Wir wollen die Mauer wieder zurück! Mit dieser irre klingenden Forderung setzt sich derzeit der Brandenburger Verfassungsschutz auseinander. Der auf dem Netzwerk Telegram verbreitete Plan: die ostdeutschen Bundesländer sollen sich von Westdeutschland abtrennen. Die Idee wurde von Anhängern der AfD begeistert aufgenommen, nachdem bei der Bundestagswahl fast alle ostdeutschen Wahlkreise von der in mehreren Bundesländern als rechtsextrem eingestuften Partei gewonnen wurden. Aktuelle Ermittlungen konzentrieren sich auf einen Falkenberger AfD-Lokalpolitiker.
„Sezession der östlichen Bundesländer“: Diese Forderung tauchte kurz nach der Bundestagswahl im Magazin aufgewacht-online.de des Chemnitzer Rechtsextremen Robert Andres auf, ehemaliger Stadtrat der Splitterpartei ProChemnitz/Freie Sachsen. Die Ermittler nehmen Querverbindungen von AfD-Politikern zu der vor allem als Telegram-Gruppe aktiven rechtsextremen Gruppierung Freie Sachsen unter die Lupe. Konkret ermittelt der Brandenburger Verfassungsschutz gegen einen in Falkenberg „lokal bekannten AfD-Mandatsträger“, bei dem es sich laut MAZ (Bezahlschranke) um den AfD-Stadtverordneten Daniel L. handeln soll.
Brandenburger AfD-Politiker provozierte mit Russen-Sachsen-T-Shirt
Dieser hatte im Dezember auf einer Stadtverordnetenversammlung in Falkenberg mit einem T-Shirt einen Eklat provoziert: Auf der Vorderseite war das Erkennungszeichen der Freien Sachsen, das vormalige Wappen des früher eigenständigen Königsreich Sachsen, zusammen mit dem königlichen Wappen Russlands und der Aufschrift Druschba (russisch für Freundschaft) montiert.
Ein Screenshot zeigt den von ‚Daniel‘ am Tag nach der Bundestagswahl geteilten Telegram-Post der Freien Sachsen über Sezession reden – „heute, morgen und in Zukunft!“, der nun Anlass für Ermittlungen des Verfassungsschutzes ist.
Kurzform pic.twitter.com/TOr7hmBI5R
— Enomis ☀️🦁💚 (@pantheraleo653) March 5, 2025
Die Idee der Ostdeutschland-Sezessionisten stammt kurioserweise ursprünglich aus einem englischsprachigen Blogbeitrag des westdeutschen Neonazis Sascha Roßmüller, Mitglied des NPD-Nachfolgers Die Heimat sowie laut Medienberichten früher als Bandido in der Regensburger Rockerszene aktiv.
Irrer Plan: Ostdeutschland von der „Gesellschaftskloake“ Berlin abtrennen
Roßmüllers Gedankengang: Ein hoher AfD-Anteil sowie ein niedriger Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im Osten – das wäre für die Sezessionisten die Chance, mittels einer Abtrennung von Deutschland wie zu DDR-Zeiten die „ethnische Kontinuität zu bewahren“. Wörtlich heißt es in dem auf Telegram verlinkten Beitrag: „Um die ethnische Kontinuität zu wahren, wäre Mittel- bzw. Ostdeutschland, d.h. das Gebiet der ehemaligen DDR, also gut beraten, angesichts des „Great Replacement“ die Reißleine zu ziehen und über eine Sezession nachzudenken“. „Great Replacement“, der Große Austausch, ist eine bei Rechtsextremen in aller Welt populäre Verschwörungstheorie, die mehrere rechtsextreme Attentäter inspirierte.
Der Haken an dem Ostdeutschland-Gedankenspiel: Auch das einstmals geteilte Berlin gehört ja geografisch dazu. Von der Mauer zwischen Ost- und Westberlin ist allerdings nichts mehr zu sehen, Ost-Kieze wie Friedrichshain und der Prenzlauer Berg sind längst so bunt durchmischt wie Kreuzberg oder Schöneberg. Wohl deshalb wünscht man sich die Sezession von Westdeutschland ausdrücklich „ohne die Gesellschaftskloake Berlin“. Und darin sehen die Ostdeutschland-Nationalisten überhaupt keinen Widerspruch: „Die deutsche Nation war über weite Strecken ihrer Geschichte keine staatliche Einheit sondern ein Flickenteppich kleinerer Fürstentürmer“. In genau so einen Flickenteppich wünscht man sich in den Kreisen nun zurück. Das Wesentliche des Staates sei ja nicht dessen Form,„ sondern das Volk, das diesen Staat bildet!“ ■