DFL unter Druck

Investoren-Vertrag, Fan-Proteste: 1. FC Union und Hertha BSC für neue DFL-Abstimmung

Die Fan-Proteste gegen den DFL-Investorenvertrag gehen weiter, jetzt wollen die ersten Klubs eine Abstimmungswiederholung, darunter auch Union und Hertha.

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Vergangenen Sonnabend wurde Herthas Heimspiel gegen den HSV (1:2) für 33 Minuten wegen der Fan-Proteste mit Tennisbällen unterbrochen. Trainer Pal Dardai suchte den Dialog mi den Fans in der Ostkurve.
Vergangenen Sonnabend wurde Herthas Heimspiel gegen den HSV (1:2) für 33 Minuten wegen der Fan-Proteste mit Tennisbällen unterbrochen. Trainer Pal Dardai suchte den Dialog mi den Fans in der Ostkurve.Imago Images/Koch

In den Farben getrennt, in der Sache vereint! Nach der umstrittenen DFL-Abstimmung über einen Investor im November 2023 nehmen die Fan-Proteste in den Stadien immer mehr zu. Herthas Fans sorgten mit ihrer Tennisball-Schlacht beim 1:2 gegen den HSV für eine 33-minütige Spielunterbrechung im Olympiastadion. Auch Unions Anhänger schmissen beim 1:1 in Mainz am vergangenen Mittwoch wieder Tennisbälle auf den Rasen. Jetzt sprechen auch die Bosse vom 1. FC Union und Hertha BSC offen über eine neue Abstimmung.

Beide Klubs hatten im November gegen den DFL-Investoren-Vertrag gestimmt. Jetzt schaltet sich auch Unions Präsident Dirk Zingler in die Dauerdebatte ein. „Wir tun hier etwas, was es im deutschen Profifußball noch nie gegeben hat und was ihn verändern wird. Wenn wir damit Erfolg haben wollen, unabhängig von der Art und Weise möglicher Investitionen, darf es keinerlei Zweifel an der Rechtmäßigkeit der dafür notwendigen Abstimmungen geben“, sagte Zingler der Zeitung „Die Welt“.

Zingler zum DFL-Vertrag: Ohne sattelfeste Legitimation keine Akzeptanz

Unions Präsident Dirk Zingler ist für eine nicht geheime Abstimmungswiederholung bei der DFL wegen des Investorenvertrags.
Unions Präsident Dirk Zingler ist für eine nicht geheime Abstimmungswiederholung bei der DFL wegen des Investorenvertrags.Imago Images/Picture Point

Zingler ist nicht grundsätzlich gegen Investitionen für Deutschlands Profi-Ligen, aber er ist gegen den, der jetzt beschlossen wurde. „Unser Ansinnen ist es, dass das Präsidium das Modell, für das man sich letztlich entscheidet, noch einmal in einer Mitgliederversammlung der DFL offen und transparent zur Abstimmung stellt. Denn ohne sattelfeste Legitimation gibt es keine Akzeptanz.“ Präsident Claus Vogt vom VfB Stuttgart hatte sich am Mittwoch ebenfalls für eine Wiederholung der Abstimmung ausgesprochen.

Auch Hertha BSC zeigte sich für eine Wahlwiederholung offen. Es mehrten sich nun auch in den Klubs die Stimmen, dass die Situation erneut diskutiert und „sich mit dem Prozedere der Abstimmung in transparentem Rahmen auseinandergesetzt werden sollte“, sagte Geschäftsführer Thomas Herrich. In diesem Fall würde sich Hertha dem Verfahren selbstverständlich anschließen. 

Die DFL ging am Donnerstag nicht auf diese Forderungen ein. Stattdessen lud der Liga-Verband Vertreterinnen und Vertreter bundesweiter Fanorganisationen und der Bündnisse der Fanszenen nach den anhaltenden Protesten zu weiteren Gesprächen ein, stellte aber auch klar: „Nicht jeder Austausch kann garantieren, dass alle Gesprächspartner im Anschluss einer Meinung sind.“

Hannover 96, Patron Martin Kind und die fragwürdige DFL-Abstimmung

Hannovers Parton Martin Kind steht seit der umstrittenen Abstimmung im Fokus. Der Verein hatte sich gegen einen DFL-Investor ausgesprochen, doch was machte er bei der Sitzung?
Hannovers Parton Martin Kind steht seit der umstrittenen Abstimmung im Fokus. Der Verein hatte sich gegen einen DFL-Investor ausgesprochen, doch was machte er bei der Sitzung?Imago Images/Maximilian Koch

Für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen soll ein Finanzinvestor der DFL eine Milliarde Euro zahlen. Bei der finalen Abstimmung der 36 Proficlubs für den milliardenschweren Deal im Dezember war die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nur knapp zustande gekommen. Für Fragen sorgte das Abstimmungsverhalten von Martin Kind für Hannover 96, der vom Stammverein angewiesen war, dagegen zu sein.

Aus den aktiven Fanszenen gibt es seit Monaten Proteste gegen die DFL-Pläne, die sich zuletzt verschärften. Am vergangenen Samstag warfen Hertha-Fans beim Spiel gegen HSV in der zweiten Halbzeit immer wieder Tennisbälle auf den Rasen. Das Spiel war mehr als eine halbe Stunde unterbrochen und stand kurz vor dem Abbruch. Damit stieg auch der Druck auf den Liga-Verband sich zu äußern. Auch beim Union-Spiel in Mainz am Mittwoch gab es ähnliche, wenn auch kürzere Aktionen.

Zingler zeigte Verständnis für die Fans und kritisierte die DFL für mangelnde Kommunikation. Die über ein Jahr sehr friedlichen und moderaten Proteste seien völlig ignoriert worden. „Die logische Entwicklung ist daher eine Steigerung der Protestformen bis dahin, dass nun offenbar Spielabbrüche in Kauf genommen werden.“ Er habe den Eindruck, dass die DFL-Geschäftsführung das Thema aussitzen wolle. Union und Hertha hatten bei der Abstimmung gegen den Antrag gestimmt.

Die Fans kritisieren nicht nur den Prozess, sondern befürchten unter anderem eine weitere Zerstückelung der Spieltage, die Austragung von Partien im Ausland, steigenden Einfluss von Investoren und eine Schwächung der 50+1-Regel.

Fan-Proteste gehen weiter

„Wir dürfen doch nicht die Augen davor verschließen, dass neben den mindestens 33 Prozent der Vereine, die gegen das angestrebte Modell sind – auch große Teile der Fußballanhänger in Deutschland gegen eine Beteiligung von Blackstone oder CVC am deutschen Profifußball sind“, sagte Zingler.

Der Vorsänger der Hertha-Ultra-Gruppierung Harlekins Berlin ‘98 stellte im „Spiegel“  eine Fortsetzung der Proteste in Aussicht. „Die leichteren Protestformen, etwa das Schweigen, haben ja kaum Aufmerksamkeit erzeugt. Persönlich wünsche ich mir, dass die Proteste weitergehen, bis unser Anliegen endlich ernst genommen wird“, sagte er, und mit Blick auf die Geldbuße, die den Berlinern droht: „Der Kollateralschaden ist bei unserem klammen Verein natürlich äußerst ungünstig und es tut uns auch weh, wenn Hertha Strafen zahlen muss.“