Die KURIER-Fluglärm-Debatte

BER-Flugrouten verändert? Nicht nur in Hohenschönhausen lärmt es wieder

Fluglärm, wo keiner seit der Tegel-Schließung mehr sein sollte: Viele Berliner meldeten sich beim KURIER und berichten aus ihren Kiezen, wo nun wieder Flugzeuge am Himmel auftauchen. 

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Ein Flugzeug am Berliner Himmel: Offenbar werden nun auch Stadtgebiete überflogen, wo kein Flieger mehr auftauchen sollte.
Ein Flugzeug am Berliner Himmel: Offenbar werden nun auch Stadtgebiete überflogen, wo kein Flieger mehr auftauchen sollte.Phototek/imago

Eigentlich müsste es am Himmel über Berlin etwas ruhiger geworden sein. Denn mit der Schließung des Flughafens Tegel vor fast vier Jahren fielen so manche Flugrouten über der Hauptstadt weg. Doch plötzlich wird nun in Gebieten wieder vermehrt Fluglärm registriert, wo eigentlich keiner sein sollte. Etwa im Lichtenberger Ortsteil Hohenschönhausen, wo jetzt Maschinen von und nach dem BER in Schönefeld für Krach sorgen. Nachdem dem KURIER-Bericht meldeten sich viele Berliner und klagen: „Auch über unsere Kieze donnern wieder Flugzeuge! Hohenschönhausen ist kein Einzelfall!“

Werden die vorgeschriebenen BER-Flugrouten nicht mehr eingehalten? Das wollten im Fall Hohenschönhausen die CDU-Abgeordneten Martin Pätzold und Danny Freymark vom Berliner Senat wissen. In der Antwort wurde dazu die Deutsche Flugsicherung (DFS) zitiert.

Die DFS erklärte sinngemäß, dass keine BER-Flugrouten über Hohenschönhausen führen. Aber die Lotsen hätten in den vergangenen Wochen am BER landende Maschinen über den Lichtenberger Ortsteil geführt, um bei heftigen Gewittern Luftfahrzeuge um die Gewitterzellen herumzuführen „oder sie auf einen verkürzten Endanflug zu leiten“. Alles nur Sonderfälle, wenn es am Hauptstadt-Himmel donnert und blitzt?

„Absoluter Blödsinn“, sagen die Berliner, die sich aufgrund des KURIER-Berichtes meldeten. Sie schildern ganz konkret, wie es auch in anderen Teilen Berlins wieder am Himmel laut geworden ist.

„So ist hier in Weißensee ebenfalls deutlich und kontinuierlich wieder mehr Fluglärm wahrzunehmen – und nicht nur bei Sonderwetterlagen“, schreibt Michael Karachouli. „Konkret sind das Triebwerkgeräusche und das auch abends bis nach 23 Uhr. Gut, es ist nichts im Vergleich zum Tegeler Betrieb, aber dennoch verstörend.“

Leserin Monika Bielke ist froh, dass der KURIER das Thema aufgegriffen hat. „Endlich kann man mal seine Meinung über die Flugrouten äußern. Danke!“, schreibt sie und teilt mit: „Hier in Friedrichsfelde-Ost und Biesdorf Nord überfliegen regelmäßig die Maschinen unser Wohngebiet. Bei Ostwind starten sie über den Müggelsee und wenden dann in Richtung Westen über Marzahn und auch Hohenschönhausen. Und bei Westwind befindet sich die Landeroute auch über Marzahn und Biesdorf Nord in Richtung Strausberg, um dann zum Wenden nach Schönefeld zu fliegen.“

Monika Bielke ist enttäuscht: „Wir haben gehofft, dass der regelmäßige Fluglärm von Tegel uns nun nicht mehr berühren würde, aber die gleiche Situation ist jetzt mit dem BER vorhanden.“

Auch am Seepark in Karlshorst-Süd ist offenbar plötzlich Fluglärm zu vernehmen, wie KURIER-Leser Stephan Müller schreibt. „Je nach Windrichtung fliegen Flugzeuge in niedriger Höhe über unseren Stadtteil. Dies war unter Tegel nicht der Fall. Laut Flugrouten liegt Karlshorst in keiner Flugschneise.“

Fluglärm in Berlin: Im Internet kann man die wahren Flugrouten genau nachvollziehen

Ein Airbus A380 fliegt über Berlin-Tempelhof: Das geschah 2008 während der ILA mit Sonderrechten.
Ein Airbus A380 fliegt über Berlin-Tempelhof: Das geschah 2008 während der ILA mit Sonderrechten.Olaf Wagner/imago

Im Internetportal „Flightradar24“ könne man das genau nachvollziehen: „Startende Flugzeuge mit Flugrichtung West bei Ostwind von der Nordbahn sollten eigentlich Berlin gegen den Uhrzeigersinn umfliegen. Stattdessen lassen sich die Piloten (ich habe einige im Bekanntenkreis) aus Kosten- und Zeitgründen von der Flugsicherung eine Freigabe erteilen, knicken nördlich des Müggelsee nach West bzw. Südwesten ab und überfliegen das Berliner Stadtgebiet. Ähnlich verhält es sich bei Flugzeugen bei Westwind und der Nordbahn Richtung Norden“, so Müller.

Nein,  Hohenschönhausen ist kein Einzelfall, erklärt auch KURIER-Leser Wolfgang Marciniak und berichtet, was bei ihm in Reinickendorf passiert. „Wir wohnen seit 2005 etwas nördlich vom Märkischen Viertel und sahen die aus Ost nach Tegel einschwebenden Maschinen.“ Nun sind die Maschinen wieder da.

„Vor langer Zeit begannen die Überflüge meist aus Nord -West nach Süd-Ost teilweise direkt über den Wohnhäusern“, berichtet Marciniak. Bei seinen Anfragen an den Bezirk Reinickendorf wie auch an die Senatsverwaltung habe er als Antwort bekommen, dass man dafür „nicht zuständig“ sei.

Antwort habe er aber von der Deutschen Flugsicherung erhalten, auch wenn man „auf unsere konkreten Fragen nicht einging“. „Die Einflugschneise sei doch über Spandau-Wedding-Seestraße quer über die Stadt und nicht in Norden, so deren Antwort. Danach notierten wir mal die Maschinen, die einerseits deutlich zu sehen waren und zusätzlich im Flightradar24-Portal mit vielen Details angezeigt werden.“

Die Ergebnisse schickte der Leser vor wenigen Wochen an die Flugsicherung. „Darauf meldete sich am 16. Juli ein Herr von der zuständigen Flugleitung. In dem fast 25-minütigen Telefonat konnte auch er nicht alles beantworten. So stellte ich ihm die Frage, welche Maschine am 13. Juli gegen 20.30 Uhr direkt über dem Bebel-Platz beim Konzert ,Oper für alle‘ geflogen sei. Er hatte keine Einträge dazu.“

Eine Maschine über dem Märkischen Viertel im Landeanflug: So war es 2010, als es noch den Berliner Flughafen Tegel und die Air Berlin gab. Jetzt tauchen über der Siedlung wieder Flugzeuge auf.
Eine Maschine über dem Märkischen Viertel im Landeanflug: So war es 2010, als es noch den Berliner Flughafen Tegel und die Air Berlin gab. Jetzt tauchen über der Siedlung wieder Flugzeuge auf.Hohlefeld/imago

„Auch wir mussten leider feststellen, dass sich die Flugrouten geändert haben müssen“

Dreht denn da nun wirklich jemand an den festgelegten Hauptstadt-Flugrouten? „Auch wir mussten leider feststellen, dass sich die Flugrouten geändert haben müssen“, schreibt KURIER-Leserin Ilse Brückner. „Wir haben in Französisch Buchholz seit geraumer Zeit deutlich mehr Überflüge als nach der Tegel-Schließung.“

Was hier Berliner schildern, bedarf konkrete Antworten seitens des Senates und der Deutschen Flugsicherung. Der KURIER bleibt jedenfalls an dem Thema dran.

Aber auch die CDU-Abgeordneten Pätzold und Freymark. Denn auch sie geben sich nicht mit den erhaltenen Antworten zufrieden, die sie auf ihrer Hohenschönhausen-Fluglärmanfrage vom Senat und der DFS erhielten.

„Wir legen noch einmal nach“, sagte Pätzold. Freymark und er hätten ebenfalls ähnliche Reaktionen und Lärmmeldungen aus mehreren Berliner Ortsteilen erhalten – so wie der KURIER. „Aufgrund dieser Informationen werden wir nun eine nächste Senatsanfrage stellen“, sagte Pätzold dem KURIER. Man darf schon jetzt auf die Antwort gespannt sein.

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