Die Angst ist zurück

Nach den Terror-Festnahmen: Wie sicher sind unsere Weihnachtsmärkte?

In der vergangenen Woche wurden zwei Jugendliche festgenommen, die einen Anschlag auf einen der Märkte in Leverkusen verüben wollten.

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Auch in diesem Jahr gibt es einen Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz - hier verübte Attentäter Anis Amri 2016 einen furchtbaren Anschlag.
Auch in diesem Jahr gibt es einen Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz - hier verübte Attentäter Anis Amri 2016 einen furchtbaren Anschlag.Stefan Zeitz/imago

Lange herrschte in Deutschland Ruhe, doch nun ist die Angst vor dem Terror plötzlich zurück: In der vergangenen Woche wurden in Nordrhein-Westfalen und in Brandenburg zwei Jugendliche (15 und 16 Jahre) festgenommen, die offenbar einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen planten. Sie wollten Berichten zufolge mit einem Kleinlaster in eine Menschenmenge rasen, anschließend den Markt in Brand stecken. Angesichts dieser schrecklichen Pläne fragen sich viele deshalb: Wie sicher sind unsere Weihnachtsmärkte?

Sind unsere Weihnachtsmärkte noch sicher? Das sagen Deutschlands Schausteller

Die Angst ist momentan allgegenwärtig: Erst in der vergangenen Woche öffneten deutschlandweit die Weihnachtsmärkte, am Wochenende zieht es nun zum 1. Advent zahlreiche Menschen auf die Plätze. Eine Tasse Glühwein, dazu Bratwurst und gebrannte Mandeln. Aber: Sind die Märkte sicher? Statements in der vergangenen Woche verunsicherten viele. „Die Gefahr ist real und so hoch wie lange nicht mehr“, sagte etwa Thomas Haldenwang, der Präsident des Verfassungsschutzes. Die Anschlagsgefahr habe „eine neue Qualität“ erreicht.

Am Wochenende gab es dann unter anderem eine Räumung in Göppingen: Die Polizei schloss hier kurzfristig den Weihnachtsmarkt, machte zur Bedrohungslage aber zunächst keine genaueren Angaben. Es hieß, man habe am Abend gegen 19.40 Uhr einen Hinweis erhalten und daraufhin beschlossen, den Markt zu schließen. „Das lief alles ruhig, gesittet und problemlos ab“, sagte ein Sprecher der Polizei. Die Stadt Göppingen sprach später von einer „Anschlagsdrohung“. „Ich stehe mit den zuständigen Stellen im ständigen Austausch und hoffe, dass der Täter schnell überführt werden kann“, teilte Oberbürgermeister Alexander Maier (Grüne) mit.

Sind unsere Weihnachtsmärkte sicher - und kann man sich guten Gewissens vom Budenzauber einnehmen lassen? In die Debatte hat sich jetzt der Deutsche Schaustellerbund (DSB) eingeschaltet – mit einer klaren Ansage. „Die 3.200 Weihnachtsmärkte in Deutschland sind sicher“, sagte DSB-Hauptgeschäftsführer Frank Hakelberg der „Rheinischen Post“. Die Menschen sollten achtsam sein, aber keine Sorgen haben.

Er verweist darauf, dass nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 das Sicherheits-Niveau der Märkte in ganz Deutschland deutlich gestiegen sei. „Und es ist auch hoch geblieben“, sagt Hakelberg. Damals war Attentäter Anis Amri mit einem Lkw in den Markt gerast, 13 Menschen kamen dabei ums Leben, mindestens 67 wurden verletzt. Seitdem sind etwa zahlreiche Märkte mit Beton-Barrieren ausgestattet, die solche Todes-Fahrten verhindern sollen.  „Es gibt keine Märkte ohne eigenes Sicherheitskonzept, von Zufahrtssperren über Videoüberwachung bis hin zu Zugangskontrollen und Streifen privater Sicherheitsdienste sowie der Polizei.“

2016 raste Attentäter Anis Amri mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz.
2016 raste Attentäter Anis Amri mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz.Bernd von Jutrczenka/dpa

Einer der beiden festgenommen Jugendlichen stammt aus Wittstock/Dosse in Brandenburg – doch auch hier will man sich nicht einschüchtern lassen. Auch Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) betonte, dass die Märkte nach dem Breitscheidplatz-Anschlag sicherer geworden seien, dass es viele Sicherheitsmaßnahmen noch heute gebe. „Bloß fällt es eigentlich keinem mehr auf.“ Allerdings könne ein Angriff nie hundertprozentig ausgeschlossen werden. „Wenn wir jetzt aus Angst vor diesen Terroristen nicht mehr auf Weihnachtsmärkte gehen, dann haben sie schon gewonnen - das sollten wir nicht tun.“

Mit Kleinlaster und Benzin: Jugendliche wollten Weihnachtsmarkt angreifen

Der festgenommene Jugendliche aus Wittstock war bereits polizeibekannt – etwa wegen Delikten in Zusammenhang mit Drogen, Erpressung und Raub. Der Verfassungsschutz wurde später auf ihn aufmerksam. Laut Berichten wollte er mit seinem Bekannten aus Nordrhein-Westfalen mit einem Kleinlaster in einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen fahren, danach wollten die beiden wohl Benzin vergießen, um möglichst viele Besucher des Marktes zu töten. Wie weit die Pläne allerdings fortgeschritten waren, ist unklar – laut Ermittlern hätten sich die beiden Jugendlichen noch kein Fahrzeug und auch keinen Brennstoff besorgt.

Der Veranstalter der Weihnachtsmärkte in Potsdam und Cottbus hatte nach den Festnahmen erhöhte Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. So sollen laut Unternehmen Coex Einfahrten mit Sicherheitsautos als Sperre blockiert und mehr Ordner eingesetzt werden. Außerdem sollen mehr Ordner unterwegs sein. „Wir werden etwas nachsteuern“, hieß es von Coex zur Sicherheitslage. Laut Veranstaltern werde es außerdem eine versteckte Präsenz der Polizei geben, man sei mit den Sicherheitsbehörden im Austausch.

Auch in Hamburg sieht man eine erhöhte Gefährdungslage. „Den Sicherheitsbehörden liegen aktuell jedoch keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung speziell für Weihnachtsmärkte ableiten lassen könnte“, erklärte Behördensprecher Daniel Schaefer. Seit dem Anschlag in Berlin gebe es auch hier erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, so seien in einigen Bereichen der Märkte etwa versenkbare Poller installiert worden. Auch auf dem berühmten Dresdner Striezelmarkt erfolgt die Sicherung durch einen Zufahrtsschutz, der Anschläge mit Fahrzeugen verhindern soll. Auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt ist die Polizei jedes Jahr mit uniformierten und zivilen Kräften unterwegs, um das „subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken“, heißt es. „Die Polizei ist in ständigem Kontakt mit dem Bundeskriminalamt und den bayerischen Sicherheitsbehörden – Stadt und Polizei raten zu einer gelassenen Wachsamkeit.“

Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Videoüberwachung

Die Gewerkschaft der Polizei fordert indes, dass stärker auf Videoüberwachung gesetzt werden sollte, auch zwischen den Glühwein- und Mandelbuden. „Videoüberwachung auf Weihnachtsmärkten ist ein hilfreiches Mittel, das intensiv unter dem Einsatz bester Technik genutzt werden sollte“, sagte GDP-Chef Jochen Kopelke. Jochen Kopelke. Das sei bislang nur vereinzelt der Fall, weil es oft aufgrund des Datenschutzes verhindert werde. ■