Kein Tag ohne Chaos

Der Berliner Öffi-Wahnsinn: SO viel geht bei der BVG an einem Tag schief!

Bei Straßenbahn, Bus und U-Bahn gibt es täglich viele Verspätungen in Berlin. Ein interner Bericht nennt die Gründe: Baustellen, Staus, Falschparker, Krankmeldungen.

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Auch die Straßenbahnen in Berlin stehen oft im Stau. So wie hier in Friedrichshagen.
Auch die Straßenbahnen in Berlin stehen oft im Stau. So wie hier in Friedrichshagen.Christian Kielmann/Imago

Über die BVG wird schnell gemeckert. Wer in der Hauptstadt zu spät zur Arbeit kommt, weil der Bus mal wieder ausfällt, die Straßenbahn zu vollgestopft ist oder die U-Bahn einfach nicht einrollt, schiebt es natürlich direkt auf die Berliner Verkehrsbetriebe. Dabei sollte man sich vielleicht mal fragen, ob das BVG-Personal wirklich etwas dafür kann. In den meisten Fällen trifft das nämlich nicht zu, sagt die BVG! 

Tagesbericht zeigt: BVG kann oft nichts für Verspätungen

Ein interner Bericht für den 30. November, der der Berliner Zeitung vorliegt, zeigt den BVG-Alltag in Berlin. Hier wird deutlich, mit welchen Problemen Personal und Fahrgäste Tag für Tag in Berlin zurechtkommen müssen. Es ist „ein Einblick in den täglichen Wahnsinn, der zeigt, wie es um das Miteinander auf den Straßen bestellt ist“, betont ein BVG-Mitarbeiter. 

Das Wort „Wahnsinn“ trifft es wirklich ganz gut! Über nur einen Tag verteilt, gibt es zahlreiche Staus und Falschparker in Berlin, die allen das Leben schwer machen. Natürlich schießen in der Hauptstadt auch täglich neue Baustellen aus dem Boden, die Busse umfahren müssen. Dazu kommen noch die Kabeldiebe, die zuletzt wieder einen Riesenschaden angerichtet haben, und viele Krankmeldungen der Fahrer. 

Morgens stehen Busse direkt im Stau – Baustelle!

Baustellen betreffen auch oft Busse im Berliner Verkehr.
Baustellen betreffen auch oft Busse im Berliner Verkehr.Sabine Gudath

Der Morgen des 30. November beginnt direkt mit Bussen, die im Stau stehen. Allein im Bezirk Pankow stehen zwei Buslinien still. Die Busse 150 und 250 warten bis zu 25 Minuten lang. Schuld ist eine Baustelle. Busfahrern und ihren Fahrgästen bleibt nichts anderes übrig, als die Verspätungen in Kauf zu nehmen. Aber das ist in Berlin wohl der übliche Spaß: „Normaler Frühberufs- und Vormittagsverkehr ohne nennenswerte Vorkommnisse“, heißt es im Bericht der BVG.

Doch der frühe Nachmittagsverkehr ist dann durch „Verspätungslagen im Stadtgebiet“ geprägt. Das heißt: Auf Berlins Straßen sind viele Autos unterwegs, die den Bussen und Straßenbahnen immer wieder in die Quere kommen. Allein die Falschparker, die gerne mal Bushaltestellen blockieren, auf der Busfahrbahn stehen oder in zweiter Reihe parken, bringen an diesem Tag drei Verbindungen zum Erliegen! Betroffen ist unter anderem die Linie 114 im Südwesten der Stadt: Auf der Straße Am Großen Wannsee geht gar nichts, weil mehrere verkehrswidrig abgestellte Fahrzeuge die Weiterfahrt unmöglich machen! Eine „temporäre Linieneinstellung“ ist nötig.

Unfall und Stau sorgen für ätzenden Nachmittag: 22 Busse bleiben stecken!

Weiter geht es mit einem schleppenden Nachmittag. Unter anderem in der Schillstraße in Berlin-Tiergarten hat es gekracht. „Fremdverkehrsunfall“ steht im Report der BVG. Das heißt, kein Bus ist hier beteiligt, aber die Fahrgäste tragen die Folgen: Die Linien 100, 106 und 187 werden umgeleitet. An diesem Tag wird ein weiterer Crash den Busverkehr verlangsamen.

Auch die Straßenbahn ist zweimal von Verkehrsunfällen betroffen! Einmal um 15.04 Uhr in der Friedrichshainer Liebigstraße. Dort blockiert ein falsch geparktes Auto den Verkehr auf der Straßenbahnlinie 21 – immerhin für 17 Minuten.

Ansonsten ist der problematische Nachmittag der BVG vor allem von Staus durchzogen: Für diesen Donnerstag führt der Bericht insgesamt 22 Buslinien auf, auf denen die BVG-Fahrzeuge im Stau stecken bleiben. Verspätungen bis zu 30 Minuten müssen hier in Kauf genommen werden, unter anderem auf der Saalestraße in Neukölln, der Spandauer Straße in Staaken, der Neuendorfer Straße in Spandau, der Invalidenstraße in Mitte und der Blankenburger Chaussee in Pankow.

Falschparker und Co. bezeichnen schleppenden Abend

Falschparker auf Busspuren oder an Bushaltestellen können teilweise ganze Buslinien lahmlegen.
Falschparker auf Busspuren oder an Bushaltestellen können teilweise ganze Buslinien lahmlegen.Jürgen Ritter/Imago

Der Feierabendverkehr in Berlin ist natürlich auch bei der BVG spürbar. Besonders hart trifft es den Ersatzverkehr der U8, der sich noch bis Mitte Dezember durch Mitte schleppt: Hier kommt es zu Verspätungen über 45 Minuten. Der Grund: Erhöhtes Verkehrsaufkommen und Stau, unter anderem auf der Osloer Straße in Wedding.

Weil es auf der Kantstraße aufgrund von neuen Radfahrsteifen vielerorts nur noch einen Fahrstreifen gibt, stehen die Busse hier regelmäßig mit anderen Fahrzeugen im Stau. So auch an diesem Donnerstagabend: Busse der Linien M49 und X34 verspäten sich um bis zu 28 Minuten.

Zum Schluss rundet noch ein Falschparker den nervigen Abend ab: Weil er sein Fahrzeug im Wendebereich der BVG in der Waldsassener Straße in Marienfelde abstellt, müssen mehrere Linien vorerst eingestellt werden - ausgerechnet die stark frequentierten Busse der M77 und M82.

Kabeldiebstahl und Baustelle legen U6 lahm

Auf der U-Bahnlinie U6 kommt es zurzeit wegen Bauarbeiten und Kabeldiebstahls zu erheblichen Verspätungen.
Auf der U-Bahnlinie U6 kommt es zurzeit wegen Bauarbeiten und Kabeldiebstahls zu erheblichen Verspätungen.Jürgen Ritter/Imago

Ganz ätzend ist die Lage aktuell bei der U6, so auch am 30. November. Am schlimmsten sind die Effekte des Kabeldiebstahls, der seit dem 24. November Betriebseinschränkungen erfordert: Die U-Bahnen können auf der stark frequentierten Strecke in der Hauptverkehrszeit statt alle fünf nur noch alle zehn Minuten verkehren. Laut BVG-Bericht sind die Bahnen deshalb rappelvoll: „In der Hauptverkehrszeit kam es zeitweise zu einer Auslastung von 100 Prozent.“ Auf der wichtigen Strecke verspäten sich die U-Bahnen um bis zu 15 Minuten. Insgesamt 206 Fahrten fallen aus.

Personalmangel verlangsamt die BVG extrem

Der BVG mangelt es aktuell extrem an Busfahrern.
Der BVG mangelt es aktuell extrem an Busfahrern.Bernd Friedel/Imago

Insgesamt 548 Kurse fallen an diesem Donnerstag bei der BVG aus (mit 407 die meisten im Busverkehr). Zur Erklärung: Kurse umfassen in der Regel mehrere Fahrten. In 253 Fällen sind „personelle Gründe“ als Ursache verzeichnet, oft kurzfristige Krankmeldungen der Fahrer. Wie allgemein bekannt, fehlen der BVG Busfahrer! Deshalb wird es ab Mitte Dezember gezwungenermaßen auch eine Kürzung der Busverkehrsleistungen um sechs Prozent geben.

Pünktlichkeits-Soll nicht erfüllt!

Das Fazit zum 30. November fällt wenig überraschend negativ aus: Die BVG kann ihr Pünktlichkeits-Soll nicht einhalten! So müssten laut Vertrag mit dem Senat fast 88 Prozent der Busfahrten pünktlich ablaufen, doch am Ende sind es tatsächlich nur 84 Prozent. Bei der Straßenbahn liegt der Sollwert bei knapp 91 Prozent – an diesem Tag werden aber nur mit 81 Prozent erreicht. Die U-Bahn schafft ihr Ziel immerhin fast: Statt 98,6 Prozent werden 97 Prozent geschafft.

Schaut man sich an, womit die BVG täglich zu kämpfen hat, ist das Ergebnis doch gar nicht so schlecht. ■