„Wir im Osten“

Glückliche Angler unterm Funkturm – in Potsdam sind sie Mörder

Die Angelmesse in Berlin zeigt, wie schön das Fischfangen sein kann.  Doch genau das Gegenteil passiert gerade in Brandenburg. Unser Autor ist darüber gar nicht glücklich.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Auf der Angelmesse unter dem Berliner Funkturm, die zur „Boot & Fun“ gehört, treffen sich vom 1. bis 3. Dezember die Petrijünger aus allen Teilen des Landes.
Auf der Angelmesse unter dem Berliner Funkturm, die zur „Boot & Fun“ gehört, treffen sich vom 1. bis 3. Dezember die Petrijünger aus allen Teilen des Landes.Volkmar Otto

Eigentlich freue ich mich auf dieses Wochenende. Der Grund ist die Boots- und Angelmesse („Boot & Fun“), die auf dem Gelände unter dem Funkturm bis Sonntag (10-18 Uhr) wieder läuft. Glaubt man einer aktuellen wissenschaftlichen Studie aus Großbritannien, werde ich dort die glücklichsten Menschen der Welt treffen. Denn diese sollen laut dem Forschungsbericht ja neuerdings die Angler sein, zu denen ich auch gehöre.

Tausende von Petrijüngern gibt es in unserer Heimat. Und sie dürften eigentlich zu recht glücklich sein. Schließlich liegt für sie mit den fischreichen Flüssen und Seen zwischen Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern eines der schönsten Fangreviere Ostdeutschlands direkt vor der Haustür.

Im Boot mitten auf einem See angeln, dabei die Stille und die Schönheit der Natur genießen: Diese Momente sind es, die uns Angler zu den glücklichsten Menschen der Welt machen – ob wir nun dabei einen Fisch fangen oder nicht.
Im Boot mitten auf einem See angeln, dabei die Stille und die Schönheit der Natur genießen: Diese Momente sind es, die uns Angler zu den glücklichsten Menschen der Welt machen – ob wir nun dabei einen Fisch fangen oder nicht.Jens Wolf/dpa

Viele dieser Angler trifft man seit Jahren auf der Messe unterm Funkturm. Neben dem Stöbern nach neuen Ruten, Rollen und Ködern gehört für mich das Fachsimpeln mit den Petrijüngern dazu. Dabei stellt sich immer wieder heraus, dass das Angeln für uns mehr bedeutet, als nur Fische zu fangen.

Dazu gehört, am Wasser die Schönheit und die Ruhe der Natur zu genießen, selbst dann, wenn der Fangerfolg ausbleibt. Und beißen dann noch die Fische, die dann abends frisch zubereitet auf den Tellern landen, ist das Anglerglück perfekt.

Auf geht’s ins Angel- Glück

Berlin-Tegel

01.02.2020

Doch einige Kilometer von der Berliner Angelmesse entfernt, wird gerade dieses Glück infrage gestellt und mit Füßen getreten. Auf Facebook musste ich in diesen Tagen lesen, wie wir Angler in Potsdam von Menschen öffentlich als Mörder beschimpft werden. Nicht nur von sogenannten Tierschützern, die stets andere als Verbrecher darstellen, nur weil es Menschen gibt, die Fleisch essen.

Dass einige Potsdamer auf Angler derzeit wütend sind, kann ich sehr gut verstehen, als ich vor Kurzem an der Alten Fahrt war. Das ist ein Havel-Nebenarm in der Stadt, wo sich nun jede Menge Barsche in ihrem Winterlager versammeln. Das lockt natürlich massenhaft die Petrijünger an, die dort an manchen Tagen wie an einer Perlenkette aufgezogen am Ufer stehen und ihre Ruten auswerfen, um den großen Fang zu machen.

Was in Potsdam an der Havel passiert, hat mit Angeln nichts mehr zu tun

Doch was da einige veranstalten, hat absolut nichts mehr mit Angeln zu tun. Statt zu warten, bis ein Fisch auf ihre Wurm- oder Gummiköder beißt, kommen einige Angler mit wuchtigen Blei- und Hakenmontagen an, mit denen sie den Kanal quasi durchpflügen und so Barsche und Brassen vom Grund regelrecht wegreißen.

Jede Menge Angler stehen an der Alten Fahrt in Potsdam und wollen den großen Gang machen. Dagegen gibt es nichts zu sagen. Aber es gibt dort so manche Petrijünger, die sich beim Angeln nicht an die Regeln halten. 
Jede Menge Angler stehen an der Alten Fahrt in Potsdam und wollen den großen Gang machen. Dagegen gibt es nichts zu sagen. Aber es gibt dort so manche Petrijünger, die sich beim Angeln nicht an die Regeln halten. Koch-Klaucke

Dabei wissen diese Herrschaften ganz genau, dass das sogenannte Reißen von Fischen landesweit verboten ist. Denn so mancher Fisch, der dann beim Hochholen von diesen zu großen Haken wieder ins Wasser fällt, stirbt oft qualvoll an den Verletzungen. Videos, die entsetzte Angelfreunde machten und die Bilder ins Netz stellten, zeigten in der Vergangenheit solche toten Barsche, die in der Alten Fahrt trieben.

So etwas macht mich als Angler wütend. Und auch die Tatsache, dass sich diese Petrijünger jetzt auch noch aufregen, dass wegen ihrer fragwürdigen Fangmethoden der Fischereischutzverein „Havel“ und der Landesanglerverband das Angeln auf der Alten Fahrt vom 1. Dezember bis Ende Februar eingeschränkt haben. Nach meiner Meinung hätte es sogar ein Verbot geben müssen, solange massenweise Fische dort in ihrem Winterlager ruhen!

Ich hoffe, dass man über die Vorfälle in Potsdam auch auf der Angelmesse in Berlin reden wird. Denn für mich gehören Angelfreunde, die mit brutalen Methoden Fische fangen, nicht zu den glücklichsten Menschen der Welt. Sie sind Tierquäler, denen man das Handwerk legen muss.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com