Erst die große Hoffnung und dann die traurige Nachricht: Nur wenige Tage nach der Geburt von drei kleinen Amurtiger-Babys hat der Leipziger Zoo die Jungtiere wieder getötet. Es hätte keine andere Möglichkeit gegeben, sagt Zoodirektor Jörg Junhold, die Tigermutter hätte sich nicht mehr um die Jungen gekümmert. Viele Tierfreunde sind aufgebracht, im Internet wird heftig diskutiert.
Amurtigerin Yushka war am Mittwochabend erstmals Mutter geworden und hatte drei Jungtiere geboren, meldete der Leipziger Zoo. Erst lief alles glatt, doch wenig später begann das Drama. Yushka kümmerte sich in den ersten Stunden vorbildlich um den Nachwuchs, leckte die Neugeborenen trocken. Sogar erste Saugversuche der Baby-Tiger wurden registriert.
Doch dann wurde Yushka wohl alles zu viel, sie wendete sich vom Nachwuchs ab. Dies sei bei Tieren, die zum ersten Mal Mutter werden, nicht ungewöhnlich, erklärt Zoodirektor Jörg Junhold. „Dass sie die Aufzucht ohne ersichtlichen Grund dann abgebrochen hat, ist aus Sicht von uns Menschen emotional traurig, gehört aber im Tierreich bei unerfahrenen Müttern zum Verhaltensrepertoire dazu.“
„Den Jungtieren Leiden durch Verhungern ersparen“
Da die Mutter sich nicht um die Jungtiere kümmerte, habe man den drei kleinen Amurtigern Leid ersparen und sie einschläfern müssen, teilt der Zoo mit. Eine Handaufzucht sei unter dem Aspekt einer artgerechten Wildtierhaltung nicht infrage gekommen.
Bevor der Zoo diese Entscheidung fällte, habe die Tigerin ihren Nachwuchs während knapp zwei Tagen nicht mehr versorgt. Die Jungen seien deswegen ausgekühlt und zunehmend geschwächt gewesen. „An diesem Punkt, wenn die Jungtiere kein aktives Verhalten mehr zeigen und damit beim Muttertier kein Stimulus zur Versorgung oder Milchbildung mehr ausgelöst wird, müssen wir der schweren Verantwortung gerecht werden, und den Jungtieren das Leiden durch Verhungern ersparen“, erklärte Zoo-Tierarzt Andreas Bernhard.
Viele sind entsetzt über die Tötung der Tigerbabys. Auf der Facebook-Seite des Leipziger Zoos gingen innerhalb kurzer Zeit über 1000 Kommentare ein. Ein wütender Tierfreund schreibt: „Kein Verständnis, die Art ist vom Aussterben bedroht und Ihr tötet 3 Jungtiere, Handaufzucht wäre zum Arterhalt wichtig gewesen.“ Da die Tiere sowieso weiter im Zoo gelebt hätten, wäre es egal gewesen, ob die Tiere auf den Menschen geprägt worden wären. „Kein Wunder, das Zoos immer mehr in Verruf geraten, wenn sie nicht mal dem Arterhalt nachkommen“, heißt es in dem Kommentar weiter.
Amurtiger sind vom Aussterben bedroht
Steffi Schulz schreibt, dass es unfassbar wäre: „Bei eingesperrten Tieren muss man damit rechnen, dass es beim Annehmen der Babys Probleme gibt, also braucht es einen Plan B und der darf nicht heißen: Wir schläfern die Kleinen ein!“ Unter den Kommentaren gibt es aber auch viele Stimmen, die dem Zoo zustimmen. „Finde ich absolut richtig vom Zoo Leipzig“, schreibt zum Beispiel Marco Erfurt. Er finde es sehr gut, dass der Zoo offen Stellung dazu nimmt.

Zoodirektor Junhold erklärt, warum eine Handaufzucht nicht in Frage kam. „Die Aufzucht von Nachwuchs durch die Katzenmutter sowie das Lernen vom Muttertier durch den Nachwuchs sind für das natürlich Verhalten ohne Fehlprägungen essentiell. Diesem wissenschaftlichen Anspruch zur artgemäßen Wildtierhaltung sind wir als Zoo Leipzig ebenso wie unsere Fachkollegen verpflichtet.“