Es war schon ungewöhnlich, was da ein Rügen-Urlauber jetzt vor die Linse bekam. Uwe Baier (46) aus Sachsen-Anhalt filmte ein U-Boot, das plötzlich in der Ostsee bei Sassnitz auftauchte. Der Familienvater veröffentlichte das Video im Internet und bekam prompt Riesen-Ärger. Dieser wurde so groß, dass der Mann vorzeitig seinen Urlaub beendete.
„Dabei habe ich doch gar nichts Schlimmes getan, sondern nur ein U-Boot auf der Ostsee fotografiert“, sagt Baier dem KURIER. Das war vor wenigen Tagen. „Da saß ich in einer Strandbar in Sassnitz, trank einen Cocktail und sah dann auf dem Wasser das U-Boot. Oh, dachte ich, der Cocktail wirkt ja schnell. Doch dann ging ich mit meinem Sohn zum Strand, fotografierte und filmte das U-Boot, das da tatsächlich neben einem Schiff der Küstenwache auf der Ostsee fuhr.“
Seit 20 Jahren macht Baier auf Rügen Urlaub. Aber so etwas hatte er noch nie gesehen. Darum teilte er das U-Boot-Video auf seinem Facebook-Account und in einer Facebook-Rügen-Gruppe. „Ich wollte wirklich nichts Böses“, sagt er. Und was kann denn so schlimm an einem U-Boot sein, das für jedermann sichtbar bei Tageslicht offen auf der Ostsee fährt?
Doch kaum hatte Baier das Video veröffentlicht, kam auch schon eine Meldung von Facebook. „Darin hieß es, dass ich illegale Nachrichten verbreiten würde“, sagt Baier dem KURIER. „Daraufhin wurde mein Account für 24 Stunden von Facebook gesperrt.“
Riesen-Ärger um Urlaubs-Video: Gefilmtes U-Boot soll Israel bekommen
Es wird noch mysteriöser. Denn Baier erhält einen Anruf von einem Mann, der sich als Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) ausgibt, das in Kiel U-Boote baut. „Dieser Mann rief mich mit unterdrückter Rufnummer an, erklärte, es wäre besser, wenn ich die Aufnahmen von dem U-Boot löschen würde.“
In der Tat stammt das U-Boot von der Kieler Rüstungsfirma TKMS, wie die Wasserschutzpolizei Rügen dem NDR bestätigt. Das Unternehmen will sich zu der Sache nicht äußern. Solche militärischen Informationen unterlägen strenger Geheimhaltung, soll ein TKMS-Sprecher auf NDR-Anfrage mitgeteilt haben.

Baier ahnt gar nicht, was er da für einen Riesenwirbel mit einem harmlos wirkenden U-Boot-Video losgetreten hat. Das Filmchen verbreitet sich im sozialen Netzwerk schnell. „Sogar in den USA ist es zu sehen, hat mir ein Freund berichtet.“ Und mit der raschen Verbreitung im Netz kommen auch schnell irgendwelche Falschmeldungen. „,Urlauber filmt russisches Atom-U-Boot‘ und anderen Quatsch musste ich da lesen“, sagt Baier.

In Wahrheit ist es wohl ein U-Boot, dass in der Kieler TKMS-Werft für Israel gebaut wurde. Laut NDR hat der Kieler Journalist Frank Behling das Unterseeboot auf dem Video als die „Drakon“ identifiziert, erkennbar unter anderem an dem charakteristischen blauen Turm oben auf dem Boot.
Es gibt Fotos, die den Bau des U-Bootes zeigen. Auch von Fährschiffen, die von Kiel aus in Richtung Norwegen fahren, hätte man beim Vorbeifahren an der TKMS-Werft die „Drakon“ fotografieren können. Am 24. Juli tauchte das U-Boot von dort aus zur ersten Testfahrt ab.
Wegen Wirbel um sein U-Boot-Video reiste Urlauber vorzeitig ab
Testfahrten zwischen Rügen und Dänemark sind nichts Ungewöhnliches. Mit etwas Glück kann hier jeder ein U-Boot vom Strand aus beobachten. Die tiefen Gewässer zwischen Rügen und Bornholm sind laut Behling ideal für Probefahrten. Man ist noch im deutschen Hoheitsgebiet und somit relativ sicher vor beispielsweise russischer Ausspähung, heißt es in dem NDR-Bericht.

Dass es sich nun um ein U-Boot für Israel handelt, macht die Sache für den U-Boot-Filmer auch nicht besser. Im Gegenteil. „Ich bekomme Drohungen, werde als Israel-Feind beschimpft, weil ich angeblich mit der Aufnahme Geheimnisse verraten habe“, sagt Baier.
An Urlaub sei gar nicht mehr zu denken, er habe daher jetzt mit seiner Familie die Ferien auf Rügen vorzeitig beendet, ist wieder in Sachsen-Anhalt. Den ganzen Wirbel um das Video kann Baier nach wie vor nicht verstehen. „Ich habe doch nur ein U-Boot auf der Ostsee gefilmt“, sagt er.