Schoko-Drink im Kreuzfeuer

Kakao mit Schuss auf dem Weihnachtsmarkt: Ist der „Lumumba“ rassistisch?

Eine Historikerin hat die Debatte um das beliebte Heißgetränk angestoßen - und erntet im Netz viel Hass. Was steckt hinter dem Namen für den Kakao mit Rum?

Teilen
Der Kakao mit Schuss wird auch auf vielen Weihnachtsmärkten serviert. Aber: Ist die Bezeichnung „Lumumba“ für das Heißgetränk rassistisch?
Der Kakao mit Schuss wird auch auf vielen Weihnachtsmärkten serviert. Aber: Ist die Bezeichnung „Lumumba“ für das Heißgetränk rassistisch?MIS/imago

Unsere Gesellschaft entwickelt sich weiter – und mit ihr auch unsere Sprache. Immer wieder wird deshalb über Dinge diskutiert, die vor einigen Jahren noch salonfähig waren, jetzt aber kritisch hinterfragt werden. Pünktlich zur Weihnachtsmarkt-Saison flammt deshalb nun die Debatte um ein Heißgetränk wieder auf, das momentan auf zahlreichen Märkten in Deutschland ausgeschenkt wird: den „Lumumba“. Der Kakao mit Schuss wird gern getrunken, ist unter diesem Namen vielen ein Begriff. Doch nun wird diskutiert: Ist die Bezeichnung für das Getränk rassistisch?

Historikerin stößt Debatte um den „Lumumba“ an – und erntet viel Hass

Angestoßen wurde die Debatte von der ehemaligen Bautzner Grünen-Stadträtin und Historikerin Annalena Schmidt. Sie veröffentlichte bereits am Sonnabend einen kurzen Beitrag auf dem Kurznachrichtenportal X (vormals Twitter). „Da gerade Weihnachtsmärkte starten und Kakao mit Rum als ,Lumumba‘ verkauft wird: Die Bezeichnung des Getränks ist rassistisch!“, schreibt sie dort. Patrice Lumumba stehe für die Unabhängigkeitsbewegung in Afrika. „Er wurde erschossen! Und ihr benennt ,Kakao mit Schuss‘ nach ihm!“

Tatsächlich handelte es sich bei Patrice Èmery Lumumba und einen Politiker aus dem Kongo, der von 1925 bis 1961 lebte. Er war im Jahr 1960 der erste Premierminister des unabhängigen Kongo – und hatte eine große Rolle dabei gespielt, „das Land aus der belgischen Kolonialherrschaft heraus auf friedliche Art und Weise in die Unabhängigkeit zu führen“, heißt es im Online-Lexikon Wikipedia. Im Rahmen der Kongokrise wurde er später aber abgesetzt, sein Nachfolger ließ ihn festnehmen und von einem Erschießungskommando hinrichten.

Den „Lumumba“ - einen Kakao mit Rum - gibt es auch auf vielen Weihnachtsmärkten.
Den „Lumumba“ - einen Kakao mit Rum - gibt es auch auf vielen Weihnachtsmärkten.Future Image/imago

Darf ein Kakao mit Schuss nach einem Mann aus Afrika benannt werden, der für die Freiheit kämpfte – und deshalb hingerichtet wurde? Der Post der Historikerin hat die Diskussion nun neu entfacht. Die Kommentare zu ihrem Beitrag fallen recht unterschiedlich aus. „Weil er erschossen wurde, ist das rassistisch? Da fällt mir jetzt auch nichts mehr ein. Außer, dass ich es wunderbar finde, ein Getränk nach einem bedeutenden Mann zu benennen“, schreibt etwa ein Mann auf X. Ein anderer Kommentar hinterfragt, warum man den Zusatz „mit Schuss“ überhaupt verwenden muss. „Also für mich ist das Getränk ,Lumumba‘ einfach nur ein ,Kakao mit Rum‘, wo ist das Problem?“

Patrice Lumumba wurde von einem Erschießungskommando hingerichtet.
Patrice Lumumba wurde von einem Erschießungskommando hingerichtet.Panthermedia/imago

In einem anderen Post heißt es: „Lumumba als Cocktail ist mir bekannt, von dem bedauernswerten Typen höre ich zum ersten Mal. Deswegen ist das nicht rassistisch, weil das niemand mit dem verbindet.“ Und einer sieht es ganz pragmatisch: „Vielen Dank für die Info. Da ich nun ich nicht weiß, ob P. Lumumba damit nun geehrt oder beschmutzt wird, ist‘s für mich ab jetzt wieder Kakao mit Rum (den ich aber ohnehin nicht trinke).“ Und ein Kommentar lautet: „Puh, das wusste ich nicht und finde das verdammt abartig. Ich hoffe, dass das gesellschaftlich bekannt wird und man dann auf diesen Namen verzichtet. Danke schonmal für deine Aufklärungsarbeit!“

Im Netz wird diskutiert: Ist der Begriff „Lumumba“ für Kakao mit Rum rassistisch?

Nach ihrem Beitrag auf X und der anschließenden Berichterstattung habe die Historikerin auch jede Menge böse Nachrichten bekommen – sie sei immer wieder von anonymen Nummern angerufen, sei sogar bedroht wurden, schrieb sie in einem späteren Beitrag. Dabei ist das Thema nicht neu: Schon in der Vergangenheit wurde darüber diskutiert, ob die Bezeichnung für den Kakao mit Rum noch zeitgemäß ist. So berichtete etwa das Magazin „Katapult“ über die Herkunft des Namens, forderte die Leserinnen und Leser auf, Aufklärungsarbeit zu leisten - viele nutzten die Bezeichnung aus Unwissenheit, heißt es dort. Dass Schmidt nun ein Shitstorm ereilt hat, nimmt Schmidt offenbar hin. „Immerhin wird das Thema diskutiert...“, schreibt sie in einem Post auf X.

Übrigens: Wesentlich unverfänglicher dürfte neben der Bezeichnung „Kakao mit Rum“ der Name „Tote Tante“ sein, der auch in Deutschland weit verbreitet ist. Auch hinter diesem Namen gibt es eine Geschichte – eine Legende der Insel Föhr, die sich um eine Inselbewohnerin dreht, die starb und deren Urne in einer Kakaokiste auf die Insel zurückkehrte. Das Getränk wurde sogar in einem Kriminalroman namens „Dreimal Tote Tante“ verarbeitet. ■