Krasser Abstiegskampf

Klassenerhalt sicher? Von wegen! 1996 stieg Hertha BSC mit 42 Punkten fast ab

Hertha ist seit vier Spielen ungeschlagen, aber gerettet sind die Blau-Weißen noch nicht.

Author - Wolfgang Heise
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Herthas Trainer Stefan Leitl muss die blau-weißen Profis weiter antreiben, damit die Punktzahl am Ende für den Klassenerhalt reicht.
Herthas Trainer Stefan Leitl muss die blau-weißen Profis weiter antreiben, damit die Punktzahl am Ende für den Klassenerhalt reicht.Imago Images/Hübner

Es läuft wieder bei Hertha BSC. Zehn Punkte aus vier Spielen, doch sicher können sich die Blau-Weißen noch lange nicht fühlen. 36 Punkte nach 29 Spielen und acht Punkte Vorsprung auf Relegationsplatz 16 können ganz schön trügerisch sein. Der Abstiegskampf bleibt spannend. Und wer es noch immer nicht verstanden hat, muss nur in das Vereinsgeschichtsbuch schauen. Vor 29 Jahren wäre Hertha BSC mit 42 Punkten fast aus der Zweiten Liga abgestiegen.

Rückblick: In der Saison 1995/96 wurde die Drei-Punkte-Regel eingeführt. Jürgen Röber war gerade mal ein halbes Jahr Trainer bei den Blau-Weißen. Die Hypothek war groß: Am Saisonende gab es drei Zähler Abzug wegen Lizenzverstoßes. Letzter Spieltag in Wattenscheid. Ein gewisser Michael Preetz schoss als SG-09-Stürmer in den letzten Minuten knapp neben das Hertha-Tor. Es blieb bis zum Schluss beim 0:0. Dieser eine Punkt rettete die Blau-Weißen auf Platz 14. Der Chemnitzer FC stieg punktgleich mit 42 Punkten als Fünfzehnter direkt ab (damals gab es vier Absteiger und keine zwei und auch keine Relegation).

1996: Preetz schoss daneben und Hertha war gerettet

In der Saison 1995/96 spielte Michael Preetz noch für Wattenscheid. Erst danach wechselte er zu Hertha BSC.
In der Saison 1995/96 spielte Michael Preetz noch für Wattenscheid. Erst danach wechselte er zu Hertha BSC.Imago Images/Rust

Was diese Saison noch bemerkenswerter macht: Am 29. Spieltag waren damals Hannover 96, SV Meppen, FSV Mainz und die SG Wattenscheid auf den Abstiegsplätzen. Mainz und Wattenscheid konnten sich am Ende retten, stattdessen stiegen Nürnberg und der Chemnitzer FC. Was die Sache ganz irre macht: Die Westsachen waren am 29. Spieltag noch Tabellenachter (!).

Der Abstiegsmodus hat sich seit der Saison 2008/09 geändert. Doch auch damit blieb mancher Abstiegsendspurt in der Zweiten Liga komplett verrückt. Von wegen mit 40 Punkten steigt man nicht ab. Das ist ein Irrtum. In der Saison 2017/18 hatte Erzgebirge Aue genau die Anzahl, aber landete nur auf Platz 16 (rettete sich in der Relegation). Der Tabellenfünfzehnte Fürth hatte auch 40 Zähler. Der Tabellensiebzehnte Braunschweig stieg direkt mit 39 Punkten gemeinsam mit Schlusslicht Kaiserslautern (35 Zähler) ab. Auch hier lohnt sich ein Blick auf den 29. Spieltag: Da waren St. Pauli, Heidenheim, Darmstadt und Lautern noch auf den letzten vier Plätzen. Drei Klubs retteten sich im Existenzkampf in den restlichen fünf Spielen.

Hertha-Trainer Leitl warnt von Woche zu Woche: „Die Liga ist brandgefährlich“

Und was passiert jetzt? Hertha holte mit dem 1:1 gegen Darmstadt einen Punkt und büßte an Polster ein. Denn alle vier Teams im Tabellenkeller hamsterten auch kräftig. Braunschweig gewann 4:2 beim HSV, Ulm gewann 2:1 gegen Magdeburg, Regensburg schlug Schalke mit 2:0 und Münster spielte 1:1 gegen den KSC.

Für Trainer Stefan Leitl ist es schon lange klar und er betont immer wieder: „Diese Zweite ist brandgefährlich. Hier kann jeder, jeden schlagen. Safe sind wir erst, wenn wir rechnerisch den Klassenerhalt in der Tasche haben.“

Mentale Selbstzufriedenheit wäre jetzt ganz fatal, nur weil die blau-weißen Profis seit vier Spielen ungeschlagen sind. Kapitän Toni Leistner sagt es so: „Die zehn Punkte waren auch bitter nötig, sicher sind wir noch lange nicht.“ Ostersonntag muss der nächste Auswärtssieg in Ulm her, damit keiner am Schluss doch noch nervös wird … ■