Na bitte, der 1. FC Union hat eine Selbstfindung hinter sich und ist wieder der 1. FC Union, wie man ihn kennt. Bo Svensson (45) hat als Therapeut ganze Arbeit geleistet. Aber nach dem 2:1 (2:0) gegen Hoffenheim sieht der Trainer auch noch Symptome, die ihm nicht gefallen.
Zumindest der Frage mit der obligatorischen Teppich-Antwort musste sich Svensson nicht stellen. Das 2:1 gegen Hoffenheim gab dem Trainer der Eisernen ausreichend Möglichkeit, dem euphorischen Zwei-Tore-Start binnen sechs Minuten nicht zu viel Bedeutung zu geben. Auch acht Punkte nach vier Spielen, ungeschlagenen zudem – das findet nicht nur der Däne schön. Aber: „Wir schauen auf die Entwicklung“, sagt Svensson. Und da hatte er in der langen Zitterzeit in Abschnitt zwei genügend gesehen, um Arbeitsschwerpunkte für die neue Woche zu finden. „Wir waren in der zweiten Halbzeit nicht gut. Wir müssen auch ein paar Dinge anders machen.“
Union-Boss Zingler bleibt cool
Konstanz und mehr Mut wird er bestimmt thematisieren. Präsident Dirk Zingler (60) hatte es ungleich schwerer. Der Klub-Chef wurde schon zur Halbzeit nach den Perspektiven gefragt. Da stand es 2:0 durch die Treffer von Tom Rothe (4.) und Woo-yeong Jeong (6.), da gab es Turbo-Fußball, der zu kühnsten Träumen anregte. Doch Zingler ließ sich nicht locken: „Wir bleiben auf dem Teppich.“
Bodenhaftung ist eine Kerntugend der Eisernen. Aber auch mit fliegenden Teppichen kennen sie sich aus. Vor einem Jahr spielten sie schließlich noch Champions League. Ein Fußball-Märchen mit beinahe ungutem Ausgang, wie sich im folgenden Abstiegskampf mit der Rettung erst im letzten Moment zeigte. Umso beschwingter fühlt sich alles rund um die Alte Försterei nun unter Svensson an.
Als Einheit ist Union ganz stark

Der Trainer ist als dritter Nachfolger von Langzeitcoach Urs Fischer (58) so ruhig und stoisch und dabei so positiv, wie es ein Klischee-Handbuch für Dänen nicht besser beschreiben könnte. Binnen weniger Wochen hat Svensson wieder eine Einheit geformt, die den speziellen Bedürfnissen in Köpenick gerecht wird: einfacher Fußball, Arbeit, Leidenschaft. Es braucht nicht viel, um die Fans glücklich zu machen.
Die Kulisse hingegen habe die Mannschaft getragen, als ein lange desolates Hoffenheim drauf und dran war, sogar noch das 2:2 zu schießen, konstatierte Svensson. Union funktioniert genau so – als eine Einheit. Im Rückblick erscheinen die der Königsklasse geschuldeten Transfers von Robin Gosens (30) und Leonardo Bonucci (37) wie ein unglücklicher Abzweig.
Jeong bereichert das Union-Spiel
Statt Gosens spielt nun Rothe (19) auf der linken Außenbahn und avanciert als linker Außenverteidiger nebenbei noch zum jüngsten Torschützen der Unioner Bundesliga-Historie. Allerdings musste der Ex-Dortmunder nach 75 Minuten verletzt raus. Die Diagnose steht noch aus. In der zentralen Abwehr hat Kevin Vogt (32) tatsächlich und sprichwörtlich die Mitte gefunden. Zum großen Pluspunkt könnte aber Jeong (25) werden. Der Leihspieler vom VfB Stuttgart verkörperte mit Tempo und Technik Tugenden, die das Spiel der Unioner massiv bereichern.
Seine Drehung vor dem Tor können nicht viele so präsentieren. Passend war auch seine Spielanalyse einen Tag nach seinem Geburtstag: „In der ersten Halbzeit waren wir richtig gut, die zweite Hälfte geht besser. Insgesamt sind wir aber zufrieden.“ Auch Jeong, so viel ist sicher, bleibt auf dem Teppich. ■