Benedict Hollerbach wirbelt den Kosmos des 1. FC Union mal wieder kräftig durcheinander. Bisher hat der Stürmer das meistens nur mit Toren getan. Und manchmal auch mit Worten, die sich aber stets um die Eisernen gedreht haben. Jetzt hat der 23-Jährige die Köpenicker Umlaufbahn verlassen und spricht über Ziele, die nicht unbedingt vereinbar sind mit dem 1. FC Union.
„Ja, ich bin mir sicher, ich werd’s schaffen. Ganz einfach. Ich habe Qualitäten, die werden sich auf Dauer durchsetzen“, sagte er vor knapp zwei Wochen. So offensiv hat lange niemand mehr im deutschen Fußball sein Ziel Nationalmannschaft proklamiert. Meistens gehen die Standardsätze eher so: Ich bringe nur meine Leistung, der Rest ist Sache des Bundestrainers.
Der Star des 1. FC Union zwischen frech und selbstsicher
Frech kommt weiter, könnte man Hollerbach seine Sätze zum persönlichen Ziel auslegen. Oder auch mit verdammt viel gesundem Selbstvertrauen erklären. Fakt allerdings ist: Entscheiden kann darüber nur Bundestrainer Julian Nagelsmann. Hollerbach kann sich lediglich mit Leistung aufdrängen.

Beim 1. FC Union hat das seit der Entlassung von Urs Fischer bestens geklappt. Unter Nenad Bjelica zeigte Hollerbach, dass er im Sommer 2023 nicht nur so eine Transfer-Wette gewesen ist. Er rief das Potenzial ab, das die damalige sportliche Führung des 1. FC Union in ihm gesehen hat und welches dem damaligen Manager Oliver Ruhnert immerhin ein Tauziehen und zwei Millionen Euro Ablöse an Wehen-Wiesbaden wert waren.
Auch unter Bo Svensson hatte Hollerbach seinen Platz im Team, ebenso unter Steffen Baumgart. Mit seinem Tor beim 1:1 in Bochum machte er weiter beste Eigenwerbung. Aber: Reicht das wirklich aus für den Traum von der Nationalmannschaft?
Zwei Spieler des 1. FC Union machten keine guten Auswahl-Erfahrungen
Was er auf dem Level des 1. FC Union leisten kann, hat er bewiesen. Was er in einem Team leisten könnte, das nicht permanent gegen den Abstieg spielt, sich offensiv deutlich mehr Chancen erspielt, das ist die Gretchenfrage. Sicherlich: Nach den zwei Jahren Abstiegskampf könnte der 1. FC Union in der neuen Saison mit dem Abstieg auch mal nix zu tun haben. Aber ob es dann gleich wieder ganz nach oben geht? Wenn ja, könnte Hollerbach den Weg von Kevin Behrens kopieren. Dessen Kopfballwucht spülte den Stürmer im Oktober 2023 in die Nationalmannschaft, auf der US-Reise spielte Behrens gegen Mexiko sogar drei Minuten. Danach stürzte der Stürmer beim 1. FC Union jäh ab und wechselte im Winter 2024 nach Wolfsburg.

Für ein anderes eisernes Auswahltrauma steht Robin Gosens. Er heuerte für den Traum Nationalmannschaft extra beim 1. FC Union an. Wie die Geschichte ausging, weiß jeder. Gosens war das berühmteste Opfer von Julian Nagelsmann, verpasste die Heim-EM im vergangenen Jahr und spielt inzwischen wieder in Italien. Nun also schickt sich Benedict Hollerbach an, als Spieler des 1. FC Union von der Nationalmannschaft zu träumen.
Wieviel ist ein Stammspieler des 1. FC Union in Auswahlkreisen wert?
Als Stammspieler erfüllt er eine Grundvoraussetzung, die Julian Nagelsmann von seinen Auswahlkickern verlangt. Allerdings bleibt die Frage: Wieviel ist ein Stammspieler es 1. FC Union in diesen Kreisen wert?
Borussia Mönchengladbach wird heftiges Interesse an Hollerbach nachgesagt und auch Borussia Dortmund wurde schon mal gehandelt. Satte zehn Millionen Euro Ablöse, die Union bei einem Wechsel aufrufen würde, wären für Gladbach ein Problem, für Dortmund sicher leichter zu stemmen. Hier winkt Hollerbach sogar ein Zwischenschritt für die Nationalmannschaft.
Ist Hollerbach schon im Juni weg vom 1. FC Union?
Dass er bereits beim Nations-League-Final-Turnier Anfang Juni zum Kader gehören wird, ist eher unwahrscheinlich. Aber Dortmund spielt im Sommer die Klub-WM. Dafür geht Anfang Juni ein kurzes Transferfenster auf.
Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus hat den Weg von Benedict Hollerbach auch genau verfolgt: „Er ist jemand, der gerade in der Offensive mit dem neuen Spielstil gebraucht wird, weil er eine gewisse Unberechenbarkeit hat. Hollerbach muss einfach so weitermachen, weiterarbeiten. Er tut der Mannschaft, dem Trainer und dem Verein gut. Wenn er weiter Tore schießt, Leistung bringt und – was auch wichtig ist – viel nach hinten mitarbeitet, dann kann er sich irgendwann auch für die Nationalmannschaft empfehlen. Aber das ist aktuell noch ein weiter Weg.“