Kredite und Verträge

Schufa-Hammer vom Europäischen Gerichtshof

Gericht weist Kredit-Auskunftei in die Schranken: Schufa-Score darf nicht allein maßgeblich für die Kreditwürdigkeit sein. Daten müssen früher gelöscht werden. 

Author - Stefanie Hildebrandt
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Die Schufa liefert ihren Vertragspartnern eine Einschätzung zur Bonität von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Foto:
Die Schufa liefert ihren Vertragspartnern eine Einschätzung zur Bonität von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Foto:Andreas Arnold/dpa

Fast jeder Deutsche hat ihn: einen Schufa-Score, der Auskunft über die Kreditwürdigkeit geben soll. Je höher, desto besser auf einer Skala von 0 bis 100. Alles unter 50 gilt als wenig kreditwürdig. Negative Einträge entstehen bei Zahlungsausfällen oder unbezahlten Forderungen. Sie werden erst nach mindestens zwei unbeantworteten Mahnungen erstellt. Doch hat man erst einmal einen negativen Schufa-Eintrag, kommt es oft zu Problemen beim Abschluss von Handyverträgen und anderen Geschäften. 

Egal ob beim Mietvertrag, dem Handyanbieter oder dem Stromversorger: Mit einem schlechten Schufa-Score hat man oft wenig Chancen. Nun hat das höchste europäische Gericht klargestellt, welchen Einfluss der Schufa-Score haben darf. 

Unternehmen dürfen nicht nur auf den Schufa-Score schauen

Unternehmen dürfen nicht ausschließlich auf Grundlage einer automatisierten Bewertung der Kreditwürdigkeit durch die Schufa entscheiden, ob sie Verträge mit Kunden abschließen. Der sogenannte Schufa-Score sei als eine grundsätzlich verbotene „automatisierte Entscheidung im Einzelfall“ anzusehen, sofern die Kunden der Schufa ihm eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimäßen, entschied der Europäische Gerichtshof am Donnerstag in Luxemburg.

Banken, Telekommunikationsdienste oder Energieversorger fragen meist bei privaten Auskunfteien wie der Schufa nach der Kreditwürdigkeit einer Person. Die Schufa liefert dann eine Einschätzung, den sogenannten Score-Wert. Der soll zeigen, wie gut der Betreffende seine Zahlungsverpflichtung erfüllt.

Schufa-Eintrag löschen lassen

Hintergrund des Verfahrens vor dem EuGH ist ein Fall aus Deutschland. In einem davon hat eine Person, der ein Kredit verwehrt wurde, die Schufa aufgefordert, einen Eintrag zu löschen und ihm Zugang zu den Daten zu gewähren. Die Schufa teilte ihm seinen Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht aber die genaue Berechnungsmethode.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden legte den Fall dem EuGH vor, um grundsätzlich das Verhältnis zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) klären zu lassen. Die DSGVO schreibt vor, dass Entscheidungen, die für Menschen rechtliche Wirkung entfalten, nicht nur durch die automatisierte Verarbeitung von Daten getroffen werden dürfen. Damit ist das automatisierte Kreditscoring in der jetzigen Form verboten, und zwar für Auskunfteien im ganzen EU-Raum.

Vor allem jüngere Menschen nutzen nach Erkenntnissen der Schufa häufig die Möglichkeit, Einkäufe zum Beispiel im Online-Handel in Raten abzuzahlen. 
Vor allem jüngere Menschen nutzen nach Erkenntnissen der Schufa häufig die Möglichkeit, Einkäufe zum Beispiel im Online-Handel in Raten abzuzahlen. Christin Klose/dpa

Keine automatisierten Entscheidungen bei Krediten

Die Richter in Luxemburg entschieden nun, dass das Scoring nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Die Kunden der Schufa dürften dem Score keine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimessen. 

Auch dürfen Daten aus öffentlichen Verzeichnissen über Restschuldbefreiungen künftig nicht mehr als sechs Monate gespeichert werden. Die betroffene Person hat das Recht, einen Widerspruch gegen die Datenverarbeitung einzulegen, sofern keine zwingenden Gründe entgegenstehen.  Die verantwortliche Stelle muss unrechtmäßige Daten unverzüglich löschen, urteilte das EuGH.

Die Anwälte, die den Betroffenen in Deutschland vertreten haben, teilten nach dem Urteil mit: „Wir freuen uns sehr, dass der Europäische Gerichtshof unserer Auffassung gefolgt ist. Die Entscheidung wird weitreichende Folgen für die Auskunfteienwirtschaft haben. Die Einhaltung der strengen Grundsätze der DSGVO sind sehr wichtig, um die betroffenen Personen zu schützen und eine Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Diesem Ziel sind wir mit der heutigen Entscheidung einen großen Schritt näher gekommen. Ergänzt wird dies durch die wichtige Feststellung, dass auch Entscheidungen von Aufsichtsbehörden vollumfänglich überprüfbar sind.“

Die Schufa begrüßte das Urteil: Es sorge für Klarheit, wie die Scores in den Entscheidungsprozessen von Unternehmen im Sinne der DSGVO verwendet werden dürfen. „Das weit überwiegende Feedback unserer Kunden lautet, dass Zahlungsprognosen in Form des Schufa-Scores für sie zwar wichtig, aber in aller Regel nicht allein entscheidend für einen Vertragsabschluss sind“, teilte die Schufa nach dem Urteil mit.

Die Schufa Holding AG, vormals SCHUFA e. V. Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, ist die größte Auskunftei in Deutschland und hat ihren Sitz in Wiesbaden.  Die Schufa verfügt über fast 1.000 Millionen Einzeldaten zu knapp 70 Millionen Bundesbürger:innen und zu sechs Millionen Unternehmen. Die Daten erhält die Auskunftei von Banken und Sparkassen, Kreditkartenorganisationen und Unternehmen im stationären oder Onlinehandel, sowie von Telekommunikationsgesellschaften, Energieversorgern oder Inkassounternehmen. 

Ein negativer Eintrag wird erst gelöscht, wenn man seine Schulden beglichen hat. Ab dem Zeitpunkt gilt eine Frist von drei Jahren, binnen der der negative Eintrag gelöscht sein muss. Bei Privatinsolvenzen können die Daten sogar bis zu zehn Jahre gespeichert werden. Nun gilt: Die Schufa muss aus dem Insolvenzregister abgegriffene Daten nach sechs Monaten löschen. Für andere Negativ-Daten dürfte dies auch gelten. 

Zu 8,9 Prozent aller Personen im Schufa-Datenbestand gab es im Jahr 2021 mindestens ein Negativ-Merkmal. Die Altersgruppe mit den wenigsten Negativmerkmalen sind die 18-bis 19-jährigen, nämlich nur 0,9 Prozent. Die Altersgruppe mit den meisten sind die 40- bis 44-Jährigen (15 Prozent).

Um Einsicht in die Schufa-Daten zu erhalten, kann man einmal im Jahr eine kostenlose Datenkopie bei der Schufa bestellen, die sogenannte „kostenlose Datenkopie nach Art. 15 DS-GVO“. Das geht ganz einfach über die Webseite der Schufa.