Die Berliner Verkehrsbetriebe müssen aufpassen. Wenn die Schlichtungsverhandlung im Tarifstreit in den kommenden Tagen scheitert, droht noch zu Ostern ein Dauerstreik bei der BVG. Doch ein unbefristeter Arbeitskampf, kaum begonnen, kann auch ganz schnell zu Ende sein. Denn ein Gerichtsbeschluss zwang Verdi gerade, mit einem Dauerstreik in einer anderen Branche Schluss zu machen.
Seit über einer Woche sitzt nun die Arbeitgeberseite der BVG mit der Gewerkschaft in der Schlichtung. Was sich hinter den Kulissen abspielt, ist schwer zu sagen. Beide Seiten haben sich auf eine Verschwiegenheitsklausel während der Gespräche geeinigt.
Fakt ist: Die einstigen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (Brandenburg, SPD) und Bodo Ramelow (Thüringen, Linke) sollen für eine Einigung sorgen. Knackpunkt: Verdi fordert 750 Euro mehr Monatsgehalt für die 16.600 BVG-Mitarbeiter. Die Arbeitgeberseite will das nicht.
Das Problem: Bis zum 10. April haben die Schlichter Zeit, um den Tarifstreit zwischen Arbeitgeberseite zu beenden. Scheitern sie, droht zu Ostern ein Dauerstreik bei der BVG. Denn die Belegschaft ist gewillt, Busse, Straßen- und U-Bahnen für längere Zeit in Berlin nicht rollen zu lassen. 95,4 Prozent der Verdi-Mitglieder in der BVG-Belegschaft hatten bei der Urabstimmung für einen Dauerstreik gestimmt.
Ein Zeichen der Stärke, mit dem Verdi bei der Schlichtung handeln kann. Denn eine 75-prozentige Zustimmung hätte bei der Dauerstreik-Urabstimmung gereicht. Dennoch muss die Gewerkschaft höllisch aufpassen. Denn die BVG kann mithilfe der Justiz die Dauerstreik-Pläne von Verdi ganz schnell zunichtemachen.
Nutzen für die BVG: So beendete Gericht Dauerstreik in Berlin
Vorbild könnte ein Dauerstreik sein, der am vergangenen Mittwoch bei der Charité begann. Die 3200 Mitarbeiter der Klinik-Tochter CFM (Charité Facility Management) fordern, dass sie genauso gut wie das Charité-Personal bezahlt werden. Die Frauen und Männer sind für Krankentransporte, Reinigung der Stationen und OP-Säle, sowie für Technik und Patienten-Verpflegung zuständig. Ohne sie droht Stillstand an Europas größter Klinik.

Das weiß man auch in der Chefetage der Charité-Tochter CFM. Gute Leute haben, aber sie mit weniger Geld abspeisen – und nun nehmen die Arbeitgeber ihnen auch noch das Recht, einen richtigen Dauerstreik zu machen. Vor Gericht bekam die CFM Recht.
Denn die Charité musste wegen des Dauerstreikes viele wichtige Krankenhausabläufe anders organisieren, was gar nicht so einfach ist, wenn es etwa während des Streikes keine vernünftigen Noteinsatzpläne gibt.
Genau darum ging es jetzt auch in dem Urteil des Berliner Arbeitsgerichtes. Es gab zwar den Streikenden recht, forderte allerdings die strikte Erfüllung von Notdienstplänen, so wie es bei Streiks an wichtigen Unternehmen wie Krankenhäuser üblich ist.
Am Freitag erging das Urteil – und Verdi blies zum Wochenende den Dauerstreik bei der Charité-Tochter ab. Warum? Die vom Gericht geforderte Einhaltung der Notdienste gehe weit über das hinaus, was für die direkte Patientenversorgung nötig ist, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Gisela Neunhöffer.
„Wir haben wegen der strikten Notdienstvereinbarung eine absurde Situation: In einigen Schichten sollen ausgerechnet während dieses Streiks mehr Kollegen eingesetzt werden, als das im Alltag oft üblich war“, sagte Neunhöffer dem Tagesspiegel. Also blies Verdi den Dauerstreik ab, behält sich kleinere Streiks vor und legte gegen den Gerichtsbeschluss Berufung ein.
BVG kann wie beim öffentlichen Dienst Dauerstreik verhindern
Auch die BVG könnte aus diesem Verfahren ihre Lehre ziehen und es mithilfe der Justiz schaffen, einen Dauerstreik zu stoppen. Oder man lässt es erst gar nicht so weit kommen und einigt sich mit der Gewerkschaft. So wie es am heutigen Sonntag im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes geschehen ist. Dort haben Gewerkschaften und Arbeitgeber (Bund und Kommunen) eine Einigung erzielt. Über 2,5 Millionen Beschäftigten sollen in zwei Stufen mehr Geld bekommen.






