Union-Kolumne

1. FC Union: Abstiegsgefahr gebannt oder Klassenerhalt in Gefahr?

Obwohl der 1. FC Union im Flow ist, hat es in der Saison-Endphase oben wie unten schon die verrücktesten Dinge gegeben.

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Die Profis des 1. FC Union werden von den Fans in Leverkusen gefeiert. Der Klassenerhalt ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern.
Die Profis des 1. FC Union werden von den Fans in Leverkusen gefeiert. Der Klassenerhalt ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern.Matthias Koch/imago

Wann beginnt eine Komfortzone? Anschlussfragen sollten erlaubt sein: Gibt es dort, wo es, wie in der Fußball-Bundesliga, in jedem Spiel um viel Schotter geht, eine solche überhaupt? Und: Darf sich der 1. FC Union nach elf Punkten aus den zurückliegenden fünf Spielen, in denen er sowohl Double-Gewinner Leverkusen mit einem 0:0 als auch Rekordmeister Bayern München mit einem 1:1 jeweils einen Teilerfolg abgetrotzt und die übrigen drei Partien gewonnen hat, fünf Spieltage vor Saisonschluss darin wähnen? Oder kommt, weil es mit dem Klassenerhalt in dieser doch wieder Auf-und-Ab-Saison noch nicht in trockenen Tüchern ist und der Fußball für die verrücktesten Dinge bekannt ist, Hochmut vor dem Fall?

Wird schon gutgehen, sagen die glühenden Eisern-Anhänger. Schließlich ist das Team um Kapitän Christopher Trimmel gerade im Flow. Im besten dieser Spielzeit und im besten seit über zwei Jahren. Damals, der Trainer hieß Urs Fischer, der Abwehrchef Robin Knoche, im Mittelfeld spielten Paul Seguin und Morten Thorsby und im Angriff Sheraldo Becker und Sven Michel, gab es fünf Dreier in Folge sowie zum Ende der Serie ein Unentschieden, dazu den 2:1-Sieg im Pokal-Viertelfinale gegen Wolfsburg und das Weiterkommen in der Europa League gegen Ajax Amsterdam. Wie heißt es gern am Stammtisch, wenn etwas ewig lange zurückliegt und man einen auf lustig macht: Musst mal Opa fragen …

1. FC Union: Punktabzug nach Feuerzeug-Skandal

Gerade wenn schon etwas so gut wie sicher ist, kommen aber auch die Pferde vor der Apotheke ins Spiel. Die Eisernen wären nicht das erste Team, über das sich die Konkurrenz schlapplachen würde, sollte es doch noch in die Hose gehen. So wie der Club, der 1. FC Nürnberg, ein Depp ist. Das ist er nicht nur, weil er 1969 als Titelverteidiger abgestiegen ist, sondern weil ihm das auch 1994 passiert ist, obwohl er bei der damaligen Zwei-Punkte-Regel drei Spieltage vor Schluss vier Zähler Vorsprung hatte.

Kaum zu glauben, aber wahr: Diese vergebene Riesenchance von Thomas Helmer zählte 1994 als Tor. Der 1. FC Nürnberg stieg auch wegen des 1:2 gegen den FC Bayern ab.
Kaum zu glauben, aber wahr: Diese vergebene Riesenchance von Thomas Helmer zählte 1994 als Tor. Der 1. FC Nürnberg stieg auch wegen des 1:2 gegen den FC Bayern ab.Sven Simon/imago

Das Dumme daran: In der drittletzten Runde gewann Bayern München gegen die Franken zwar 2:1, aber das dank eines Phantomtores von Thomas Helmer. Wäre es gerecht zugegangen, hätte dieser Treffer nie zählen dürfen – die Nürnberger hätten bei einem Remis die Klasse gehalten. Wer in diesem Augenblick an ein Feuerzeug denkt, an einen Punktverlust am grünen Tisch und an einen geschenkten Sieg für einen Rivalen in der Abstiegszone, liegt mit Quervergleichen gar nicht schlecht.

Bremen verspielte gegen Bayern Riesenvorsprung

Auch oben ging es ab und an in der Saison-Endphase abenteuerlich zu. Selbst heute, 47 Jahre später, glaubt noch mancher an Gespenster, wenn er das 12:0 von Borussia Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund Revue passieren lässt. Die Fohlen sind durch den höchsten Sieg der Bundesliga-Historie nur deshalb nicht Meister geworden, weil Köln mit einem 5:0 bei St. Pauli konterte und sich mit der um drei Treffer besseren Tordifferenz ins Ziel rettete.

Ähnliches trug sich in der Saison 1985/86 an der Spitze zu. Vier Runden vor Schluss betrug der Vorsprung von Spitzenreiter Bremen auf die Bayern vier Punkte. Ziemlich komfortabel. Eigentlich. Allerdings schmolz das Polster einen Spieltag später auf zwei Zähler. Immer noch ausreichend, zumal Werder die Münchner am vorletzten Spieltag im Weserstadion empfing und mit einem Elfmeter in der vorletzten Minute alles hätte entscheiden können. Der Ausgang ist für die einen so tragisch wie für die anderen magisch: Michael Kutzop knallt den Ball, Bayern-Torhüter Jean-Marie Pfaff ist in die andere Ecke unterwegs, an den rechten Pfosten, Werder verliert danach in Stuttgart, die Münchner halten Mönchengladbach in Schach – der lange als sicher geglaubte Titel wandert in allerletzter Minute doch wieder vom Deich Richtung Weißwurst-Äquator.

1. FC Union kann gegen Stuttgart alles klarmachen

Kann so etwas auch den Eisernen passieren? Dass sie auf den letzten Metern noch einknicken? Da müssten sie alle Spiele verlieren – auch das in Bochum und das gegen Heidenheim – und die Konkurrenz alle gewinnen. Die Heidenheimer sogar das am Wochenende gegen die Bayern und erst recht Anfang Mai gegen Bochum. Dann aber wäre der VfL, zumindest was die Gefahr für den 1. FC Union angeht, aus dem Rennen.

Alles Leserei im Kaffeesatz. Das beste Mittel bleiben eigene Siege. Am liebsten schon Sonnabendabend gegen Stuttgart. Dann könnte es sein wie erhofft und mittlerweile verdient: zurücklehnen und den Rest genießen.