Die dritte Nacht in Folge gab es massive russische Luftangriffe gegen die Ukraine. Wie schon in der Nacht zuvor richteten sich die Angriffe gegen Ziele im ganzen Land. Doch diesmal streifte ein gegen den Westen der Ukraine gerichteter russischer Marschflugkörper auch den polnischen Luftraum. Vermutlich schlug das Geschoss kurz danach in der Ukraine ein.
Wie die polnische Armee am Sonntag im Onlinedienst X mitteilte, wurde für etwa 40 Sekunden „der polnische Luftraum durch einen der Marschflugkörper verletzt, die heute Nacht von der Luftwaffe (...) der Russischen Föderation abgefeuert wurden“. Nach dem Vorfall seien „alle notwendigen Verfahren zur Gewährleistung der Sicherheit des polnischen Luftraums aktiviert“ worden. „Unter anderem wurden die polnische und die alliierte Luftwaffe aktiviert.“ Doch abgeschossen wurde der Marschflugkörper nicht.
Russischer Marschflugkörper verletzt polnischen Luftraum
„Das Objekt flog auf der Höhe des grenznahen Dorfes Oserdow im polnischen Luftraum und und blieb dort 39 Sekunden lang“, erklärte das Einsatzkommando der polnischen Streitkräfte (RSZ). Der Marschflugkörper sei während der gesamten Flugzeit vom Militärradar beobachtet worden. Die polnische Armee überwache „ständig die Situation auf ukrainischem Gebiet“ und sei „in ständiger Alarmbereitschaft, um die Sicherheit des polnischen Luftraums zu gewährleisten“.
Das RSZ hatte zuvor die Beobachtung von „intensiver Aktivität von Langstreckenflugzeugen aus der Russischen Föderation“ in Verbindung mit den Angriffen in der Ukraine gemeldet. Der an Polen grenzende Westen der Ukraine sowie die Hauptstadt Kiew waren in der Nacht zu Sonntag erneut von einer massiven russischen Angriffswelle überzogen worden.
Ukrainer empört über ausbleibende NATO-Reaktion
Wie ukrainische Medien unter Berufung auf die Streitkräfte berichten, drangen mehrere russische Marschflugkörper in den Luftraum der Ukraine ein und flogen in Richtung des Westens des Landes. Einer davon scherte aus und flog dann kurz über den polnischen Luftraum. Laut Militärbloggern soll er danach weiter in Richtung der Stadt Stryj in der Westukraine geflogen sein. Diese Informationen wurden von den Behörden bisher jedoch nicht bestätigt. Aus Stryj wurden jedoch mehrere Einschläge von Marschflugkörpern und Explosionen gemeldet.
Viele Ukrainer reagieren empört auf die ausbleibende Reaktion der NATO – obwohl Russland wiederholt den Luftraum des Bündnisses angegriffen hat. Mit Bezug auf die Blockade von ukrainischem Getreide durch polnische Bauern an den Grenzübergängen schrieb der Ukrainer Mykhailo Golub auf dem Kurznachrichtendienst X: „Der Transit von ukrainischem Getreide durch Polen wird blockiert, russische Marschflugkörper können jedoch ungehindert durch den polnischen Luftraum fliegen.“
Bereits der dritte Vorfall seit Beginn der russischen Invasion
Denn ähnliche Vorfälle gab es bereits zuvor. Im Dezember war bereits ein russischer Marschflugkörper in den polnischen Luftraum eingedrungen und hatte diesen wenige Minuten später in Richtung Ukraine wieder verlassen.
Im November 2022 hatte der Absturz einer Rakete auf ein Dorf in Polen mit zwei Toten die Befürchtung ausgelöst, dass der Bündnisfall eintreten und die Nato in den Konflikt hineingezogen werden könnte. Die Ukraine machte damals Russland für den Vorfall verantwortlich. Nach Ansicht des Westens und Moskaus handelte es sich jedoch um eine vom Kurs abgekommene ukrainische Abwehrrakete.
Der in Artikel 5 geregelte Nato-Bündnisfall sieht bei einem „bewaffneten Angriff“ auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten eine kollektive Antwort vor.
Auch andere NATO-Staaten immer wieder betroffen
Dennoch hat Russland den NATO-Luftraum im Krieg gegen die Ukraine bereits mehrfach verletzt. Neben Polen drangen Drohen auch in den Luftraum von Rumänien ein. Auch Bulgarien war bereits betroffen. Zudem überfliegen Marschflugkörper und Raketen auch immer wieder das Territorium des Nicht-NATO-Mitglieds Moldau.
„Die Reaktionen darauf beschränken sich bisher auf den Bau von Luftschutzbunkern, Einrichtung von Warnsystemen und Flugbeschränkungsgebieten, diplomatische Protestnoten an die russische Seite und neuerdings auch auf eine verbesserte Luftraumaufklärung und den Einsatz bewaffneter Alarmrotten“, so Luftfahrtexperte Stefan Büttner. ■