Experte im Interview

Profiler zum Mord an Fabian (8) aus Güstrow: War Gina H. nur die Gehilfin?

Warum startete die Polizei einen Zeugenaufruf? Kriminalexperte Axel Petermann schätzt den Stand der Ermittlungen ein!

Author - Stefan Doerr
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Der kleine Fabian aus Güstrow verschwand am 10. Oktober spurlos. Vier Tage später wurde seine Leiche an einem Tümpel entdeckt.
Der kleine Fabian aus Güstrow verschwand am 10. Oktober spurlos. Vier Tage später wurde seine Leiche an einem Tümpel entdeckt.Bernd Wüstneck/dpa, Polizei

Der Mord am achtjährigen Fabian aus Güstrow bewegt ganz Deutschland: Mehr als zwei Wochen sind inzwischen vergangen, seitdem die Polizei eine dringend tatverdächtige Frau festgenommen hat. Es ist Gina H. (29), die Ex-Freundin von Fabians Vater. Doch warum starteten die Ermittler jetzt einen Zeugenaufruf samt Fotos eines beschlagnahmten Geländewagens? Was hat die Staatsanwaltschaft gegen Gina H. tatsächlich in der Hand? Kriminalexperte Axel Petermann ordnet gegenüber RTL den Stand der Ermittlungen ein.

Mit ihrem Zeugenaufruf sucht die Polizei konkrete Informationen zu einem beschlagnahmten orangefarbenen Pickup. Nach bisherigen Erkenntnissen gehört er Gina H., die wegen dringenden Mordverdachts in Untersuchungshaft sitzt.

Warum startete die Polizei den Zeugenaufruf?

Nun läuft die Suche nach Hinweisen, wo ihr Ford Ranger am 10. Oktober, dem Tag von Fabians Verschwinden, gesehen wurde. Laut Mitteilung nimmt die Polizei an, dass Fabian zu Hause in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 10.30 und 11 Uhr abgeholt wurde. Weiterhin fragt die Polizei, ob Zeugen das Fahrzeug im Anschluss auf der 15 Kilometer langen Strecke in Richtung Klein Upahl gesehen haben oder in der Zeit von 11.15 bis 15 Uhr in Klein Upahl selbst. Dort war an einem Tümpel Fabians Leiche entdeckt worden. Seltsamerweise war es Gina H., die den toten Jungen bei einem Spaziergang gefunden hat!

Profiler Axel Petermann schätzt den Stand der Ermittlungen im Fall Fabian ein
Profiler Axel Petermann schätzt den Stand der Ermittlungen im Fall Fabian einGerd Engelsmann

Wie ist die Beweislage im Fall Fabian?

Inzwischen ist die 29-Jährige als dringend tatverdächtig in Untersuchungshaft. Aber warum dann der neu veröffentlichte Zeugenaufruf? Hat die Polizei nicht genug gegen Gina H. in der Hand? „Es geht sicherlich darum, Beweise zu finden“, erklärt Kriminalexperte Axel Petermann im RTL-Interview das Vorgehen der Ermittler. „Würde die Frau gestanden haben, dann würde das für die Ermittler die Situation sicherlich vereinfachen.“ Doch ohne Geständnis müssten die Ermittler „zusehen, dass man von außen weitere Beweise bekommt“, so Petermann weiter.

Für die Ermittler geht es dabei einerseits um Sachbeweise, die zum Täter oder zur Täterin führen – also Spuren etwa am Tümpel in Klein Upahl, wo Fabians Leiche lag, Spuren bei den durchgeführten Wohnungsdurchsuchungen oder im beschlagnahmten Geländewagen.

Dieser Ford wurde beschlagnahmt. Die Polizei sucht Zeugen, die den Wagen am 10. Oktober sahen.
Dieser Ford wurde beschlagnahmt. Die Polizei sucht Zeugen, die den Wagen am 10. Oktober sahen.dpa

Neben Sachbeweisen gebe es aber auch den Personalbeweis, über Zeugenaussagen. Damit werde untermauert, „dass eine verdächtige Person zu einem bestimmten Zeitpunkt an Orten gewesen ist, die tatrelevant sind oder sogar dabei gesehen worden ist, als das Verbrechen begangen wurde“, erklärt der bekannte Profiler.

Wird der Mord an Fabian aufgeklärt?

Hätten die Ermittler nichts gegen Gina H. in der Hand, wäre sie nach Petermanns Meinung längst wieder frei. „Ein dringender Tatverdacht ist nicht bei den Haaren herbeigeholt“, so Petermann. Der Richter habe entschieden, dass das, was der Inhaftierten „vorgeworfen wird, so stichhaltig ist, dass sie nur allein als Täterin infrage kommen kann oder als Gehilfin infrage kommen kann. Man wird sicherlich Spuren haben“, mutmaßt Petermann im RTL-Interview.

Doch man müsse dies mit klaren Beweisen absichern. Fehlt dies, könnte es Polizei und Staatsanwaltschaft so ergehen wie im Fall der seit 2019 vermissten Berlinerin Rebecca Reusch. Es wird vermutet, dass die damals 15-Jährige einem Verbrechen zum Opfer fiel, auch einen Tatverdächtigen gibt es. Doch es kam mangels Beweisen nie zur Anklage.