Mit Pfeil und Bogen

Bogenschütze vom Zionskirchplatz vor Gericht: Er glaubte an Mafia-Komplott

Jurist Erik S. glaubte, von der Mafia verfolgt zu werden. In Berlin-Mitte bedrohte er einen fremden Mann  auf einer Parkbank mit Pfeil und Bogen.

Author - Berliner KURIER
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Das SEK im Einsatz am Zionskirchplatz
Berlin-Mitte: Ein Mann hatte mit Pfeil und Bogen aus einer Wohnung geschossen.
Das SEK im Einsatz am ZionskirchplatzBerlin-Mitte: Ein Mann hatte mit Pfeil und Bogen aus einer Wohnung geschossen.Jannik Läkamp / Berliner Zeitung

Der „Bogenschütze vom Zionskirchplatz“ in Schlips und Kragen: Erik S. (55), der mit Pfeil und Bogen aus seiner Wohnung schoss, steht nun vor Gericht.

Ein Geschäftsmann, graumeliert, an Geld fehlt es nicht. Doch wilde Gedanken trieben ihn. Gab es ein Komplott gegen ihn? Wollten ihn Verwandte in den Wahnsinn treiben, um sich sein Vermögen unter den Nagel zu reißen?  Der Irrsinn eskalierte mit Pfeil und Bogen. Erik S. zum Richter: „Rückblickend kann ich mir nur an den Kopf fassen.“

Am 18. Dezember am Zionskirchplatz. S. am Fenster seiner Wohnung. Aus dem vierten Stock brüllt er über den Platz: „Ihr seid von der Mafia, ich werde euch alle umbringen.“ Ein Mann auf einer Parkbank bemerkt den Wüterich nicht. S. soll erst mit einem Pfeil gedroht, denn den Bogen gespannt haben. Der Pfeil schwirrt über den sitzenden Mann hinweg. „Der nächste Pfeil wird dich treffen“, soll S. gebrüllt haben.

Die Staatsanwältin: „Der Mann drehte sich um, sah den Beschuldigten mit dem Bogen am Fenster stehen und rettete sich eilig hinter einen Baum.“ S. habe erneut den Bogen gespannt: „Er schoss mit einem Black-Pearl-Bogen einen 87 Zentimeter langen Pfeil in Richtung des Baumes.“ Die Spitze ging ins Holz, der Mann in der Deckung rief die Polizei. Der Schütze am Fenster ließ die anderen Pfeile im Köcher.

SEK findet ganzes Waffen-Arsenal

Ein Sondereinsatzkommando rückte an, nahm den Angreifer fest. S. trug eine beige Jacke, darauf zwei Aufnäher – auf einem ein Totenkopf-Symbol. In seiner Wohnung ein Arsenal an Sportwaffen.

Erst kam er in die U-Haft, dann ins Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Verdacht auf paranoide Schizophrenie. Die Staatsanwältin im Prozess um Nötigung und Bedrohung: „Er befand sich zur Tatzeit in einer akuten Psychose.“ Erik S. gestand nun: „Ich war davon überzeugt, dass es sich bei dem Mann auf der Bank um ein Mafia-Mitglied handelt.“ Aber er habe ihn nur vertreiben wollen: „Ich habe auf den Baum gezielt. Ich hätte weitere Pfeile abschießen können, wollte ich aber nicht.“

Bogenschütze lebte in verwanzter Wohnung

Die Polizei sollte nach seiner Version kommen und ihm helfen: „Mein eigentliches Ziel war Aufmerksamkeit. Ich wollte, dass mir jemand zuhört und meine Sorgen ernst genommen werden.“ Er habe sich verfolgt gefühlt, eine Bau-Mafia habe er vermutet. S.: „Ich dachte, ich bin etwas Großem auf der Spur.“ Doch man habe ihm nicht geglaubt.

Seine Wohnung verwanzte er, klebte Fensterscheiben zu, legte Vorräte an. Auch eine Familien-Fehde habe er vermutet – „dass Verwandte an mein Vermögen wollen“. Der Geschäftsführer aus der Immobilienbranche: „Es spitze sich zu.“ Er habe mit Kokain gegen die Ängste gekämpft.

Inzwischen Einsicht beim Bogenschützen: „Ich bin einem Hirngespinst aufgesessen.“ Er wolle zurück nach Baden-Württemberg. Dort habe er Jura studiert, dort seien Verwandte. Was geschah, tue ihm sehr leid – „ist mir peinlich“. Er wolle sich künftig in Behandlung begeben und die Finger von Drogen lassen. Die Richter müssen entscheiden: Kann er entlassen werden oder muss er in der Psychiatrie untergebracht werden. Fortsetzung: 16. Juni. KE.