Besonderer Geburtstag

70 Jahre Dynamo, 70 Jahre Titel, Triumphe und tolle Erinnerungen

Am 1. Oktober 1954 wurde aus dem SV der SC, damit begann die große Erfolgsstory von Gisela Birkemeyer über Claudia Pechstein und dem BFC Dynamo bis hin zu den Eisbären Berlin.

Teilen
So wie Eisbären-Torwart Jake Hildebrand läuft das ganze Team in dieser Saison mit Trikots auf, wo unter dem Schriftzug des Hauptsponsors nicht das Vereinslogo, sondern der Hinweis auf das ganz große Jubiläum prangt.
So wie Eisbären-Torwart Jake Hildebrand läuft das ganze Team in dieser Saison mit Trikots auf, wo unter dem Schriftzug des Hauptsponsors nicht das Vereinslogo, sondern der Hinweis auf das ganz große Jubiläum prangt.Jan-Philipp Burmann/City-Press

Es war eine staatstragende Entscheidung. Um Leistungssport in der DDR noch gezielter zu fördern, wurde die seit 1953 in dieser Form bestehende SV Dynamo neu strukturiert und als erster Sportklub der SV Dynamo der SC Dynamo Berlin gegründet. Das war am 1. Oktober 1954 – vor inzwischen genau 70 Jahren!

Aufs Datum angesprochen, stürzte Dieter Frenzel (69) sofort in den Abstellraum und kramte im Erbe seines Vaters Hans „Hanne“ Frenzel. Dieter, selbst 296-facher Eishockey-Nationalspieler, bewahrt nicht nur die eigenen Andenken an heiße Puckjagden auf. Er nahm nach dem Tod seines Vaters 2020 auch dessen Eishockey-Nachlass in seine Obhut.

Die Geburtsstunde der heutigen Eisbären

Hans „Hanne“ Frenzel baute einst das erste Eishockey-Team unter dem Dynamo-Logo zusammen.
Hans „Hanne“ Frenzel baute einst das erste Eishockey-Team unter dem Dynamo-Logo zusammen.Ed Gar/imago

Hanne war 1954 von Weißwasser nach Berlin beordert worden, um in Hohenschönhausen eine schlagstarke Eishockey-Truppe auf die Schlittschuhschienen zu stellen. Es war quasi die Geburtsstunde der heutigen Eisbären. Hanne machte sich auf den Weg und lockte spätere Nationalspieler wie Dieter Vogt und Gerhard Klügel aus Geising oder Eberhard Grimm aus Oberwiesenthal an die Spree.

Die Mannschaft trainierte zunächst in der Werner-Seelenbinder-Halle. „Aber schon 1958 haben wir in die Hände gespuckt und zusammen mit den Eishockeyspielern aus andern Vereinen im Sportforum die Gruben für das Maschinenhaus und den Kabinen- und Sanitär-Bereich ausgehoben“, erinnert sich Alt-Star und Hall-of-Fame-Mitglied Joachim Ziesche (85).

Dynamos blieben bei den Eisbären

Aus den Gruben wuchs der inzwischen 65 Jahre alte Welli. „In dem haben wir 15 DDR-Meisterschaften eingefahren“, freut sich heute noch Wolfgang „Jimme“ Plotka (83). Der fitte Rentner ging 1961 in die WM-Geschichte ein, als er auf Anweisung der Mannschaft signalisierte, sich bei der Nationalhymne für die siegreiche westdeutsche Mannschaft umzudrehen. „Eine blöde Idee“, ärgerte sich Plotka schon damals noch in Luzern.

Dietmar Peters (75), mit 315 Spielen DDR-Rekord-Nationalspieler, blieb ebenso wie Bernd Karrenbauer (80) bis zur Rente und darüber hinaus den Dynamos und späteren Eisbären treu. Peters als sehr erfolgreicher Nachwuchstrainer, „Karre“ als Materialwart. Während Dietmar Peters nach 46 Jahren von Berlin wieder in seine Rostocker Heimat gezogen ist, saß Bernd Karrenbauer am Freitag beim Spiel gegen Augsburg (2:6) auf der Tribüne.

Erfolg von heute ist Lohn fürs Durchhalten

Als vorm ersten Bully in der Uber-Arena das zehnte Meisterbanner hochgezogen wurde, war auch „Karre“ gerührt. Achim Ziesche fehlte dagegen aus familiären Gründen, seine Frau ist erkrankt. Anlässlich des Jubiläums-Guide der Eisbären hatte Ziesche aber schon gesagt: „20 Jahre wurde Eishockey in der DDR unterdrückt. Wir haben durchgehalten. Mit den Eisbären ernten wir jetzt den Lohn.“

Die Eishockeyspieler pflegten schon immer ein enges Verhältnis zu Dynamos Fußballern. Sicher war das früher noch enger als heute, denn Kicker und Eis-Cracks wurden zur gleichen Zeit gegründet. Dynamo-Torjäger Günter „Moppel“ Schröter und Hanne Frenzel besuchten fast bis zu ihrem Tode gemeinsam die Sauna im Berliner Sportforum.

Die große Zeit des BFC Dynamo

Auch die BFC-Fußballer sind mit ihren zehn DDR-Meistertiteln untrennbar mit Dynamo verbunden.
Auch die BFC-Fußballer sind mit ihren zehn DDR-Meistertiteln untrennbar mit Dynamo verbunden.Camera4/imago

Die Fußball-Dynamos mischten seit ihrer Gründung in der DDR-Oberliga vorn mit. Allerdings war das kein Berliner Verdienst. Stasi-Chef Erich Mielke hatte angeordnet, dass die Spieler mit klangvollen Namen wie Herbert Schoen, Johannes Matzen oder Torwart Heinz Klemm von Dynamo Dresden in die Hauptstadt wechseln. 1956 mussten die Dynamos die bittere Pille des Abstiegs schlucken, waren aber ein Jahr später wieder oben und gut drauf. Trainer Jürgen Bogs führte später den zum BFC Dynamo gewandelten Klub zu zehn DDR-Meistertiteln. Von Meistertitel können die heutigen Spieler in der Regionalliga allerdings nur träumen.

Ähnlich geht das den Eisschnellläufern. Mit Uwe-Jens Mey, Olaf Zinke und André Hoffmann jagten bei Olympia gleich drei Berliner Dynamo-Athleten zu Gold. Heute haben die Holländer längst geduscht, wenn die Deutschen ins Ziel kommen … Die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein begann mit Trainer Joachim Franke noch bei Dynamo und lief nach der Wende zwischen 1992 und 2006 zu fünf olympischen Goldmedaillen. Mit acht Starts ist die Berlinerin Teilnahme-Rekordlerin bei olympischen Winterspielen.

Erste Olympiamedaillen nach nur zwei Jahren

Christa Stubnik (r.) spurtet 1956 bei Olympia in Melbourne über 200 Meter hinter Betty Cuthbert aus Australien zu Silber.
Christa Stubnik (r.) spurtet 1956 bei Olympia in Melbourne über 200 Meter hinter Betty Cuthbert aus Australien zu Silber.United Archives/imago

Zu den ersten Weltrekordlerinnen und olympischen Silbermedaillengewinnerinnen stiegen bereits 1956 bei Olympia in Melbourne die beiden inzwischen verstorbenen Dynamo-Sprinterinnen Gisela Birkemeyer-Köhler und Christa Stubnik-Seliger auf. Birkemeyer sprintete über die Hürden und Stubnik über 100 und 200 Meter zu Silber. Beide erfreuten sich in der DDR riesiger Popularität. Ihnen folgten später 31 Dynamo-Olympiasieger und -siegerinnen wie die zweimalige Gold-Olympionikin Turnerin Prof. Dr. Karin Janz oder auch die 400-m-Läuferin Monika Zehrt.