Auch das noch!

Busse bei der BVG übervoll, doch der Fahrplan wird weiter zusammengestrichen – DAS ist der Grund

Für die Verkehrswende ist ein starker öffentlicher Nahverkehr erforderlich – doch in Berlin sieht sich die BVG zu einem tiefgreifenden Schritt gezwungen.

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Die Busse der BVG sollen künftig seltener fahren.
Die Busse der BVG sollen künftig seltener fahren.Jörg Carstensen/dpa

Gehören Sie auch zu den rund 2,8 Millionen Menschen, die in Berlin und Brandenburg täglich mit den Öffentlichen unterwegs sind? Sind Sie womöglich auf einen der völlig überfüllten Busse der BVG angewiesen? Dann gibt es jetzt schlechte Nachrichten: Die Busse werden künftig noch voller – oder fahren auf Ihrer Linie gar nicht mehr. Denn die BVG will – oder besser muss – ihr Angebot an Busfahrten deutlich ausdünnen.

Derzeit ist die BVG laut eigenen Angaben  täglich mit knapp 1600 Bussen in Deutschlands größtem Stadtbusnetz unterwegs und fährt hierbei auf insgesamt 1798 Kilometern Linienlänge 6589 Bushaltestellen an. Bald dürften diese Zahlen deutlich sinken.

6 Prozent weniger Busfahrten geplant

Schichtbetrieb, Dienste auch frühmorgens und mitten in der Nacht, immer wieder auch Auseinandersetzungen mit genervten Fahrgästen: Die Arbeitsbedingungen für Busfahrerinnen und Busfahrer sind nicht leicht. Im öffentlichen Personennahverkehr gibt es inzwischen einen akuten Mangel an Fahrern.

„Aktuell fehlen uns ungefähr 350 Fahrerinnen und Fahrer, um den Regelfahrplan abdecken zu können“, sagte BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt dazu in Berlin. Die Arbeitsmarktlage sei für die gesamte ÖPNV-Branche sehr angespannt, die Fluktuation gestiegen. Es gebe einen harten Wettbewerb um Fahrer, teils über die Löhne, teils auch über Prämien.

Mit der Fahrplanausdünnung will die BVG nun die Zahl „spontaner Ausfälle etwa wegen Krankmeldungen“ reduzieren und „wieder Verlässlichkeit ins System bringen“. Die Verkehrsbetriebe bieten bereits jetzt 2,5 Prozent weniger Buskilometer an als eigentlich vorgesehen. Nun werden gezielt 6 Prozent ausgedünnt.

Eine genaue Übersicht, welche Linien zu welchen Uhrzeiten ausgedünnt werden, gibt es noch nicht. Sie soll bis 14 Tage vor dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember vorliegen.

Voll im Bus? Die Berliner Verkehrsbetriebe müssen ihr Angebot an Busverbindungen weiter ausdünnen, weil derzeit ungefähr 350 Fahrerinnen und Fahrer fehlen.
Voll im Bus? Die Berliner Verkehrsbetriebe müssen ihr Angebot an Busverbindungen weiter ausdünnen, weil derzeit ungefähr 350 Fahrerinnen und Fahrer fehlen.Britta Pedersen/dpa

Die BVG will allerdings beruhigen, erklärt, dass die Fahrpläne vor allem außerhalb der Stoßzeiten angepasst werden sollen. „Anpassungen wird es vorrangig dort geben, wo das Netz besonders dicht ist“, teilte die BVG mit. Betroffen seien dann die eher von Touristen nachgefragten Linien 100, 200 und 300. Wo möglich, sollen größere Fahrzeuge eingesetzt werden.

BVG will Busse zu Schulen und Kliniken nicht einschränken

Große Schulstandorte oder Kliniken sollen unverändert gut angebunden bleiben. „Es werden weiterhin alle 6500 Halte regelmäßig angefahren“, betonte Erfurt.

Verkehrssenatorin Manja Schreiner bezeichnete die Ausdünnung als „ganz bittere Nachricht“ und forderte die Verkehrsbetriebe auf, ihre Probleme schnell in den Griff zu kriegen. „Die BVG hat mit dem Land Berlin einen Verkehrsvertrag mit zugesagten Leistungen abgeschlossen. Dafür erhält sie vom Land Berlin Geld, und diesen Vertrag muss sie schnellstmöglich wieder vollumfänglich erfüllen“, betonte die CDU-Politikerin.

Bereits seit 14 Monaten fahre die BVG einen Ausnahmefahrplan, die getroffenen Gegenmaßnahmen seien offensichtlich noch nicht ausreichend. „Ich setze darauf, dass die BVG konkrete Maßnahmen umsetzt, um schnell zu einem zuverlässigen und leistungsfähigen Angebot zurückzukehren.“

Das Unternehmen selbst kündigte an, dass in den kommenden Wochen und Monaten noch aktiver Personal angeworben werden soll als bisher schon. „Ziel ist es, 2024 rund 950 Fahrerinnen und Fahrer einzustellen“, sagte Erfurt. „Wir haben die Kapazitäten in den Fahrschulen hochgefahren und können pro Jahr bis zu 800 Kolleginnen und Kollegen zu Fahrern ausbilden. Wir werden darüber hinaus versuchen, ungefähr 150 Menschen mit Bus-Führerschein einzustellen.“

BVG stellt neue Busfahrer sein

Im laufenden Jahr seien bisher 500 Busfahrerinnen und Busfahrer eingestellt worden – und damit 25 Prozent mehr als 2022. „Das Ziel für das gesamte Jahr waren 650 und wir werden bis Jahresende wohl bei 630 landen“, sagte Erfurt. Busfahrerinnen und Busfahrer bekommen laut Erfurt bei der BVG 17,50 Euro pro Stunde. Der Tarifvertrag sieht zudem Zuschläge unter anderem für Nacht- und Wochenendarbeit vor.

Die BVG hofft aber auch auf mehr Unterstützung vom Land, um auf den Straßen der Hauptstadt schneller voranzukommen. Die reale Geschwindigkeit im Busverkehr liege bei durchschnittlich 17,8 Stundenkilometern – statt 18,9 Stundenkilometern, die im Fahrplan angenommen werden. „Eine Verringerung der geplanten Reisegeschwindigkeit um einen Stundenkilometer hat einen Personalmehrbedarf von etwa 100 Fahrpersonalen zur Folge“, teilte das Unternehmen mit. Kurz- und mittelfristige Lösungen könnten weitere Busspuren und Ampel-Vorrangschaltungen sowie bauliche Veränderungen an Haltestellen für eine störungsfreie An- und Abfahrt sein.