Lange schon wurde spekuliert, jetzt wird aus der Spekulation Wirklichkeit: Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hat Bahnchef Richard Lutz gefeuert. Oder wie es gesichtswahrend heißt: Er muss vorzeitig seinen Posten räumen. Sein Vertrag lief noch bis 2027. Mit dem neuen Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) lief es jedoch von Anfang an nicht rund.
Gleich gehen darf Lutz aber nicht. Er muss weitermachen, bis ein Nachfolger gefunden ist. Eine Bahn-Sprecherin teilt mit: „Dr. Richard Lutz wird weiterhin geschäftsführend zur Verfügung stehen, bis die Nachfolge an der Spitze der Deutschen Bahn AG geregelt ist.“ Finanziell wird der Ex-Bahnboss auch gut fahren. 2024 strich er 2,1 Millionen ein. Der vorzeitige Jobverlust dürfte also mit einer Millionenabfindung versüßt werden.
Die Bilanz des scheidenden Bahnchefs ist miserabel
Seit Beschluss des Koalitionsvertrags galt Lutz als angezählt. Der Vereinbarung von Union und SPD sieht „eine Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand“ des DB-Konzerns vor. Der Satz ließ Interpretationsspielraum - der Zusatz, Ziel der Neuaufstellung sei es, „mehr Fachkompetenz abzubilden“, wurde jedoch als Affront gegenüber dem Bahn-Vorstand gewertet.
Die Bilanz des scheidenden Bahn-Chefs ist niederschmetternd. Die Infrastruktur in weiten Teilen marode, die Pünktlichkeit im Fernverkehr stürzte von 78,5 Prozent im Jahr 2017 (da wurde Lutz Vorstandsvorsitzender) auf 62,5 Prozent im vergangenen Jahr ab.
Auch der weiteren Verschuldung des Konzerns konnte Lutz bislang keinen Einhalt bieten. Sie sank zuletzt vor allem durch den politisch beschlossenen Verkauf der DB-Logistik-Tochter Schenker.
Auch ein massiver Ausbau des Verwaltungsapparats der Deutschen Bahn fällt in die Amtszeit des scheidenden Bahn-Chefs. Hier soll nun drastisch gespart werden, Stellen werden nicht nachbesetzt, tausende fallen weg. Andere Sparmaßnahmen bei der Bahn wie die Abschaffung der Familienreservierung im Fernverkehr sorgten zuletzt für scharfe Kritik.
Deutsche Bahn: Aber Bonuszahlungen in Millionenhöhe gab es
Unmut kam Ende 2023 auf, als der Bahn-Vorstand sich trotz miserabler Kundenzufriedenheits- und Pünktlichkeitswerte Bonuszahlungen in Millionenhöhe auszahlen ließ. Begründet wurde dies damit, dass in anderen Bereichen – etwa der Frauenquote in den Chefetagen der Bahn und bei der Mitarbeiterzufriedenheit – die Konzernziele übererfüllt wurden. Während der Fußball-EM im Sommer 2024 in Deutschland spottete das Ausland genüßlich über die Unzuverlässigkeit des deutschen Staatskonzerns, die die Fans oft verspätet zu den Stadien brachte.

Lutz, Jahrgang 1964, stammt aus einer Eisenbahnerfamilie. Er studierte Betriebswirtschaftslehre und promovierte 1998. Beruflich bei der Bahn gestartet hatte er bereits 1994. Bis 2010 hatte er verschiedene Positionen im Finanzbereich des Konzerns inne, bevor er als Zuständiger für diesen Bereich in den Vorstand berufen wurde.