Es ist wieder so weit: Am 8. März lassen wir unsere Frauen hochleben. Wer das Glück hat, in Berlin zu arbeiten, hat in der Hauptstadt seit fünf Jahren am Frauentag sogar frei. Aber für DDR-Eisstar Christine Stüber-Errath (67) bedeutet dieses Datum noch viel mehr. Denn ihr Frauentag ist richtig Gold wert – und das seit genau 50 Jahren! Warum? Das erzählt sie uns im KURIER.
Wir sind vor den Toren Berlins bei Christine Stüber-Errath zu Besuch. Sie führt uns in ein kleines Zimmer, das voller Erinnerungen an ihre große Zeit als Eiskunstläuferin ist. Fotos mit ihr auf dem Eis, Schlittschuhe von damals, dazu viele Geschenke von Fans.
Mitten auf dem Schreibtisch liegt eine Goldmedaille, die mehr als nur eine glänzende Erinnerung ist. Das runde Edelmetall ist das Zeugnis ihres größten sportlichen Triumphs, als Christine Stüber-Errath am 8. März 1974 in München Weltmeisterin im Eiskunstlaufen wurde. Sie ist bis heute die einzige Berliner Eiskunstläuferin, die so einen Titel jemals holte. Doch das gewonnene WM-Gold am Frauentag vor 50 Jahren musste sich die damals 17-Jährige hart erkämpfen.

Christine Stüber-Errath erzählt, wie sie an jenem Tag die Olympiahalle von München betrat. „Das war atemberaubend: Eine Halle mit einem Fassungsvermögen von über 15.000 Zuschauern. So etwas gab es im Eiskunstlaufen damals nur in Amerika“, sagt sie. „Und die Titel-Favoritin Dorothy Hamill kam ja aus den USA. Das war schon ein besonderer Druck.“

Dabei muss sich die DDR-Sportlerin gar nicht verstecken. Das Publikum applaudiert nicht nur Hamill zu, auch Errath, der „Kleenen aus Hohenschönhausen“, die vom dortigen SC Dynamo Berlin kommt und die drei Wochen zuvor in Zagreb den EM-Titel gewonnen hatte. Ihre WM-Kür in München will sie mit einem komplizierten Sprung beginnen. „Mit dem dreifachen Toeloop, den ich schon zuvor bei der Europameisterschaft als eine der ersten Eiskunstläuferinnen der Welt erfolgreich sprang“, sagt sie.
Das will Errath nun bei der WM wiederholen, um Weltmeisterin zu werden. „Der Dreifache Toeloop kam in der Kür gleich an zweiter Stelle.“ Sie setzt alles auf eine Karte, springt – und stürzt. „Es war ein Schockmoment. Gleich zum Beginn der Kür schien alles verloren.“ Die harte Trainingsarbeit eines ganzen Jahres für diese Vierminuten-Kür schien umsonst gewesen zu sein. „Fast täglich hatte ich fünf bis sechs Stunden trainiert.“

DDR-Eisstar Christine Stüber-Errath: Am Frauentag vor 50 Jahren erkämpfte sie ihren größten Triumph
Doch Errath denkt nicht darüber nach. Sie spürt, wie in ihrem Körper neue Energie aufsteigt. Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde steht die junge Läuferin wieder auf dem Eis und macht weiter. Sie will gewinnen, jetzt erst recht. „Man darf nicht aufgeben, auch wenn man am Boden liegt.“
Errath weiß, noch einen Fehler darf sie sich nicht leisten, sonst ist alles vorbei. Es passieren keine Fehler. Sie hat die Kraft, selbst den schwierigen Doppel-Axel-Sprung zu meistern. Nach der Kür fliegen Blumen aufs Eis. Die DDR-Eisprinzessin ist die neue Weltmeisterin.

„Es war ein knapper Sieg“, sagt Christine Stüber-Errath heute. „Obwohl ich beim Dreifachen Toeloop gestürzt bin – ich glaube, mein Risiko, ihn zu wagen, wurde von den Kampfrichtern belohnt.“
Stolz betrachtet die 67-Jährige ihre Weltmeisterschaftsmedaille, die im Nachhinein noch mehr als Gold wert ist. Denn sie hat an jenem Frauentag das Leben von Christine Stüber-Errath verändert. „Denn die Medaille erinnert mich stets daran, dass man für seinen Erfolg im Leben kämpfen muss, selbst dann noch, wenn bereits die Niederlage droht und ein Sieg unerreichbar scheint“, sagt sie. „So, wie es mir damals passierte. Es ist nicht schlimm hinzufallen, man muss nur wieder aufstehen können. Das ist zu meinem Lebensmotto geworden.“

Mut haben, auch wenn etwas unmöglich scheint: „Vor dieser Situation stand ich auch Ende 1975. Da hatte ich mir beim Training den rechten Fuß verletzt – ausgerechnet elf Wochen vor den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck. Ich musste mit dem kaputten Fuß ins Krankenhaus. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen war für mich theoretisch gelaufen“, sagt Christine Stüber-Errath.
DDR-Eisstar Christine Stüber-Errath: „Mit einem starken Willen ist alles zu schaffen“

Auch hier gibt sie nicht auf. „Kaum aus dem Krankenhaus heraus, begann ich wieder mit dem Training. Ich packte meinen geschwollenen Fuß in einen Eimer voller Eis, damit er abschwillt und in den Schlittschuh passt.“ Die Qualen und die Mühen haben sich gelohnt – die Eiskunstläuferin erkämpft sich die olympische Bronzemedaille.
„Mit einem starken Willen ist alles zu schaffen“, sagt Christine Stüber-Errath rückblickend. Mit fünf Jahren fing sie mit dem Eiskunstlaufen an. „Als ich neun war, wusste ich, dass ich Europameisterin werden will.“ Dreimal holte sie den EM-Titel, errang den Olympia-Erfolg und wurde vor 50 Jahren mit 17 Weltmeisterin.
Von diesen Geschichten, die Mut machen sollen, erzählt die Sportlerin und Autorin auch auf ihren Lesungen zu ihrem Buch „Meine erste 6,0“. Am 8. März ist Christine Stüber-Errath damit in der Stadtbibliothek in Wildau zu erleben, die leider schon ausgebucht ist. Aber eine Zusatzveranstaltung ist geplant, sagt sie.