieden wurde. Insgesamt 19 Entzugsverfahren wurden eingeleitet, „bei fünf Verfahren wurde wegen formaler Verfahrensfehler die ursprüngliche Entscheidung zum Entzug des akademischen Grades zurückgenommen“, wie es in der Antwort von Dr. Henry Marx heißt.
An der FU Berlin mussten seit 2015 insgesamt 13 Absolventen ihre Doktortitel wieder abgeben, davon sind in fünf Fällen gerichtliche Verfahren anhängig. Die meisten Fälle gab es in den Bereichen Politik- und Sozialwissenschaften und Biologie, Chemie und Pharmazie (je drei).

An der Humboldt-Universität verloren seit 2015 fünf Inhaber eines Doktortitels ihren Doktorgrad wieder, in zwei Fällen sind noch Verfahren vor Gericht anhängig. Betroffen waren hier die Fakultäten für Sprach- und Literaturwissenschaft, Philosophie und Jura.
In zwei Fällen scheiterte die Rückforderung der Promotionsurkunde
Nur einen Fall vermeldet die Technische Universität – 2021 für den Bereich Wirtschaft und Management. Auch hier wurde das Gericht eingeschaltet.
Was alle Fälle eint: Grund für den Entzug des Doktorgrades war immer „die Täuschung über die Eigenständigkeit der Erstellung der Dissertation (wissenschaftliches Fehlverhalten in Form von Plagiat)“, wie Dr. Marx von der Senatsverwaltung für Wissenschaft mitteilt. Die Rückforderung der Promotionsurkunde scheiterte in zwei Fällen. In einem Fall war die Vollstreckung der Rückgabeverpflichtung im Ausland wegen des dortigen Bürgerkrieges nicht möglich, in einem zweiten Fall führten die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht zum Rückgabeerfolg, heißt es. ■