„Gesichert rechtsextremistisch“: Zu dieser Einstufung kommt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nicht willkürlich, sondern nach drei Jahren akribischer Sammlung von Äußerungen, sichergestellten Postings von AfD-Politikern auf Facebook, X und anderen Plattformen, aktuelle Erkenntnisse über Strukturen innerhalb der Partei: So begründet der Verfassungsschutz die möglicherweise folgenschwere Bewertung der zweitstärksten Partei im Bundestag.
Dass einzelne Verbände der Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistisch“ gelten, ist nichts Neues: So wurde die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) bereits eingestuft. Mehrere Landesverbände der AfD gelten als „erwiesen rechtsextremistische Bestrebungen“. Auch daran, dass die Bundespartei dazu gehört, stand intern offenbar mindestens seit Ende 2024 fest. Doch öffentlich festgestellt haben es BfV-Vizepräsident Sinan Selen und Vizepräsidentin Dr. Silke Willems erst am Freitag in einer öffentlichen Mitteilung.
AfD „gesichert rechtsextremistisch“: Partei verstößt gegen Grundgesetz
Demnach stuft das BfV die AfD „seit dem heutigen Tag aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein“. Zuvor wurde die AfD als Verdachtsfall geführt, wogegen die Partei erfolglos klagte. Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem nimmt der Verfassungsschutz anhand dreier Kriterien vor:
- Menschenwürde
- Demokratieprinzip
- Rechtsstaatsprinzip
Geschaut wurde auf das Programm und öffentliche Äußerungen von Vertretern der Bundespartei sowie deren „Verbindungen zu rechtsextremistischen Akteuren und Gruppierungen“. Berücksichtigt wurden auch Beobachtungen aus dem Wahlkampf zu den jüngsten drei Landtagswahlen sowie der Bundestagswahl, in der die AfD rechtsextreme Kampfbegriffe wie „Remigration“ offensiv benutzte.
Verfassungsschutz: AfD will Bevölkerungsteile ausgrenzen und entrechten
Die Verfassungsschützer sehen bei der AfD ein „ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis“. Dieses sei „nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es zielt darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen.“
Die AfD würde „deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes“ betrachten.
Das BfV spricht von einem „ausgrenzenden Volksverständnis“. Dies nehme die AfD als „Ausgangspunkt und ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, mit der diese pauschal diffamiert und verächtlich gemacht sowie irrationale Ängste und Ablehnung ihnen gegenüber geschürt werden.“
Verfassungsschutz attestiert AfD-Leuten „Neigung zu Gewalt“
Die Verfassungsschützer beziehen sich auf eine „Vielzahl fortlaufend getätigter fremden-, minderheiten- sowie islam- und muslimfeindlichen Äußerungen von führenden Funktionärinnen und Funktionären der Partei. Insbesondere die fortlaufende Agitation gegen Geflüchtete beziehungsweise Migrantinnen und Migranten befördert die Verbreitung und Vertiefung von Vorurteilen, Ressentiments und Ängsten gegenüber diesem Personenkreis. Die Abwertung der vorgenannten Personengruppen zeigt sich auch in der pauschalisierenden Verwendung von Begriffen wie „Messermigranten“ oder in der generellen Zuschreibung einer ethnokulturell bedingten Neigung zu Gewalt durch führende Mitglieder der AfD.“
BfV-Vizepräsident Sinan Selen und Vizepräsidentin Dr. Silke Willems betonen in ihrer gemeinsamen Mitteilung, die Einstufung fuße „auf einer äußerst sorgfältigen gutachterlichen Prüfung, die einen Zeitraum von rund drei Jahren umfasst“. Maßgeblich für die Bewertung sei „das die AfD prägende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis, das ganze Bevölkerungsgruppen in Deutschland abwertet und in ihrer Menschenwürde verletzt. Dieses Volksverständnis konkretisiert sich in einer insgesamt migranten- und muslimfeindlichen Haltung der Partei.“