Die kleine Gemeinde Pragsdorf bei Neubrandenburg hat kaum mehr als 500 Einwohner. Und doch ist sie seit fast einem Jahr bundesweit bekannt. Der traurige Grund: Hier wurde ein Junge erstochen. Der sechsjährige Joel hatte gegen den damals 14-jährigen Freund der Familie keine Chance. Am heutigen Donnerstag soll das Urteil im Prozess gegen den heute 15-Jährigen fallen.
Was war passiert? Am 14. September des vergangenen Jahres war Joel (†6) nicht wie vereinbart vom Spielen nach Hause gekommen. In großer Sorge hatten seine Eltern ihn als vermisst gemeldet. Sofort startete eine groß angelegte Suchaktion. Spürhunde, Hubschrauber, Feuerwehr und zahlreiche Anwohner durchkämmten die Umgebung.
Joel von damals 14-Jährigem in Pragsdorf getötet
„Kurze Zeit später wurde der sechsjährige Junge durch Feuerwehrleute mit massiven Verletzungen am Oberkörper in einem Gebüsch aufgefunden“, erklärte Polizeisprecherin Anja Schulz damals. Und weiter: „Trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen und einer sofortigen Einlieferung ins Krankenhaus konnte nur noch der Tod des Jungen festgestellt werden.“
Die brutale Tat hat sich in einem Gebüsch am Bolzplatz abgespielt. Dort, wo Joel starb, stehen Monate später noch Engelsfiguren, Erinnerungsstücke und Kreuze. Der Täter – fast selbst noch ein Kind – sitzt in U-Haft, der Prozess gegen ihn läuft seit Februar.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem zum Tatzeitpunkt 14-Jährigen vor, Joel mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer mit einer Klingenlänge von circa 15 Zentimetern siebenmal auf ihn eingestochen zu haben. Der Teenager hatte sich früheren Angaben zufolge in Widersprüche verstrickt, zudem wurde demnach seine DNA-Spur am Tatmesser gefunden.

Zur Urteilsverkündung am Donnerstag sind erstmals auch Pressevertreter zugelassen. Obwohl das Verfahren wegen des Alters des Angeklagten hinter verschlossenen Türen ablief, hielten die Einzelheiten, die dennoch nach außen drangen, die Öffentlichkeit in Atem.
Vor rund einer Woche hatte der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Nach Aussage der Vertreterin von Joels Eltern, Christine Habetha, sagte er anders als bisher erklärt aus, allein gehandelt zu haben. Demnach forderte die Staatsanwaltschaft acht Jahre Jugendstrafe wegen Mordes. Angeklagt war der Jugendliche ursprünglich wegen Totschlags.
Mehrere Wendungen im Prozess um getöteten Joel
Habetha forderte nach eigener Aussage als Vertreterin der Nebenklage die Höchststrafe von zehn Jahren, auch wegen Mordes, und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger des Angeklagten habe auf Totschlag plädiert und sieben Jahre gefordert.
Das Geständnis war eine mehrerer Wendungen in dem seit Februar laufenden Prozess. Schon bis Anfang April waren laut Gericht rund 50 Zeugen an teils langen Verhandlungstagen verhört worden. Damals hatte der Angeklagte nach langem Schweigen ein Teilgeständnis abgelegt und von einer Beteiligung eines anderen Menschen gesprochen, bei dem es sich nicht um den Bruder handelte. Dass die Staatsanwaltschaft auch gegen ihn Ermittlungen eingeleitet hatte, war kurz nach dem Prozessauftakt bekannt geworden.