Steffen Baumgart redet, wie er coacht – direkt, ehrlich, ohne Filter. In einem Podcast spricht der Union-Trainer über seine Kindheit in der DDR, über Gips, Grenzen und große Träume. Über die Zeit, die ihn geprägt hat. Und warum er keinen Grund sieht, aus seiner Herkunft ein Thema zu machen.
BFC Dynamo wollte Steffen Baumgart verpflichten
Steffen Baumgart braucht kein Etikett, keine Überschrift, kein Pathos. „Ich gehe gar nicht offen damit um, dass ich Ostdeutscher bin – ich bin es einfach“, sagt der Trainer des 1. FC Union Berlin im Podcast „Born in the GDR“.
Klarer kann man es nicht sagen. Baumgart ist 1972 in Rostock geboren, aufgewachsen in einem Land, das es heute nicht mehr gibt – aber in dem er, wie er sagt, eine gute Zeit hatte. „Ich bin in einem Land aufgewachsen, wo ich behütet war, wo ich als Kind alles hatte.“
Steffen Baumgart lobt DDR-Leistungssystem
Dabei beginnt seine Geschichte alles andere als leicht. Eine seltene Krankheit, die Perthes-Erkrankung, eine gestörte Durchblutung des Hüftgelenks, legt ihn als Kind lahm. Mehr als zwei Jahre lang trägt er einen Gips, der fast den ganzen Körper umschließt. „Die ganze Seite war zugegipst – ich habe das ‚Ganzkörperkondom‘ genannt“, erzählt Baumgart trocken. Stillgehalten hat er natürlich nie. „Der Gips sollte sechs Wochen halten – der war nach zwei Tagen kaputt.“

Bevor er richtig laufen konnte, war da schon der Ball. „Ich lag in einer Kindertasche, der Ball rollte, ich wippte hin und her – Ekstase würde man das heute nennen.“ Mit acht trat er in den Verein ein, trainierte im DDR-Leistungssystem. „Das war damals eines der besten Systeme überhaupt. Wer nicht leistete, war raus. Es war hart, aber fair. Wir hatten echte Fachleute.“
Als die Mauer fällt, spielt Baumgart für Dynamo Schwerin
Baumgart spielt erst im Tor, später im Angriff. Mit zwölf hätte er zum BFC Dynamo wechseln können, doch sein Vater sagt Nein. „Er wollte nicht, dass ich so jung ausziehe – und wahrscheinlich hatte er recht.“ Mit 16 zieht er nach Schwerin, wird Instandhaltungsmechaniker, „obwohl klar war, dass ich das nie machen werde“. Der Traum war längst klar: Trainer werden.
Dann kommt die Wende. Alte Sicherheiten brechen weg. „Den Beruf, für den ich gelernt hatte, gab’s nicht mehr. Meinen Verein auch nicht.“ Baumgart spielt an dem Tag, an dem die Mauer fällt, gegen Austria Wien – kurz danach ist Dynamo Schwerin Geschichte.
Union-Coach Baumgart ist stolz, Ostdeutscher zu sein
Er zieht in den Westen. Neue Welt, neue Regeln – aber alte Vorurteile. „Ich war bei einem Verein im Gespräch, da hieß es: ‚Einen Ossi hatten wir schon, hat nicht funktioniert.‘ Beim nächsten hieß es, ich passe nicht, weil sie zu viele Wessis hätten.“





