„Wir im Osten“

Schweinerei! „Löwin aus Kleinmachnow“ versaut die Pilz-Tour

Eine tierische Wilderei beendete für unseren Autor die Jagd nach den herrlichen Waldfrüchten.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Die „Löwin von Kleinmachnow“: Eine Wildsau und ihre Spießgesellen wilderten im Pilzrevier im Umland von Berlin.
Die „Löwin von Kleinmachnow“: Eine Wildsau und ihre Spießgesellen wilderten im Pilzrevier im Umland von Berlin.Lino Mirgeler/dpa

Haben Sie keine Angst! Ich will Sie wirklich nicht mit der ollen Sommerloch-Kamelle von der Löwin von Kleinmachnow wieder quälen. Dazu streift genug anderes gefährliches Getier durch die Wälder unserer Heimat. Etwa der Wolf, der derzeit in der brandenburgischen Schorfheide die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, glaubt man den Berichten der Anwohner.

Dennoch lässt mich die Löwin von Kleinmachnow, die man im Sommer gesehen haben wollte und sogar gefilmt hatte, derzeit nicht los. Ständig musste ich an sie denken, wenn ich jetzt zum Pilzesammeln in den Waldabschnitten zwischen Wannsee und Kleinmachnow unterwegs war, wo auch die Löwin ihr Unwesen trieb – und leider an meinen Lieblingsstellen kaum noch Schirmpilze, Sandkappen oder Steinpilze fand, die in den vergangenen Jahren dort massenhaft standen.

Die Löwin von Kleinmachnow: Sie sorgte auch im Herbst für Aufregung

Dabei schießen sie gerade bei diesen regnerischen Novembertagen wie verrückt aus den Waldböden der Hauptstadtregion. Neidisch verfolge ich die Berichte von Freunden, die mir von ihren erfolgreichen Pilzausflügen im Umland erzählen. „Ich war kaum da, da waren auch die Körbe schon voll“, heißt es dann. „Und wie war es bei dir so in deinem Pilzrevier?“, kommt gleich im Anschluss die Frage, auf die ich lieber nicht antworten will. „Na, einen Schirmpilz und paar Maronen am Wegesrand, mehr nicht“, gebe ich doch zu.

Dieses Video kursierte im Sommer im Internet, zeigte die angebliche Löwin in Kleinmachnow, die am Ende ein Wildschwein war.
Dieses Video kursierte im Sommer im Internet, zeigte die angebliche Löwin in Kleinmachnow, die am Ende ein Wildschwein war.Screenshot/X/Twitter

Warum das so ist, erkläre ich auch. „In meinem Revier ist die Löwin von Kleinmachnow wieder da“, sage ich. „Und sie und ihr Gefolge versauen mir in diesem Jahr mächtig die Pilztour.“ Die Abdrücke, die ich an meinen Pilzstellen im regennassen Waldboden vorgefunden habe, sprechen eine deutliche Sprache.

Nein, ich will hier niemandem einen Bären aufbinden. Auch ich weiß, dass natürlich die Löwin von Kleinmachnow ein Wildschwein war. Und dessen Artgenossen scheinen nun im Herbst wie wir alle verspätet in die Pilzsaison zu starten und sich an meinen Stellen zwischen Wannsee und Kleinmachnow genüsslich auszutoben.

Im Pilzrevier hinterließ die Löwin von Kleinmachnow deutliche Spuren

Wie gesagt, die Tiere haben deutliche Spuren hinterlassen. So aufgewühlte Bodenschichten habe ich an meinen einstigen Fundstellen sonst nie gesehen. Klar, für einen schmackhaften Pilz geht so manche Wildsau kilometerweit und bohrt gerne ihre Nase tierisch tief ins Erdreich hinein.

Ich frage mich, warum auf einmal in diesem Jahr die Wildschweine in meinem Pilzrevier herumwildern. Hat die Löwin aus Kleinmachnow, als sie im Sommer durch diese Gegend streifte, etwa diese Stellen mit ihrer feinen Schnüffelnase entdeckt und besucht sie nun mit ihren Artgenossen?

Dass Wildschweine aus den Brandenburger Wäldern sich immer mehr in den Berliner Randgebieten austoben, ist ja nun nichts Neues. Zu Mauerzeiten waren die Borstenviecher noch eher eine Seltenheit. Doch heute gehen Experten von etwa 5000 Wildschweinen in Berlin aus, deren Rotten durch Zehlendorf, Reinickendorf und Spandau ziehen.

Wo sonst massenhaft Pilze standen: Die Spuren sind deutlich zu sehen, wo Wildschweine im Boden wühlten.
Wo sonst massenhaft Pilze standen: Die Spuren sind deutlich zu sehen, wo Wildschweine im Boden wühlten.Panthermedia/Imago

Der Esstisch ist ja auch für die Wildschweine in den menschlichen Siedlungen reich gedeckt. Die massenhaften Lebensmittelabfälle in den Biotonnen oder auf den Komposthaufen in den Gärten locken die Biester geradezu tierisch an. Allerdings müssen sich die Wildschweine diese Leckerbissen mittlerweile mit Füchsen und Waschbären teilen.

Vielleicht ist dies ein Grund, warum sich die borstige Löwin von Kleinmachnow und ihre Spießgesellen nun über die Pilze in meinem Revier hermachen. Eine echte Schweinerei ist das.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com