Union-Kolumne

1. FC Union: Eiserne, es geht ans Eingemachte!

Gegen die unmittelbare Konkurrenz im Kampf um den Klassenerhalt sollten sich die Köpenicker auf ihre ursächlichen Stärken besinnen: Wille, Leidenschaft, Kämpferherz.

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Zum Schreien: Unions Torhüter Frederik Rönnow (31) wurde von seinen Kollegen gegen den FC Bayern mehrfach allein gelassen. 
Zum Schreien: Unions Torhüter Frederik Rönnow (31) wurde von seinen Kollegen gegen den FC Bayern mehrfach allein gelassen. MIS/imago

Es ehrt Nenad Bjelica, wenn er etwas auf seine Kappe nimmt. Vor allem, wenn es um eine derartige Demütigung geht wie um das 1:5 gegen Bayern München. Noch mehr aber, weil es für den 1. FC Union Berlin vier Spieltage vor Saisonschluss nicht um irgendeinen Platz im Niemandsland der Tabelle, sondern fast schon ans Eingemachte geht.

1. FC Union: Alles auf Anfang!

Die Absicht dahinter ist klar: Der Trainer steckt seinen Kopf raus, er stellt sich vor die Mannschaft. Dabei ist es egal, ob schützend oder ein klein wenig auch selbstschützend. Im Kampf um den Klassenerhalt sollen die Spieler locker bleiben, nach Möglichkeit kein bisschen an sich zweifeln, sondern jetzt, da es in den zumeist direkten Duellen gegen Mitgefährdete um die Rettung der Saison geht, den Reset-Knopf drücken.

Alles auf Anfang sozusagen, als zum Saisonstart zwei Siege hintereinander (jeweils 4:1 gegen Mainz und in Darmstadt) gelangen, was in diesem Spieljahr genau zweimal (außerdem in der Rückrunde mit jeweils 1:0 gegen Wolfsburg und bei der TSG Hoffenheim) passierte. Aller guten Dinge wären nicht nur drei, sondern Gold wert.

Historische Bayern-Pleite: 1. FC Union wie einst gegen Cottbus

Ein 1:5 ist eine durchaus bittere Pille. Selbst wenn sie gegen den Rekordmeister geschluckt werden muss. Kurz nach Spielschluss am Sonnabend schon fand Frank Leonhardt, den Freaks unter den Anhängern als Statistik-Leo bekannt oder als Herr der Zahlen, heraus: „Das letzte Mal zu Hause 1:5 verloren, das war 1975 gegen Energie Cottbus. Aufstiegsrunde damals, und ich war im Stadion.“

Derartige sportliche Ohrfeigen bewahren ihre Wirkung und tun noch Jahrzehnte später weh. Auch zwischendurch hat es ähnliche Bruchlandungen gegeben. Meistens jedoch im Pokal. So jeweils ein 0:5 gegen Bayer Leverkusen und gegen Werder Bremen. Nur waren die Eisernen damals unterklassig und wähnten sich weder hier noch da auf Augenhöhe. Als Außenseiter ist man über Derartiges erhaben. Inzwischen sieht die Sache anders aus, zumal die Bayern taumelnd ankamen und die Gelegenheit für einen Befreiungsschlag günstiger schien denn je.

Union-DNA: Einer für alle, alle für einen!

Insofern hilft es nicht wirklich, dass ein Einzelner die Schuld für ein kollektives Versagen auf sich nimmt. Bei einem Sieg ist man gern schnell dabei zu versichern, dass man ja nur der Mannschaft geholfen habe und immer nur zusammen gewinne. Im anderen Fall, baut einer wie in der Woche zuvor in Augsburg Diogo Leite einen Bock, der zur Niederlage führt, verliert auch nicht nur derjenige, der diesen Mist macht. Ab und an aber sollte man auch zugeben, dass es der Gegner schlau anstellt und man ihm schlichtweg auf den Leim gegangen ist. So wie es Danilho Doekhi passiert ist, als er bei einem Bayern-Freistoß in gefährlicher Tornähe einem in die Tiefe startenden Gegenspieler folgen wollte, so die Abwehrmauer öffnete und ein Könner wie Harry Kane darauf nur gelauert hat.

Kann alles passieren, nur passiert es dem 1. FC Union dieses Spieljahres zu oft. Dabei gilt gerade in einer derart verzwickten Lage, was für die Rot-Weißen seit ihrer Gründung Eisern-DNA ist, das Prinzip der Musketiere: Unus pro omnibus, omnes pro uno. Auf gut Deutsch: Einer für alle, alle für einen! Das klingt nicht nur so, das ist staatstragend. Schließlich war der Deutschen liebstes Spiel schon immer mehr als nur die Summe der einzelnen Stärken. Erst recht in Köpenick.

1. FC Union hat bisher viel Glück gehabt

Genau das, der manchmal unerklärliche Wille, die immer wieder neu entfachte Leidenschaft, das nie versiegende Kämpferherz sind die Attribute, mit denen sich die Eisernen bislang in Deutschlands Eliteliga behauptet haben. Kleinigkeiten sind es manchmal. Der eine Schritt mehr beim Schließen einer Lücke, der in Tempo und Schärfe präziser gespielte Pass, die gezieltere und energischere Aktion vor dem gegnerischen Tor – alles schon mal vorhanden gewesen.

Nur kommt es jetzt besonders darauf an. Bisher haben die Eisernen immer wieder auch Dusel gehabt. Wenn sie verloren haben, dann haben andere wenigstens nicht gewonnen. So wie Darmstadt, Köln und auch Bochum. Das Glück aber, so zumindest die Erfahrung, lässt sich nicht ins Unendliche strapazieren. Nun, da es in Mönchengladbach, gegen Bochum und in Köln tatsächlich um die Wurst geht und die eigene Niederlage zugleich den Dreier für den Tabellennachbarn bedeutet, ist nicht nur körperliche Fitness von Bedeutung, sondern fast noch mehr die Lockerheit des Kopfes. Vielleicht gelingt es so, Fehler, die zum Gegentor einladen, zu vermeiden. Gibt es nämlich keines, muss auch niemand eine Niederlage auf seine Kappe nehmen. Nicht einmal der Trainer. ■