Weniger Geld, mehr Liebe

Von wegen Selbstläufer: Pal Dardai grübelte lange über Trainerjob bei Hertha BSC

Der Ungar brauchte nach dem Abstieg Bedenkzeit, bevor er sich für den blau-weißen Wiederaufbau entschied. 

Author - Sebastian Schmitt
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Sichtbar und auch hörbar glücklich bei Hertha BSC: Cheftrainer Pal Dardai (47)
Sichtbar und auch hörbar glücklich bei Hertha BSC: Cheftrainer Pal Dardai (47)City-Press

Pal Dardai ist eine lebende Hertha-Legende. Als Spieler mit seinen 286 Einsätze in der Bundesliga, als Jugendtrainer und Chefcoach. Um seine Liebe für die Blau-Weißen hat der Ungar nie einen Hehl gemacht. Umso überraschender, dass er nun verrät, dass seine derzeitige Amtszeit alles andere als sicher war. Weniger Geld, mehr Liebe: Pal Dardai erklärt, warum er zögerte, bevor er Hertha BSC zum vierten Mal das Jawort gab!

„Es war eine harte Entscheidung, dass ich das überhaupt angenommen habe. Es ging mir dabei nicht ums Geld. Momentan verdiene ich auch nicht so viel wie sonst. Es ging mir viel mehr um die Herausforderung“, erklärt Dardai in seiner letzten Medienrunde vor Weihnachten. 

Fakt ist: Die blau-weiße Lage nach dem ersten Bundesliga-Abstieg seit 2012 war extrem knifflig – und besonders undurchsichtig. Hertha BSC plagten nach dem finanziellen Fiasko mit Skandal-Investor Lars Windhorst unter den ehemaligen Managern Michael Preetz und Fredi Bobic massive Lizenzprobleme, der Absturz in den Amateurbereich drohte. Dardai: „Es war nicht mal klar, ob Zweite Liga oder vierte Liga.“

Pal Dardai schob bei Hertha BSC unter Preetz und Bobic Frust

Apropos Preetz und Bobic: Die ungewisse Zukunft war gar nicht Dardais größte Sorge. Unter Preetz am Ende und unter Bobic von Anfang an fehlte ihm die Rückendeckung. Vor seiner vierten Amtszeit war es Dardai, der für Hertha BSC so oft und nicht nur als Spieler auf dem Platz die Knochen hingehalten hatte, extrem wichtig, unter welchen Bossen er arbeiten wird. 

Die Rückkehr von Palko (24, M.) und die Chance, mit Marton (21) und Bence (17) seine drei Söhne bei Hertha BSC zu trainieren, reizte Pal Dardai auch.
Die Rückkehr von Palko (24, M.) und die Chance, mit Marton (21) und Bence (17) seine drei Söhne bei Hertha BSC zu trainieren, reizte Pal Dardai auch.City-Press

Zwar klang die Kombination aus Präsident Kay Bernstein, Sportdirektor Benjamin Weber und seinem ehemaligen Co-Trainer Andreas „Zecke“ Neuendorf, der die Position als Leiter Akademie und Lizenzspielerbereich übernahm, vielversprechend. Entscheidend für Dardai war jedoch, was Hertha aus der Bruchlandung lernte und wie der Neuanfang gestaltet werden sollte. Dardai: „Nachdem ich gehört hatte, wie und was, kam Zecke zu mir und sagte: ‚Du entscheidest, willst du das machen oder nicht.‘“

Pal Dardai zögerte mit Hertha-Zusage

Ein Selbstläufer, so wie viele dachten, war Dardais vierte Amtszeit als Cheftrainer nicht: „Ich habe dann trotzdem eine Woche gebraucht, um Ja zu sagen.“

Weil die neuen Bosse dem Größenwahn nach Windhorst, Jürgen Klinsmann und Bobic ein Ende setzten, sich mit dem „Berliner Weg“ auf die Basics und vor allem die Jugend besinnen, sagte Dardai für den Wiederaufbau zu: „Mein Ziel war, Mentalität zu Hertha BSC zurückzuholen, einen Teamgeist wieder zu etablieren.“ Nicht nur in seiner Mannschaft, sondern im ganzen Klub. Kurzum: Dardai brauchte nicht mehr Geld, sondern mehr Hertha-Liebe.

Mit vielen jungen Spielern vor den Fans in der Ostkurve: Das macht Hertha-Cheftrainer Pal Dardai (47) glücklich.
Mit vielen jungen Spielern vor den Fans in der Ostkurve: Das macht Hertha-Cheftrainer Pal Dardai (47) glücklich.City-Press

Weil das alles aufging, Hertha sich nach dem Mega-Umbruch (31 Spieler kamen oder gingen) und dem Fehlstart in der Zweiten Liga fing und es im Hertha-Kosmos, auf der Geschäftsstelle, in der Kabine und in der Ostkurve wieder stimmt, ist Dardai nach der Hinrunde vielleicht so glücklich wie noch nie nach fast 27 (!) Jahren bei Hertha BSC. 

Hertha BSC macht Pal Dardai wieder stolz

Dardai: „Mich macht froh, dass die Menschen kommen und mir erzählen, dass sie wieder gerne ins Stadion kommen und die Mannschaft lieben. Das ist einfach positiv. Wir haben das gemeinsam gedreht. So macht es Spaß, und darauf bin ich stolz.“

Doch Dardai wäre nicht Dardai, wenn er sich trotz des neuen Glücks, der Vorfreude auf Weihnachten und ein paar freien Tagen in seiner Heimat, nicht schon wieder den Trainingsstart am 3. Januar und die Rückrunde im Blick hätte: „Wir müssen jetzt dranbleiben und uns noch weiterentwickeln. Das ist das Ziel.“