Die 1:0-Führungsschwäche

Hertha BSC hat ein Sexproblem! Früh kommen und dann geht nichts mehr

Nach dem 1:2 in Fürth fordert Fabian Reese eine Analyse: In 49 Zweitliga-Spielen führte Hertha 25-mal 1:0, doch einen 2:0-Nachschlag gab es nur achtmal.

Author - Wolfgang Heise
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Hängende Köpfe bei den Hertha-Profis. Auch in Fürth wurde eine schnelle 1:0-Führung vergeigt.
Hängende Köpfe bei den Hertha-Profis. Auch in Fürth wurde eine schnelle 1:0-Führung vergeigt.City-Press

Das ist wohl vielen schon passiert. Bei der körperlichen Liebe kommt der Höhepunkt zu früh und dann lässt Man(n) sich hängen. Auf Dauer ist das unbefriedigend. Vom Bett auf den Rasen. Hertha BSC hat das gleiche Sexproblem mit dem Ball. Frühes 1:0, eine kurze Jubelorgie und danach nur noch heiße Luft. Das 1:2 in Fürth hatte das gleiche Versagensdrama wie schon viel zu oft in dieser Saison.

Eine Führung einfach verdödeln, zuletzt wurde es sehr auffällig: 12. Spieltag: 1:0 in der 21. Minute durch Florian Niederlechner, 1:3 in Darmstadt verloren. 13. Spieltag: 1:0 in der 6. Minute durch Ibo Maza, 2:2-Heimblamage gegen Ulm, Pokalachtelfinale: 1:0 in der 12. Minute durch Ibo Maza, 2:1 nach 120 Minuten verloren. Und jetzt traf Maza in Fürth wieder schnell zum 1:0 in der 5. Minute und dann ging gar nichts mehr.

Was ist das? Angst vor dem Gewinnen, Angst vor dem Aufstiegsrennen? Oder einfach nur Schlendrian und mangelnde Torgeilheit nach dem ersten Schuss, der sofort gesessen hat? Oder ein fahrlässiges Gefühl, dass Herthas junges Superjuwel Maza es mit seiner Extra-Klasse schon richten wird?

Reese: „Wir brauchen Gier für das zweite, dritte Tor“

Publikumsliebling Fabian Reese war angefressen nach der Pleite in Fürth und sagte: „Die Führung muss man zur Gier umwandeln, um noch ein zweites, drittes Tor zu machen. Und nicht in den Trott kommen: Wir führen, sind zufrieden und auf der sicheren Seite. Nein, dann muss man weitermachen.“

Dem ehrgeizigen Fabian Reese passt es überhaupt nicht, dass immer wieder sich der Schlendrian bei Herthas Team einschleicht.
Dem ehrgeizigen Fabian Reese passt es überhaupt nicht, dass immer wieder sich der Schlendrian bei Herthas Team einschleicht.City-Press

Ja, der zweite oder dritte Höhepunkt bleibt aus. Hertha führte in dieser Zweitliga-Saison in 15 Spielen achtmal mit 1:0. Nur ein einziges Mal gelang ein souveränes, zweites Tor zum 2:0. Das war beim Sieg in Nürnberg. Der 2:0-Heimsieg gegen Regensburg war quälend langes Vorspiel. 1:0 durch ein Eigentor des Gegners in der Nachspielzeit, dann noch ein Tor draufgesetzt. Beim 4:3 in Kaiserslautern gab es nach der 1:0-Führung zunächst einen 1:2-Rückstand. Beim 2:2 auf Schalke das gleiche Muster. Erst 1:0, dann 1:2. Beim 3:1 in Karlsruhe schaffte der Gastgeber zwischenzeitlich den 1:1-Ausgleich.

Also: Insgesamt gab es nach 1:0-Führungen vier Siege, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen.  Bei acht Siegen hätten die Blau-Weißen zehn Punkte mehr und wären Spitzenreiter mit 31 Punkten. Die Tabellensituation ärgert jetzt auch Trainer Cristian Fiel, den mit einem Sieg wären es nur noch zwei Punkte Rückstand auf die Aufstiegsplätze gewesen: „Wir hatten die große Möglichkeit, auf uns aufmerksam zu machen, was die Tabelle betrifft. Da hätten wir oben reinstoßen können. Das ist uns nicht gelungen.”

Das Problem gab es schon vergangene Saison

Wer jetzt die Schuld beim Trainer sucht, liegt völlig falsch. Es ist und bleibt ein Problem der Spieler. Vergangene Saison unter Vorgänger Pal Dardai führte Hertha die Hälfte aller Spiele mit 1:0, heraus kamen zehn Siege, davon nur sechs Spiele mit einem Nachschlag zum 2:0, und von diesen wurden zwei noch mit einem 2:2 vergeigt.

Zusammengefasst: Hertha BSC hat dem Bundesliga-Abstieg 2023 jetzt 49 Zweitliga-Spiele gemacht. Davon führte man 25-mal mit 1:0, doch ein 2:0 während der Spielverläufe gab es nur achtmal. Reese fordert: „Wir brauchen Intensität über 90 Minuten.“

Mangelndes Stehvermögen, auch vergangene Saison gab es immer wieder Möglichkeit richtig ins Aufstiegsrennen einzugreifen, doch im entscheidenden Moment kam Hertha nicht hoch … ■