BGH soll entscheiden

Wegen Behördenfehler: Familie aus Rangsdorf soll aus ihrem Haus raus

Der Fall sorgte für Schlagzeilen: Weil eine Behörde schlampte, soll eine Familie ihr Haus in Rangsdorf wieder abreißen lassen und das Grundstück an den Erben zurückgeben.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Um das Haus in Rangsdorf entstand ein Rechtsstreit. Die Familie ersteigerte das Grundstück. Dann meldete sich der eigentliche Eigentümer.
Um das Haus in Rangsdorf entstand ein Rechtsstreit. Die Familie ersteigerte das Grundstück. Dann meldete sich der eigentliche Eigentümer.Anikka Bauer

Das ist die unglaubliche Geschichte einer Familie, die im guten Glauben in Rangsdorf ein Grundstück ersteigert hat und sich darauf ihr Traumhaus baute. 2012 zog die Familie ein. Doch eine Behörde hatte vor der Versteigerung nicht ausreichend nach dem eigentlichen Eigentümer der Immobilie gesucht. Der forderte sein Grundstück zurück und bekam in den ersten Instanzen recht. Die Familie muss das Haus abreißen und das Areal räumen, und sogar Geld an den Eigentümer zahlen, weil sie das Grundstück so lange genutzt hat. Eine letzte Chance ist ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs, den die Familie anrief. Am Freitag wird verhandelt.

15 Jahre lang lebte Familie Walter in dem Glauben, sie würden hier in Rangsdorf alt. Doch dann kam alles anders. Auf dem tausend Quadratmeter großen Grundstück in Rangsdorf südlich von Berlin stand eine Laube, der Rest war verwildert.

Erbe wusste nichts von der Zwangsversteigerung

1993 wurde es an einen US-Bürger vererbt, nachdem dessen Großtante gestorben war. Der Erbe lebt nicht in Deutschland. Da auf dem Grundstück noch Schulden lasteten, wurde ab 2008 die Zwangsversteigerung betrieben. Der Eigentümer wusste davon aber nichts, denn das Amtsgericht Luckenwalde gab ihm nicht Bescheid. Es benachrichtigte lediglich einen Rechtsanwalt als Vertreter, weil der Aufenthaltsort des US-Bürgers nicht bekannt sei. Ein fataler Fehler.

Die Familie will nichts unversucht lassen, um ihr Haus nicht abreißen zu lassen.
Die Familie will nichts unversucht lassen, um ihr Haus nicht abreißen zu lassen.Anikka Bauer

Im Jahr 2010 erhielten die Walters, ein Paar mit zwei Kindern, den Zuschlag und ersteigerten so das Grundstück. Die Familie ließ das Wochenendhaus, das dort stand, abreißen und baute sich ein Wohnhaus. Sie nahm dafür 280.000 Euro als Kredit auf. Im August 2012 zog sie ein.

Finanzamt hatte die Adresse des Eigentümers

Als er von der Zwangsversteigerung erfuhr, wandte sich der US-Bürger an das Landgericht Potsdam und beantragte, den Zuschlag wieder aufzuheben. 2014 bekam er teilweise recht. Das Landgericht erklärte, dass das Amtsgericht nach ihm hätte suchen müssen – immerhin stand er im Grundbuch, und das Finanzamt habe eine Adresse von ihm gehabt.

Es begann ein langer Rechtsstreit. Eine Klage der Familie in Potsdam und eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe hatten keinen Erfolg. 2020 sprach das Landgericht dem Eigentümer außerdem eine Summe von 28.000 Euro zu, weil die Familie das Grundstück über Jahre nutzte.

Im Juni 2023 schließlich entschied das Oberlandesgericht in Brandenburg an der Havel, dass diese Summe zwar auf 6000 Euro reduziert wird. Die Familie müsse aber innerhalb eines Jahres wegziehen und ihr Haus abreißen lassen. Das Urteil machte bundesweit Schlagzeilen. Das Oberlandesgericht ließ keine Revision zu. Die Familie beschwerte sich deswegen beim BGH. Dieser ließ die Revision zu, weil sie grundsätzliche Bedeutung habe. Nun wird verhandelt.

Der Anwalt des Eigentümers ließ zuvor über seinen Anwalt erklären, dass der ursprüngliche Eigentümer unter keinen Umständen bereit sei, das Grundstück zu verkaufen. Brandenburgs damalige Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) hatte vor einem Jahr im Rechtsausschuss des Landtags angekündigt, dass das Land die Familie wegen des Fehlers des Amtsgerichts entschädigen werde. Auch die Kosten für die Anrufung des BGH werden vom Amt übernommen. Denn die junge Familie kämpft weiter. Sie will kein Geld, sondern ihr Haus behalten. ■