Wäre es nach dem ursprünglichen Plan gegangen … Ach, nicht auszudenken, was den Anhängern des 1. FC Union durch die Lappen geflutscht wäre. Sie wissen schon, hier das sehnlichst herbeigesehnte, dort mit einer Portion Angst und Bange in Angriff genommene Abenteuer Bundesliga mit dem mittlerweile zum eisernen Kulturgut gehörenden Spruch „Scheiße, wir steigen auf“. Dieses Wagnis, das Auf-den-Busch-klopfen gegen das Establishment, das nach einem Jahr zu Ende sein sollte. Der zwölfmonatige Urlaub in Deutschlands höchster Spielklasse mit Fahrten in Orte und Stadien, in die ein Fan der Köpenicker zu ehemaligen Zeiten nicht durfte, danach seine Helden nicht qualifiziert genug mit dem Ball umgingen und die deshalb tabu waren.
Was aber sind seitdem für Geschichten geschrieben worden um die Rot-Weißen und über sie. 202 Spiele sind es bisher, 76 Siege, 259 Treffer und 282 Punkte, wobei aus noch immer unerfindlichen Gründen in den beiden letztgenannten Kategorien jeweils einer weniger in die offizielle Wertung kommt. Als ob anderswo nicht auch Gegenstände in den Innenraum fliegen und manchmal, erst neulich ist es passiert, ein Linienrichter getroffen wird, der aber deutlich mehr Stehvermögen zeigt als manch hochtrainierter Torhüter. Sei’s drum.
Liefert Union die nächste Show gegen Heidenheim?
Das, worum es vor allem bei den Eisernen in der Zeit seit dem märchenhaften Sommer 2019 geht, ist nicht mehr der Ärger über Unsportlichkeit, sondern über den Zauber im Ballhaus des Ostens. Über die Magie der letzten Spiele.

So eines steht am Wochenende schon wieder bevor. Der 1. FC Heidenheim, der im Vorjahr so frisch aufspielende Aufsteiger, der erste wahre Neuling nach dem 1. FC Union, ist der Gegner im Stadion An der Alten Försterei. Nur ist gegen den von Trainer-Urgestein Frank Schmidt (seit gut 18 Jahren im Amt) gecoachten Tabellensechzehnten einiges anders als in den fünf Spielzeiten zuvor. Sonst hatten die Männer aus der Wuhlheide stets das letzte Saisonspiel zu Hause. Nun ist es das vorletzte. Das letzte Heimspiel anno 2024/25 aber ist es allemal.
1. FC Union schießt sich im Saisonfinale nach Europa
Die Partien, mit denen die Unioner in den fünf Jahren zuvor das Spieljahr auskehrten, hatten es irgendwie immer in sich. Immer war Spektakel, immer wurde das Ballhaus des Ostens zum Tollhaus und manche Straße in Köpenick danach zur Partymeile. Oft auch, fast immer eigentlich, stand einiges auf dem Spiel. Vor zwölf Monaten sogar fast alles. Aber das Schöne ist: Immer ging es gut aus. Unerwartet gut sogar.
Wie entspannt verlief der Sommer 2020. Nach 32 Spielen schon war der Klassenerhalt eingetütet. Es ging nur noch darum, die Saison mit einem Fest abzuschließen. Gegen Fortuna Düsseldorf klappte das nach Wunsch. Das damalige 3:0 bedeutete ganz nebenbei den bis dahin höchsten Dreier in der Bundesliga. Ein Jahr später schlugen die Wellen deutlich höher. Allein der Gegner ließ den Adrenalinpegel auf der Waldseite in die Höhe schnellen: RB Leipzig. Zweitens köpfte Max Kruse seine Rot-Weißen in der Nachspielzeit mit dem 2:1 nach Europa, in die gerade aus der Taufe gehobene Conference League. Die Jahre danach ging’s immer eine Stufe höher: 2022 mit einem Last-Minute-Tor von Taiwo Awoniyi zum 3:2 gegen Bochum in die Europa League und 2023 mit einem späten Treffer von Rani Khedira zum 1:0 gegen Bremen in die Champions League.
1. FC Union und der 34. Spieltag: Mehr Drama geht nicht
All das waren indes nur Spiele hin zum Drama furioso im vorigen Mai. Das, was damals auf beiden Seiten passierte, beim SC Freiburg der Abschied von Trainer-Denkmal Christian Streich, bei den Eisernen zwei verschossene Elfmeter, dazu ein nicht ins Ziel gebrachter 1:0-Vorsprung samt dem glücklichen Ende durch das letzte Tor der Saison durch Janik Haberer zum 2:1, steht längst im goldenen Buch der rot-weißen Vereinshistorie. Die Erlösung war körperlich spürbarer als das Festmachen von Europas Königsklasse. Das Gefühl von Glück, Zufriedenheit und Stolz nur mit jener Stimmung und Ausgelassenheit vergleichbar, die in den magischen Nächten nach dem Aufstieg herrschte. Momente, die zu Tränen rühren und Augenblicke für die Ewigkeit.
Es wird schwer, das zu toppen. Ein Hauch von Zauber könnte trotzdem durch das Stadion An der Alten Försterei wehen. Könnte je nach Spielausgang in den anderen Stadien doch sein, dass sich die Heidenheimer in die Relegation schießen oder den Rettungsanker in Griffweite bekommen. Auch das hätte etwas von Magie des letzten (Heim-)Spiels.