Es hat sich in den Prognosen abgezeichnet – und nun ist der politische Alptraum vieler Wirklichkeit geworden: Die AfD hat bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Rekord-Ergebnisse eingefahren. Laut ersten Hochrechnungen ist die Partei in Thüringen stärkste politische Kraft geworden, in Sachsen landete sie auf dem zweiten Platz vor der CDU. Das bedeutet: In beiden Bundesländern ist allein die AfD so stark wie alle drei Ampel-Parteien zusammen.
Landtagswahl in Thüringen: AfD landet auf dem ersten Platz vor der CDU
Die Ergebnisse im Detail: In Thüringen ist die AfD erstmals bei einer Landtagswahl stärkste politische Kraft geworden. Der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Landesverband des Spitzenkandidaten Björn Höcke erreichte bei der Abstimmung am Sonntag laut Prognosen von ARD und ZDF 30,5 Prozent bis 33,5 Prozent. Die AfD lag damit klar vor der von Mario Voigt geführten CDU, die mit 24,5 Prozent der Stimmen rechnen kann.
Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow verzeichnete dramatische Verluste und landete mit 11,5 Prozent bis 12,5 Prozent noch hinter dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Der erst vor einem knappen halben Jahr gegründete BSW-Landesverband erreichte mit Spitzenkandidatin Katja Wolf mit 14,5 Prozent bis 16,0 Prozent der Stimmen auf Anhieb Platz drei. Die im Bund regierenden Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP erzielten in Thüringen durchweg nur einstellige Werte. Die Kanzlerpartei SPD musste mit 6,5 Prozent bis 7,0 Prozent ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in der Bundesrepublik hinnehmen. Grüne und FDP verpassten den Wiedereinzug in den Erfurter Landtag. Die Grünen konnten mit 4,0 Prozent rechnen, die FDP nur mit 1,0 Prozent bis 1,3 Prozent.

Die Mandatsverteilung im künftigen Landtag dürfte laut ARD und ZDF so aussehen: AfD 30 bis 33 Mandate, CDU 24 Mandate, BSW 14 bis 15 Mandate, Linke elf bis zwölf Mandate und SPD sechs bis sieben Mandate. Mit diesem Ergebnis zeichnen sich auch für den künftigen Landtag keine klaren Mehrheitsverhältnisse ab - Thüringen steht also abermals vor einer äußerst schwierigen Regierungsbildung. Ministerpräsident Ramelow führte in den vergangenen fünf Jahren eine gemeinsam mit SPD und Grünen gebildete Minderheitsregierung, die nun klar abgewählt wurde. Die in der Wahl erstarkte AfD von Landeschef Höcke, der zum äußerst rechten Rand der Partei zählt, wird aller Voraussicht nach nicht an die Regierung gelangen, weil alle anderen vom Landtag vertretenen Parteien eine Koalition mit ihr ablehnen.
Die Regierungsbildung nach der Landtagswahl dürfte spannend werden
„Es scheint deutlich zu sein, dass wir mit Abstand stärkste Kraft sind“, sagte Höcke im Interview im Wahl-Spezial der ARD. Das Ergebnis bezeichnete er als historisch. „Zum ersten Mal ist die AfD stärkste parlamentarische Kraft geworden – und das erfüllt mich mit ganz viel Stolz und Zufriedenheit.“ Er forderte, dass sich die Altparteien „in Demut üben“ – das „dämliche Brandmauer-Gerede“ müsse vorbei sein.
Wie es nun zur Regierungsbildung kommen wird, bleibt abzuwarten. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt sieht in den Prognosen den Auftrag zur Regierungsbildung bei den Christdemokraten. „Wir begreifen das als CDU auch als Chance für den politischen Wechsel unter der Führung der CDU“, sagte der 47-Jährige in Erfurt. AfD-Co-Chef Tino Chrupalla allerdings leitet aus dem Wahlergebnis für seine Partei in Thüringen einen Regierungsauftrag ab. „Das ist wirklich ein historischer Tag heute in Thüringen und ein sehr gutes Ergebnis in Sachsen“, sagte er im ZDF. Das Ergebnis in Thüringen nannte Chrupalla sensationell. „Wir haben in Thüringen einen klaren Vorsprung von über zehn Prozent, also auch einen klaren Regierungsauftrag. Das ist im übrigen Demokratie“, fügte er hinzu.

Landtagswahl in Sachsen: Das sind die ersten Ergebnisse
Bei der Landtagswahl in Sachsen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU und der AfD ab. Nach den 18-Uhr-Prognosen von ARD und ZDF liegen beide Parteien etwa gleich auf, bei der ARD mit einem Vorsprung für die CDU. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) landet aus dem Stand heraus auf Platz drei, dahinter rangiert die SPD. Die Grünen müssen um den Wiedereinzug bangen. FDP und Linke kommen nicht in den Landtag.
Den Prognosen zufolge erreicht die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer 31,5 bis 32 Prozent, die AfD kommt auf 30,0 bis 31,5 Prozent. Das BSW erzielt 11,5 bis 12,0 Prozent. Die SPD landet bei 7,5 bis 8,5 Prozent. Die Grünen stehen mit 5,0 bis 5,5 Prozent auf der Kippe. Die Linke kommt mit 4,0 bis 4,5 Prozent ebenso wenig in den Landtag wie die FDP, die laut ZDF-Prognose 1,0 Prozent schafft. In der ARD-Prognose wurde die FDP gar nicht mehr aufgezählt. „Ich finde, wir haben allen Grund zum Feiern“, sagte Kretschmer bei der Wahlparty der CDU. „Hinter uns liegen fünf harte Jahre, hinter uns liegen Wahlen zur Bundestagswahl, zur Europawahl, wir wissen alle, was das für eine Serie war. Wie enttäuscht die Menschen sind von dem, was in Berlin passiert.“ Die Leute in Sachsen hätten keine Protestwahl gemacht, sondern der CDU vertraut. ■