Berliner Beißstatistik

Aggro auf vier Pfoten – wo Berlins Hunde besonders oft zubeißen

523 verletzte Menschen, 357 gebissene Hunde – Berlins neue Statistik zeigt: Die Gefahr lauert nicht nur bei Kampfhunden.

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Dass ein Hund gut an der Leine läuft, muss trainiert werden. Auf keinen Fall darf er beißen.
Dass ein Hund gut an der Leine läuft, muss trainiert werden. Auf keinen Fall darf er beißen.imago

Die Zahl der Hundebissverletzungen in Berlin ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen. Doch die Gefahr durch aggressive Vierbeiner bleibt bestehen – besonders an einigen Brennpunkten der Hauptstadt. Während insgesamt weniger Menschen gebissen wurden als noch 2023, geben dramatische Einzelfälle und auffällige regionale Häufungen weiter Anlass zur Sorge.

Ein besonders brisanter Fall ereignete sich kurz vor dem Jahreswechsel in Marzahn, schreibt die Berliner Morgenpost. Auf einem Innenhof an der Mehrower Allee geriet ein Schäferhund außer Kontrolle. Zunächst wurde eine Polizistin von dem Tier in den Arm gebissen. Wenige Stunden später musste die Polizei erneut anrücken: Der Hund war nur notdürftig an einen Ast gebunden und reagierte panisch auf das Silvesterfeuerwerk. Vom Halter fehlte jede Spur. Als das Tier sich schließlich losriss und auf die Einsatzkräfte zustürmte, blieb diesen keine andere Wahl – sie erschossen den Hund.

Solche Extremfälle bleiben zwar Ausnahmen, doch die Statistik zeigt: Allein im Jahr 2024 wurden in Berlin 523 Menschen von Hunden verletzt – davon 77 schwer, 446 leichter. In 97 Fällen wurde zudem ein „gefährliches Anspringen“ registriert, das zwar nicht immer zu Bisswunden führt, aber dennoch mit erheblichen Risiken verbunden ist. Auch unter den Tieren selbst bleibt es nicht friedlich: 357 Hunde wurden von Artgenossen attackiert und verletzt.

Vergleicht man diese Zahlen mit dem Vorjahr, zeigt sich ein leichter Rückgang: 2023 wurden noch 105 Menschen schwer und 510 leicht verletzt. Damit liegt die Zahl der schwer verletzten Personen seit Jahren konstant knapp über oder unter der 100er-Marke, während die leichteren Verletzungen meist um die 500 schwanken.

Die aktuellen Daten stammen aus der Antwort der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Abgeordneten Iris Gertig und Alexander J. Hermann. Und der Senat kündigt bereits an: Die Verantwortung der Hundehalter soll künftig stärker in den Fokus rücken.

Tempelhofer Feld ein Hotspot für Beißvorfälle

Trotz des Rückgangs bleibt das Thema brisant, nicht zuletzt wegen schwerer Vorfälle mit Kindern. Besonders erschütternd war laut Morgenpost ein Fall im brandenburgischen Teupitz: Dort musste ein sechsjähriger Junge mit dem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik geflogen werden, nachdem ihn ein Hund ins Gesicht gebissen hatte. Solche Angriffe hinterlassen nicht nur körperliche, sondern oft auch seelische Narben – und werfen die Frage auf, wie sicher der Umgang mit Hunden wirklich ist.

Ein Schäferhund als Waffe: Das kommt selten vor. Eher passiert es, dass Schäferhunde zuschnappen.
Ein Schäferhund als Waffe: Das kommt selten vor. Eher passiert es, dass Schäferhunde zuschnappen.imago

In Brandenburg insgesamt werden zwar weniger Hundebisse gemeldet als in Berlin, doch auch in der Hauptstadt ist nicht jeder Halter in der Lage, sein Tier zu kontrollieren. So sorgte im Sommer ein Vorfall auf dem Tempelhofer Feld für Aufsehen: Ein kleiner schwarzer Hund hatte sich gleich mehrfach aggressiv gezeigt – erst biss er einen anderen Hund, dann dessen Besitzer, als dieser dazwischengehen wollte. Der Halter blieb unauffindbar, und betroffene Tierfreunde warnten online vor dem Tier.

Dass gerade das Tempelhofer Feld zu einem Hotspot für Beißvorfälle geworden ist, könnte an der intensiven Nutzung der weiten Freifläche für den Hundeauslauf liegen. Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg wurden im vergangenen Jahr 70 Menschen durch Hunde verletzt – zwei davon schwer.

Dicht dahinter folgt Steglitz-Zehlendorf mit 65 Bissverletzungen. Besonders auffällig ist jedoch Treptow-Köpenick: Dort wurden 25 Menschen schwer und 15 leicht verletzt – ein Verhältnis, das berlinweit seinesgleichen sucht. Zum Vergleich: In Pankow wurden zwölf schwere und 44 leichte Verletzungen gemeldet, in Charlottenburg-Wilmersdorf sieben schwere und 33 leichtere. In den übrigen Bezirken bewegt sich die Zahl schwerer Verletzungen im einstelligen Bereich – bei rund 30 leichteren Vorfällen.

Deutsche Schäferhunde verursachten allein 22 Bissvorfälle

Interessanterweise spielt die Präsenz sogenannter Kampfhunde dabei keine dominante Rolle. In Treptow-Köpenick sind gefährliche Rassen wie Pitbulls, American Staffordshire Terrier oder Bullterrier laut Statistik nicht häufiger vertreten als anderswo.

Ein Mischling aus American Staffordshire und Pitbull Terrier. Kampfhunde führen die Beißstatistik zwar nicht an, sie fügen aber schwere Verletzungen zu.
Ein Mischling aus American Staffordshire und Pitbull Terrier. Kampfhunde führen die Beißstatistik zwar nicht an, sie fügen aber schwere Verletzungen zu.Marcus Brandt/dpa

Doch wenn sie zubeißen, sind die Folgen gravierender: Von 29 Bissen durch als gefährlich eingestufte Hunde endeten zehn mit schweren Verletzungen – das entspricht mehr als einem Drittel aller Vorfälle dieser Kategorie.

Neben diesen Rassen tauchen jedoch auch andere Hunde auffallend häufig in der Statistik auf. Deutsche Schäferhunde etwa verursachten allein 22 Bissvorfälle. Auch Labradore, Rottweiler, Französische Bulldoggen, Border Collies, Huskys und sogar Yorkshire Terrier wurden vermehrt als Angreifer registriert – ein Hinweis darauf, dass nicht nur die Rasse, sondern auch Erziehung, Haltung und Kontrolle durch den Besitzer entscheidend sind.

Vor diesem Hintergrund will der Berliner Senat Maßnahmen ergreifen, um die Halter stärker in die Pflicht zu nehmen. Diskutiert wird über verpflichtende Schulungen, strengere Leinenpflicht und gezieltere Kontrollen. Denn klar ist: Die Verantwortung liegt am anderen Ende der Leine – und dort wird oft zu wenig getan, um Eskalationen zu verhindern.

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