Der Countdown läuft! Am Freitag (11. April) startet in Berlin der Abriss der maroden Ringbahnbrücke – ein gigantisches Projekt mit spektakulären Ausmaßen. Doch hinter den Bauzäunen stellen sich Fragen, die man sich beim Blick auf die S-Bahn-Gleise selten stellt: Wie genau wird eine 240 Meter lange Autobahnbrücke rückgebaut? Und was passiert mit den zehntausenden Tonnen Beton, aus denen sie besteht?
Ringbahnbrücke in Berlin: Ein Koloss wird zerlegt
Die Brücke, die bisher über die Ringbahn führte, wiegt unglaubliche 10.000 Tonnen – vor allem Beton, dazu jede Menge Metall. Für den Rückbau bleibt nicht viel Zeit: Bis Ende des Monats soll die Ringbahnbrücke Geschichte sein. Ab dem 28. April soll der Verkehr auf dem Berliner S-Bahn-Ring wieder komplett rollen.
Prof. Dr. Steffen Marx, Direktor des Instituts für Massivbau der TU Dresden, kennt sich mit solchen Mega-Projekten aus – und auch mit ihren Risiken. Er untersuchte unter anderem den Einsturz der Dresdner Carolabrücke. Was den Berliner Brückenabriss so besonders macht? „Die entscheidende Frage ist immer: Wie kann das Bauwerk möglichst schnell, emissionsarm und ohne Gefährdung der Umgebung entfernt werden?“, sagt der Bau-Experte im Interview mit der B.Z..

Rückbau der Ringbahnbrücke statt Sprengung
In Berlin wird auf eine Sprengung verzichtet. Stattdessen kommt der sogenannte „ingenieurmäßige Rückbau“ zum Einsatz – die Brücke wird sozusagen in umgekehrter Reihenfolge wieder abgebaut. Betonfräsen und riesige Abrisszangen zerkleinern den Beton Stück für Stück.
Doch wohin mit all dem Material? Überraschung: Der meiste Beton landet nicht auf der Müllkippe, sondern wird recycelt. „Dieser Beton wird in der Regel als Unterbaumaterial im Straßenbau oder als Verfüllmaterial in Bauwerken wiederverwendet“, erklärt Marx. Auch das enthaltene Metall wird weiterverwertet – nur ein kleiner Teil wandert als konventioneller Bauabfall auf die Deponie.
Günstig ist der Rückbau nicht: Marx schätzt die Kosten auf etwa einen zweistelligen Prozentsatz des Neubaus. Genauer wird er nicht. Doch er betont auch: „Grundsätzlich sollten wir nicht von Müll sprechen, sondern von einer Ressource.“ Angesichts knapper Deponieflächen und steigender Entsorgungskosten ist Recycling längst keine Option mehr, sondern ein Muss.

Ärger mit der Ringbahnbrücke ist Preis der Vernachlässigung
Was der Einsturz der Carolabrücke gezeigt hat, ist für Marx eine klare Warnung: „Wir dürfen Brücken nicht ohne jede Pflege bis zum endgültigen Verschleiß nutzen.“ In Deutschland werde oft zu spät saniert – und dann neu gebaut, was teuer und riskant sei. Länder wie die Schweiz seien hier Vorbild: „Dort gilt der Grundsatz, dass zuerst Erhaltung und Instandhaltung erfolgen, dann die Erneuerung im Bestand und erst am Ende eine komplette Erneuerung.“
Auch wenn es im Hochbau bereits Alternativen wie Holz gibt: Für Autobahnen und Brücken führt an Beton kein Weg vorbei. „Aber im Bereich des Boden- und Straßenbaus wäre es unrealistisch, auf solche Werkstoffe zu setzen. Dort benötigen wir mineralische Baustoffe mit hoher Dauerhaftigkeit“, sagt Marx. Die Herausforderung für die Zukunft sei klar: klimaneutraler Zement und eine konsequente Kreislaufwirtschaft.