Union-Kolumne

1. FC Union und VfL Bochum: (K)ein Spiel für den Fairplay-Preis!

Die Partie der Eisernen gegen den Revierklub hat das Zeug zur Legende. Es tut nicht einmal weh. Das zeigen andere.

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Was auch immer Bochums Felix Passlack Torhüter Patrick Drewes hier gesagt hat, einen Fairplay-Preis wird es dafür wohl kaum geben.
Was auch immer Bochums Felix Passlack Torhüter Patrick Drewes hier gesagt hat, einen Fairplay-Preis wird es dafür wohl kaum geben.Jan Huebner/imago

Eines vorweg, um nicht falsch verstanden zu werden. Das, was am Ende der Partie des 1. FC Union gegen Bochum in Köpenick passiert ist, hat in einem Stadion nichts, gar nichts verloren. Erst recht nicht in einem derart kuscheligen wie dem An der Alten Försterei. Mag die Fangemeinde der Rot-Weißen Frust über das nicht zu feiernde Ergebnis schieben, der Ärger über die Leistung des eigenen Teams noch größer und die Wut über die Zeitschinderei des gegnerischen Torhüters am größten sein – ein Feuerzeug ist das falsche Mittel. Immer.

Union und Bochum: Fairplay tut nicht weh!

Bei aller Emotionalität, aller Spontanität sollte man, was nicht leicht ist, Größe zeigen. Respekt haben. Anständig bleiben. Auch mal eine Kröte schlucken. Vor allem aber ehrlich sein. Man möchte morgen, in einer Woche, im nächsten Jahr und eigentlich immer in den Spiegel schauen können. Hierfür haben die Briten das Wort Fairplay zum weltweiten Standard erhoben. Und: Es tut überhaupt nicht weh, fair zu sein.

Was aber ist im speziellen Fall fair? Logischerweise ist es für die aus Köpenick eine andere Sache als für die vonne Castroper.

Ex-Schiri Gräfe attackiert Bochum-Keeper Drewes

Erst einmal ist es fair, dass beide, vor allem die Bochumer, die Partie zu Ende gebracht haben. Andererseits wird an der Fairness von VfL-Torhüter Patrick Drewes gezweifelt. Ob es zur Kategorie „Schmierentheater“ reicht, das Manuel Gräfe, Ex-Top-Schiedsrichter, erkannt haben will, sei dahingestellt. Dass gerade bei der Tabellenlage der Bochumer ein Sieg, wenn sie ihn schon nicht auf dem Rasen schaffen, am grünen Tisch willkommen ist, naja … Nicht selten ist der Griff in die Trickkiste, ab und an als clever bezeichnet, ein ziemlich geübter, dennoch ein schamloser.

Unions Stadionsprecher Christian Arbeit richtet nach der Unterbrechung im Spiel gegen Bochum deutliche Worte an die Fans des 1. FC Union.
Unions Stadionsprecher Christian Arbeit richtet nach der Unterbrechung im Spiel gegen Bochum deutliche Worte an die Fans des 1. FC Union.Jan Huebner/imago

Oft heißt es, Fußballer seien harte Kerle. Da gibt es auch mal Zunder. Zudem nimmt man an, dass derjenige, der austeilt, auch einstecken können sollte. Im Laufe der Jahre ist, so mein Eindruck, dieser Lack ab oder stumpf geworden. Wie oft schmeißen sich Spieler, um dem anderen eins auszuwischen, im kleinsten Gerangel hin. Es hat was von Jammerlappen.

1. FC Union, Bochum, Helmer, Kießling: Welches Fairplay?

Das hat nicht unbedingt etwas mit Patrick Drewes zu tun. Nur kennt jemand, der sich seit Jahrzehnten mit der angeblich schönsten Nebensache der Welt beschäftigt, wahre Szenen aus dem Komödienstadl. Der dickste Brocken aus deutscher Sicht bleibt wahrscheinlich der Büchsenwurf vom Bökelberg, als im Herbst 1971 Borussia Mönchengladbach im Achtelfinal-Hinspiel des europäischen Meistercups ein 7:1 gegen Inter Mailand schaffte, dieses Ergebnis aber kassiert wurde, weil Inter-Angreifer Roberto Boninsegna von einer so gut wie leeren Getränkedose getroffen, nach Sekunden Bedenkzeit wie vom Blitz getroffen zu Boden sank und ausgewechselt wurde. Was musste der italienische Nationalspieler für Häme über sich ergehen lassen. Das Wort „Betrug“ klang fast noch kuschelig, von einer „schauspielerischen Meisterleistung“ war die Rede. Auch warf man ihm vor, am grünen Tisch gelogen zu haben. Fairplay? Welches Fairplay?

Auch die Bundesliga kennt das Treten des Fairplay mit Füßen. Es hätte Thomas Helmer einst ein Lächeln gekostet, zuzugeben, dass ein Schuss von ihm im Trikot des FC Bayern nicht im Kasten des Nürnberger Schlussmannes Andreas Köpke gelandet war, sondern knapp daneben. Auch Stefan Kießling hätte als Angreifer von Bayer Leverkusen viele Sympathien gewonnen, hätte er signalisiert, dass ein Kopfball von ihm nicht den regulären Weg ins Tor der TSG Hoffenheim genommen hatte. Sanktionen? Keine. Irritationen? Jede Menge. Obwohl beide Spiele mithilfe skandalöser Tore gewonnen wurden, wurde die eine Partie wiederholt, die andere nicht. Fragen? Welche Fragen?

Miroslav Klose zeigt zweimal, wie Fairplay geht

Da ist Miroslav Klose charakterlich von ganz anderem Kaliber. Zweimal erhielt der Weltmeister von 2014 den Fairplay-Preis. Zuerst im Trikot von Werder Bremen, als er im Spiel gegen Bielefeld den Schiedsrichter dazu veranlasste, einen beim Stande von 0:0 (!) für ihn gegebenen Elfmeter zurückzunehmen. Später einen im Trikot von Lazio Rom, als er zugab, einen Treffer mit der Hand erzielt zu haben. Sein jeweiliger Kommentar: „Für mich ist so etwas selbstverständlich.“ Dafür Beifall auf offener Szene!

Was das für den 1. FC Union heißt? Alles und nichts. Wie vor allen Gerichten, ist man auch vor DFB-Instanzen vor nichts sicher. Es sei denn, jemand sammelt Punkte für den Fairplay-Preis 2024.