Die Bundesregierung hat der Ukraine den Einsatz deutscher Waffen gegen militärische Ziele auf russischem Territorium erlaubt. Die Freigabe erfolgt für den Einsatz über die Grenze hinweg. In den letzten Monaten war die Stadt Charkiw immer wieder Ziel russischer Luftangriffe geworden.
Begründet wird dies besonders mit Bezug auf die Stadt. Die Ukraine sei in den vergangenen Wochen „insbesondere im Raum Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen Grenzgebiet“ angegriffen worden, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag mit. „Gemeinsam sind wir der Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht hat, sich gegen diese Angriffe zu wehren.“
Bundesregierung versucht sich undurchsichtiger für Russland zu machen
Damit hat man zwar eine Festlegung getroffen, die sich auf Charkiw bezieht, doch eine Beschränkung auf die Grenzregion geht aus der Mitteilung nicht hervor. Auf Nachfrage des Berliner KURIER wollte die Bundesregierung sich nicht weiter zu den Beschränkungen für die Ukraine äußern. Denn auch wenn Russland Charkiw vor allem aus der benachbarten russischen Region Belgorod angreift, gibt es immer wieder auch Angriffe mit Marschflugkörpern und Raketen, die aus anderen Gebieten abgefeuert werden.
Denkbar ist, dass die Bundesregierung sich mittlerweile weniger detailliert äußert, um Russland ein Stück weit im Dunkeln zu lassen. So waren Kanzleramt und Bundesverteidigungsministerium immer wieder in die Kritik geraten, weil sie sehr genau festlegten, welche Waffen Deutschland liefert und welche Einschränkungen man den Ukrainern dafür auferlegte. Laut Experten machen solche Festlegungen es den Russen einfacher ihre militärischen Planungen nach den Ankündigungen einzustellen.
Ukraine kann nun deutsche Waffen gegen militärische Ziele in Russland einsetzen
Der Regierungssprecher ergänzte weiter : „Dazu kann sie auch die dafür gelieferten Waffen in Übereinstimmungen mit ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen einsetzen; auch die von uns gelieferten.“ Deutschland hat unter anderem die Panzerhaubitze 2000 sowie das Mars-II-System an die Ukraine geliefert, deren Reichweite einen Beschuss von Zielen in Russland ermöglichen.
Kurz zuvor hatte bereits US-Präsident Joe Biden der Ukraine solche Angriffe auf russisches Territorium im Grenzgebiet zu Charkiw mit US-Waffen erlaubt. Die Bundesregierung passe ihre Unterstützung „gemeinsam mit unseren engsten Verbündeten und im engen Dialog mit der ukrainischen Regierung“ kontinuierlich der Entwicklung des Kriegsgeschehens an, erklärte dazu der Regierungssprecher.
Charkiw wird immer wieder von Russland bombardiert
Die US hatten die Schläge aber geografisch begrenzt. Dies gelte aber ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw, sagte ein US-Regierungsvertreter. Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische Streitkräfte vorzugehen, „die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie anzugreifen“. Davon abgesehen bleibe der Einsatz von US-Waffen auf Ziele in Russland aber verboten.
Russland hatte die Angriffe auf die grenznahe ukrainische Millionenstadt Charkiw zuletzt massiv intensiviert. Täglich gibt es dort Angriffe Russlands mit Gleitbomben, gegen die sich die Ukraine bisher kaum wehren konnte. Immer wieder sterben dabei Menschen. Erst am Wochenende trafen zwei russische Fliegerbomben einen Baumarkt am hellichten Tag und töteten 19 Menschen. In der vergangenen Nacht starben mindestens fünf Menschen als ein fünfstöckiges Wohnhaus von russischen Raketen getroffen wurde. Zudem werden auch Rettungskräfte bei Doppelschlägen immer wieder Opfer der brutalen Luftschläge.
Nur zögerliche Freigabe für angegriffenes Land
Ob die Ukraine sämtliche vom Westen gelieferten Waffen auch für Angriffe auf militärische Ziele in Russland nutzen können sollte, wird unter Nato-Staaten kontrovers diskutiert. Die Ukraine fordert dies seit längerem, um russische Stellungen in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg effektiver bekämpfen zu können. Bisher setzt das Land dafür vor allem eigene Raketen und Drohnen ein. Die westlichen Waffen zielen bislang in erster Linie auf russische Stellungen in den von Moskau besetzten Gebieten der Ukraine.
Länder wie die USA und Deutschland haben die Abgabe von bestimmten Waffensystemen nach Angaben aus Bündniskreisen zum Teil an strenge Auflagen für deren Nutzung gekoppelt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die Nato zur Kriegspartei werden könnte. ■