Über politische Witze konnten die DDR-Oberen nicht lachen. Dennoch sorgten Honecker und Co. für viel Spaß. Indem sie ab Mitte der 70er-Jahre begannen, riesige Vergnügungspaläste fürs Volk zu bauen. Drei entstanden in Ost-Berlin: der Palast der Republik, das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee und für die Jüngsten der Pionierpalast in der Wuhlheide, das heutige FEZ.
Nicht alle existieren mehr. Da im wiedervereinten Deutschland der DDR-Spaß sein Ende hatte, ließ man ab 2003 aufgrund eines Bundestagsbeschlusses den Republik-Palast abreißen. Und ich bin fest davon überzeugt: Ein ähnliches Schicksal droht jetzt auch dem SEZ, dem einstigen Spaßbad der DDR.
Gut, Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) verkündete in diesen Tagen voller Freude, dass nun dank einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes die Stadt wieder über das SEZ verfügen könnte und so ein 20 Jahre alter Rechtsstreit über das Areal (etwa 30 Millionen Euro wert) mit dem jetzigen SEZ-Investor beendet sei. „Das SEZ kommt damit endlich wieder den Berlinerinnen und Berlinern zugute“, versprach Evers. Aber ob das DDR-Spaßbad auch erhalten bleiben wird, verriet er nicht.
Das SEZ: Schon vor 20 Jahren wollte man es abreißen, nur hat das keiner gesagt
Das SEZ an der Landsberger, dass mit schwedischer Baukunst errichtet und mit großem Pomp 1981 von Honecker eröffnet wurde: Noch immer erinnert man sich im Osten gerne daran, wie toll es da einmal war.
Millionen Besucher kamen, um in den riesigen Schwimmlandschaften zu planschen. DDR-Sportstars wie Radsportler Olaf Ludwig oder Leichtathletin Heike Drechsler ließen sich im Spaßbad beim Bowlen blicken. Und mich zog es damals als Jugendlicher auf die gigantische Eisfläche des SEZ, wo ich mehr recht als schlecht versuchte, das Schlittschuhlaufen zu erlernen.

Nach dem DDR-Ende nutzte sich der Glanz bald ab. Als Reporter verfolgte ich den fortschreitenden Untergang des Spaßbades. Duschen, Umkleideräume und Toiletten verfielen, die Schwimm- und Eisanlagen verbrauchten zu viel Energie, deren Kosten damals die landeseigenen Berliner Bäder-Betriebe nicht mehr zahlen wollten und sich daher als Betreiber verabschiedeten. 2002 machte das SEZ sogar dicht. Der damalige Senat unter Klaus Wowereit wollte keine 20 Millionen Euro für eine Sanierung des Spaßbades ausgeben. Berlin war sexy, aber auch total pleite.
Hinter den Kulissen bekam ich zu jener Zeit mit, dass der Senat sogar damals den SEZ-Abriss als billige Lösung favorisierte. Aus politischen Gründen ließ man davon ab. Schließlich wollte man Anfang der 2000er-Jahre, nachdem der Abriss des Palastes der Republik beschlossene Sache gewesen war, vor allem den Ost-Berlinern nicht noch den Abriss des SEZ zumuten.

Und so überließ man 2003 einem Unternehmer aus Sachsen für einen Euro das SEZ und das millionenschwere Areal. Was daraus wurde, ist bekannt. Der Verfall des Gebäudes ist täglich an der Landsberger zu sehen. Und wie beklagenswert der Zustand im Innern ist, bekam jeder mit, der dort vor Jahren die Ostpro besuchte, als im SEZ noch die Ostprodukte-Messe stattfand.

Ich glaube nicht daran, dass der Senat nach dem Ende des Rechtsstreites mit dem Investor uns ein Comeback des einstigen Spaßbades beschert. Woher sollen auch die Millionen für eine Sanierung kommen? Berlin hat sie nicht, der Bundeshaushalt ist mit einer Sperre belegt.
Der Senat hat seit Jahren schon ganz andere Pläne für das Areal. Über 500 Wohnungen sollen dort gebaut werden, die Berlin nötiger als ein Spaßbad braucht. Für mich ist klar: Das SEZ wird abgerissen. Nur traut sich der Senat noch nicht, das zu sagen.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
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