Union-Kolumne

Alte Werte beim 1. FC Union für neue Spieler: Herz schlägt Spektakel

Im Wintertransferfenster ist die Wiederbelebung der Union-DNA in Köpenick wichtiger als Knaller-Transfers.

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Vier Union-Typen auf der Bank: der ewige Jakob Busk, der neue Star Robin Gosens, Jungstürmer Benedict Hollerbach und Brenden Aaronson, der noch seine Rolle sucht (v.l.n.r.)
Vier Union-Typen auf der Bank: der ewige Jakob Busk, der neue Star Robin Gosens, Jungstürmer Benedict Hollerbach und Brenden Aaronson, der noch seine Rolle sucht (v.l.n.r.)City-Press

Jakob Busk, das muss man dem Torhüter lassen, zeigt Durchhaltevermögen. Er schlägt fast aus der Art. Denn er war schon immer da. Zumindest vom Gefühl her. Er war da, als der 1. FC Union mit RB Leipzig, Bochum, Heidenheim und Freiburg, kommende Woche erster Gegner in diesem Jahr um Erstligapunkte, in der Zweiten Bundesliga spielte, dort zwischen Arminia Bielefeld und dem FSV Frankfurt gerade Tabellendreizehnter war und der Trainer Sascha Lewandowski hieß.

Busk war da, als André Hofschneider übernahm und danach Jens Keller. Der Däne trug das eiserne Trikot, als wieder Hofschneider in die erste Reihe rückte, Urs Fischer kam, die Eisernen in die Bundesliga aufstiegen und ihre dreijährige Reise durch Europa antraten. Nun ist Nenad Bjelica Trainer, Busk kann wie selbstverständlich aus der Kabine kommen und, fast wie beim ungleichen Wettlauf zwischen Hase und Igel(n), auch dem Kroaten sagen: „Ick bün all hier!“

Spieler kommen und gehen in der Alten Försterei, der 1. FC Union bleibt

In zwei Wochen werden es acht Jahre, dass der inzwischen 30-Jährige beim 1. FC Union einen Vertrag hat. Das ist in einer Zeit, in der Spieler kommen und gehen, in der manch andere in drei Spielzeiten für sechs verschiedene Vereine auflaufen, alles andere als alltäglich. Es war in einer völlig anderen Ära, es war die Zeit von Damir Kreilach und Steven Skrzybski, Bobby Wood und Sören Brandy, Eroll Zejnullahu und Benjamin Kessel. Weg sind sie, die meisten schon ziemlich lange. Selbst Felix Kroos, der wie Busk im Januar 2016 nach Köpenick kam, ist schon lange nicht mehr da, und obwohl nur zweieinhalb Jahre älter als sein damaliger Mitspieler, nicht mehr Leistungsfußballer. Nur einer noch ist aus jener Generation bei der Stange geblieben und damit längst eine Institution: Christopher Trimmel. Selbst aus dem ersten Bundesligajahr gibt es nur noch einen weiteren Spieler, der noch immer unter den eisernen Fußballgöttern weilt, wenn vielleicht auch nicht mehr lange: Sheraldo Becker.

Die Rot-Weißen spielen, das erklärt womöglich vieles, in einer anderen Liga. Trotzdem fegt die Zeit auch über sie hinweg und hinterlässt erstmals so etwas wie Risse, Dellen und auch Furchen. Denn gerade jetzt, da die einmonatige Wechselfrist begonnen hat, wird allerorten das Personalkarussell angeworfen. Mancher nennt das „nachjustieren“, ein anderer „punktuell verstärken“, ein Dritter „verschlanken“. Was dabei niemand äußert oder höchstens hinter vorgehaltener Hand durchblicken lässt, ist, dass längst nicht alle Pläne, die im Sommer verkündet wurden, aufgegangen, manche Träume regelrecht geplatzt sind.

Vor genau diesem Problem steht erstmals auch der 1. FC Union. Dabei waren die Umbrüche in den Jahren zuvor gravierender. Seit dem Aufstieg in die Bundesliga haben die Eisernen 63 Spieler verpflichtet. Nicht alle haben Fuß gefasst. Gegangen sind 54, zwei davon, Rick van Drongelen und Pawel Wszolek, ohne Einsatz in der Bundesliga. Andere sind erst einmal ausgeliehen, wieder andere, so Julian Ryerson und Grischa Prömel, Sebastian Andersson und Sebastian Polter, Marvin Friedrich und Rafal Gikiewicz, waren in Liga 2 schon in Köpenick.

Der Umbruch beim 1. FC Union vor der Saison geht im Winter weiter

Im Vergleich zur Vergangenheit fiel der Umbruch vor einem halben Jahr trotz des Einzugs in die Champions League nicht einmal extravagant aus. Zehn Spieler sind vorerst neu. Auch wenn es nicht das Ende der Fahnenstange sein muss und wohl auch nicht wird, sind es zunächst weniger als nach dem Aufstieg gekommen waren, nämlich elf, und auch danach, als jedes Jahr noch mehr neue Gesichter auftauchten. In all den Jahren waren Hochkaräter unter ihnen wie Christian Gentner und Neven Subotic, Max Kruse und Taiwo Awoniyi, Robin Knoche und Joel Pohjanpalo, Rani Khedira und Frederik Rönnow. Das ist jedoch alles nichts gegen diesen Jahrgang mit Europameister Leonardo Bonucci und Robin Gosens, mit Tschechen-Ass Alex Král und Ex-Nationalspieler Kevin Volland.

Es wäre ungewöhnlich, würde es nicht auch beim 1. FC Union in den kommenden vier Wochen personell die eine oder andere Veränderung geben. Eines jedenfalls haben sie gemerkt und vor einem Jahr bei Isco, dem sie das zur Unterschrift reife Vertragspapier im allerletzten Moment nicht hingelegt hatten, ganz gut hinbekommen: Mit Transfers, bei denen Ooohhs und Aaahhs zu erwarten sind, ist nicht zwangsläufig Staat zu machen. Was wichtig, aber wiederum so schwierig ist, es muss passen.

Das könnte ein Spagat werden. Vielleicht wird dabei einer helfen, der in der Bundesliga noch nie im Rampenlicht stand, der nichts von Spektakel hält, der dennoch weiß, was Balsam für die Union-Seele und das rot-weiße Herz ist: Jakob Busk. ■