Gleich nach der Grenze lädt auf dem polnischen Markt für Grenzgänger aus Deutschland der Laden „Pyrobunker“ Kunden ein. Das ganze Jahr über kann man in Polen Feuerwerk kaufen. Nicht nur Knallfrösche der Kategorie F1, sondern auch Feuerwerk der Klassen F2 und F3.
Doch das Interesse der Polen selber an den bunten Batterien hält sich in Grenzen. Geht es auf Silvester zu, rennen vor allem Deutsche dem Pyrobunker die Türen ein. Sie decken sich mit Raketen und neuerdings auf illegalen Wegen auch mit Kugelbomben ein, mit denen sie sich und anderen dann auf Berliner Straßen Hände und Füße wegsprengen. Blöder geht's kaum.
Warmknallen Tage vor Silvester
Während sich in Berlin Hobby-Feuerwerker schon in den Tagen vor Silvester warmknallen und in den sozialen Medien ihre Schatzkisten mit Sprengwerk zeigen, haben wir in Polen einen friedlichen Jahreswechsel erlebt.
Das Feuerwerk am Strand von Soppot, dem Seebad nahe Danzig, war beeindruckend anzusehen, leuchtende Raketen stiegen von der Wasserkante aus gezündet, in den Himmel, die Zuschauer staunten und schwenkten Wunderkerzen. Nach einer halben Stunde war das Spektakel vorbei. Gegen ein Uhr hörte ich den letzten Böller, am ganzen Abend nur einmal einen Rettungswagen.
Am ersten Januar war im polnischen TV der schlimmste Aufreger eine Flasche, die in Stettin auf einen Rettungswagen geworfen wurde. Eine Scheibe ging zu Bruch. Auch in größeren Städten wie Warschau verlief die Silvesternacht ruhig und sicher, wie die Polizei mitteilte. Nur in wenigen Fällen verletzten sich im Nachbarland Menschen beim Hantieren mit Feuerwerk.
In Danzig selber war noch am 31. Dezember nur ein winziger Stand mit Pyrotechnik in der Altstadt aufgebaut gewesen, nur eine Handvoll Menschen blieben stehen und kaufte Raketen.

„Wir haben beim Umgang mit Feuerwerk eine andere Kultur als die Deutschen“, sagt, der professionelle Pyrotechniker Bartosz Ambrożkiewicz dem Tagesspiegel. Was in Berlin passiert sei, sei schrecklich. Warum bloß läuft seit einigen Jahren die Silvesterknallerei in Berlin so aus dem Ruder, dass man flüchten muss?
Es gibt für mich zwei Theorien zur anderen Kultur der Deutschen im Umgang mit Feuerwerk. Erstens, die Knallfreunde sind wie Kinder, die zu Hause nie Süßigkeiten essen dürfen. Wenn sie bei anderen zu Besuch sind, schlagen sie hemmungslos zu und sich den Bauch voll. Wer das ganze Jahr auf die eine große Knallerei hinfiebert, schlägt leichter über die Stränge. Das Stichwort zur Lösung hieße hier Entzauberung durch Gewöhnung. Doch für Teile der Berliner Knallköpfe ist das sicher keine Lösung.
Harte Strafen für Missbrauch von Feuerwerk
Die zweite Theorie beinhaltet im Wesentlichen ein anarchisches Element. In Berlin wird es von kleinen Bevölkerungsteilen auch am ersten Mai ausgelebt. Bei einem Böllerverbot, wie es jetzt diskutiert wird, träfe man die renitenten Böller-Chaoten aber gemeinsam mit dem Puff-Peng-Papa, der mit Sohnemann zwei Raketen steigen lassen will,
Die Renitenten, die das Knallen als Angriff auf Staatsorgane wie Feuerwehr und Polizei mit Lust zelebrieren, werden mit einem Verbot noch mehr Nervenkitzel spüren. Der einzige Vorteil eines flächendeckenden Verbots wäre, dass die Polizei ihre Pappenheimer dann auf Anhieb erkennen könnte.
Böllerverbot durchsetzen
Die schmerzhaften Strafen müssten allerdings, um wirklich abzuschrecken, auf dem Fuße folgen. Wer Raketen oder gar Kugelbomben auf Menschen feuert oder Verletzungen anderer in Kauf nimmt, sollte in Gewahrsam und ohne Wunderkerzen das neue Jahr beginnen. Solange wir in Berlin noch um den richtigen Umgang mit Feuerwerk und seinen offensichtlich frustrierten Missbrauchern ringen, genießen wir jedenfalls anderswo verantwortungsvollen Umgang mit Pyrotechnik.
Liebe Leser, was sagen Sie zu einem Böllerverbot? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften! ■